Der Künstler

Oft saß er in sich versammelt auf einem Stuhl, stand wieder auf, ging einige Schritte, verweilte nachdenklich, und ließ seine Augen auf einem Gegenstand in der Nähe ruhen oder in die Ferne schweifen. Diesen Wechsel des Hinblicks liebte er wie den Atem und Herzschlag. Er konnte nicht genug bekommen im absichtslosen Spiel von Nähe und Distanz, neue Formen und Perspektiven zu entdecken. Zuweilen kam Freude in ihm auf, wenn die beobachteten und inneren Bilder, sich wie in einem Film miteinander verwoben, und zu ungeahntem neuem Leben in Gestalten oder Ideen erwachten. Er benutzte zur Bezeichnung des kreativen Vorgangs beim Beobachten, Prüfen, oder Aneignen einer neuen Sichtweise, gern den Ausdruck des „Wiederkauens“. In der Tat sah der Künstler auch oft auf die unter ihm liegenden Häuser von „Schiffrain“ hinab, wo Rinder in behaglicher Ruhe wiederkauend, auf der Wiese lagen. Im Kontrast zum nüchternen Alltag, waren ihm, von heiterer Stimmung begleitete Mußestunden, im zwecklosen Spiel mit Realität und Fantasie sehr willkommen. Dabei fühlte er sich in Einklang mit der realen Welt, dem Reich der Fantasie, des Geistes und der Künste, als habe er seinen Platz in einer geordneten Welt gefunden, dankbar für alle Gaben, die ihm das Leben in den Schoß gelegt hatte. Es konnte dann geschehen, dass er, gleich einem Bildhauer, in seiner Vorstellung aus sprödem Stein lustvoll neue Gestalten schuf, oder sich wie ein fantastischer Tänzer auf einer Bühne, in eleganten Sprüngen zu Melodien bewegte. Gelegentlich erfreute ihn auch sein innerer Maler, der neue Formen und Perspektiven ins Bild setzte, oder der Poet und Philosoph in ihm, denen es gelang, Lebensgeheimnisse in Worten zu berühren. Fast mühelos entstanden aus dieser inneren und äußeren Erlebniswelt des Künstlers Werke, die zuvor noch nie existierten. Wie lebendig wirkte die einst von eigener Hand gefertigte Figur „ich saß auf einem Stein“ und der von einem Freund geschaffene „kniende Beter“ gegenüber manchen Arbeiten derer, die sich abmühten „Kunst zu machen“. Jetzt war er sich sicher, dass auch in ihm ein innerer Künstler danach drängte, am Wirken der Menschen aller Zeiten teilzunehmen, um aus dem Himmel der Ideen neue Gestalten und Formen entstehen zu lassen. Nun wusste er, dass auch in seinen Kreationen Wahrheit und Sinn inne wohnten. Er flog als ein „Staunender“, gedankenschnell von Ort zu Ort und barg, Hand in Hand mit allen Künstlern, was Unholde oder die Zeit zerschlagen hatten. Wie viele Künstler vor oder mit ihm, war er nun mit Herz und Sinn zum Trost in unruhigen Tagen bereit.
Zu seinem fantastischen Reichtum gehörte auch die Musik. Nicht enden wollende Melodien und Rhythmen lebten in der Seele unseres Künstlers, und bereicherten immer wieder aufs Neue seinen Alltag. Gluck, Vivaldi, Bach, Beethoven, Mozart, Schubert, Schumann und andere Musiker, residierten mit Tönen, Akkorden und Kompositionen in seiner Seele. Er stand mit seinen Freunden auf Du und Du und durch sie angeregt, geschahen in seiner Fantasie wunderliche Dinge, wie gerade jetzt: An seinem inneren, wohl klingenden Flügel sitzend, greift unser Künstler voll in die Tasten, als sei er selbst zum Piano und Pianisten geworden. Kräftige, vielstimmige Akkorde quellen aus seiner Seele, und in facettenreichen Variationen umspielt das jubelnde Instrument sein Thema, um sich dann in perlendem Spiel aufzulösen. Der innere Dirigent gibt soeben, mit einem kaum erkennbaren Handzeichen, den Bässen den Einsatz. In getragenen, auf- und abschwellenden Triolen übernehmen sie die Melodie. Nun setzen die Cellos mit ihren schmelzend weichen, gefühlvollen Tönen und Rhythmen ein. Nach einer kleinen Geste des Dirigenten, ertönen im mehrstimmigen Satz die Violinen mit ihren Variationen. Die erste Geige tritt hervor, und schraubt sich mit ihrer bezaubernden Solostimme in die Höhe. Wie schön ist es, diese innere Geige zu sein und so fehlerfrei strahlen zu dürfen. In weiten, abschwellenden Bögen, verklingt die Melodie, bis das Orchester fast verstummt. Nun setzt behutsam einfühlend, das Piano zu einer, sich in Akkorden mächtig steigernden Variation, über das Thema ein, um danach leise ausklingend dem Piccolo, den Flöten und Oboen, Raum zu geben. In einem stetigen Crescendo, kommen Klarinetten und Fagotte hinzu. Jetzt stimmen mit sonorem Klang die Hörner ein, und vereinigen sich nach und nach mit den Trompeten, Posaunen und der Tuba zu einem mächtigen Tutti, das zusammen mit einem mehrstimmigen Chor im „Ehre sei Gott in der Höhe“ wie in einer mächtigen Symphonie, in einem Trommel- und Paukenwirbel mit ausklingendem Becken endet. Wahrlich, dieses innere Orchester begleitet in manchen Stunden des Jahresreigens die Fantasien unseres Künstlers. So lassen sich im Frühjahr die ersten Schneeglöckchen und Winterlinge vernehmen, die mit den Vogelstimmen und sprudelnden Quellen, dem Rauschen des Waldes, den Winden und dem Wellenschlag des Meeres das Lied vom vielfältigen Erwachen der Natur singen. Und der innere Dirigent, Sie liebe Leser, und alle Hörer dieser Sphärenmusik, dürfen einmal aufatmen, und sich mit all den Lebekünstlern freuen, die Jahr um Jahr, Ton um Ton, und Bild um Bild, aus dem Himmel der Ideen sammeln, um ihnen dann zu gegebener Zeit eine neue Gestalt zu verleihen. Welche guten Geister führen aber letztlich die innere Hand, die Gefühle und Fantasien eines Künstlers so, dass daraus der Gedanke entsteht, beispielsweise ein neues Bild zu malen. Welche Barrieren muss er zuvor überwinden, um etwas Neues zu gestalten? Immer wieder muss unser Künstler in Mußestunden zum inneren Musiker, Dirigenten und Orchester zurückkehren, um sich in einem kreativen Prozess zu seinem Vorhaben zu ermutigen. Nach langer Zeit war es dann endlich so weit: Er hatte sich an Motiven satt gesehen und mit Melodien und Lust so erfüllt, um nun ans Werk zu gehen.
Als ob er es geahnt hätte, findet er in seinen Ablagen eine schon fertig gerahmte Leinwand, stellte sie auf die Staffelei, und sucht die nötigen Farben, seinen Malermantel, Palette und Pinsel zusammen. Obwohl der Frühling in diesem Jahr auf sich warten lässt, und die Sonnentage zu zählen sind, reicht das Licht für ihn aus, denn er hat bei seinem Vorhaben von vornherein geplant, ein Bild in satten und prallen Farben einer abendlichen Herbststimmung auszuführen. Vielmals hatte er zuvor den Blick über die Bauernhäuser von Schiffrain gleiten lassen. Sie waren ihm zu Fleisch und Blut geworden. Oft dachte er auch über das Schicksal, Tun und Treiben der Menschen einige Meter unter seinem Hause nach. Was hatte diese Bauern an diesen Ort geführt, und was veranlasste ihre Vorfahren, hier Fuß zu fassen und die Heutigen, den Platz nicht zu verlassen, um ins Zentrum des Ortes zu ziehen, sondern am äußersten Rand einer Siedlung auf dem Berge zu bleiben. Denn nur einmal im Jahr, zur „Sichelhenketse“, kamen Leute vom Tal zu ihnen hinauf, um mit den wenigen Bauern für eine gute Ernte zu danken. Aber ansonsten…? Ein Glück für sie, dass es über ihnen noch einen Freund, den Künstler gab, der die Jahreszeiten mit ihnen teilte. Er sitzt nun endlich vor seiner Staffelei, peilte noch einmal sein Objekt, die Häuser an, und reißt mit wenigen Strichen die Perspektive seines Motivs auf die Leinwand. Schon lange hatte er seine Bauernhäuser so gründlich beobachtet, dass er genau wusste wozu es ihn drängte, denn er wollte der sesshaften Anwohner wegen, von allem Unnötigen absehen. Das Bild das er malen wollte, war eigentlich schon in seiner Seele vorhanden. Er sah es mit inneren Augen. Nun galt es nur noch dieses Inbild mit dem äußeren Motiv abzugleichen. Wie von Zauberhand, übernahm dabei der innere Künstler die Führung: Die Farben mischten sich zu ersten Flächen und Konturen. Er wollte unbedingt in den Farben Grün, Rot, Braun und Blau arbeiten, um die Erdverbundenheit der Bauern, die in ihren Häusern, Schutz und Geborgenheit fanden, im Bild zu betonen. Nur durch eine leicht angedeutete Abendstimmung, sollte Ruhe und Besinnlichkeit in die Szene kommen. Unser Künstler hatte sich auch für die Fertigung des Bildes Zeit gelassen. Es war ihm ein Bedürfnis, Stück um Stück die inneren Bilder und Fantasien bei der Gestaltung mitwirken zu lassen. Strich um Strich, Farbe um Farbe, Form um Form gestaltete sich, das seinen Vorstellungen entsprechende Bild. Stark drängend, fanden die Farben hin zu dem je eigenen Strich und Ausdruck. Hart war das Ringen des Künstlers, um die einfache Form, und herausfordernd, das aufeinander prallen der farblichen Kontraste, bei den sich stoßenden Gegensätzen. Wie ein sorgsamer Bildhauer, modellierte unser Künstler seine Objekte so, dass eine zentrale Mitte erkennbar wurde. Es sind wenige, dicht aneinander gedrängte Häuser mit ihren roten Dächern, die sich in Schiffrains Boden festkrallen. Eine große Überwindung dürfte es den Künstler gekostet haben, das gelungene Bild Freunden anzuvertrauen. Aber vielleicht hat er sich damit getröstet, dass wir sein Bild schätzten und es auch anderen Menschen zeigen könnten. Oft haben wir mit ihm ja schon über Kunst und die Arbeit von Künstlern gesprochen, und manche Ausstellung zusammen besucht.
Seit Jahren hängt das Bild an einem, für uns immer wieder ins Auge fallenden Platz. Möglicherweise geht es uns bei der Betrachtung des Gemäldes ähnlich, wie dem Künstler bei der Wahl seines Motivs. Immer wieder in anderen Perspektiven, anderen Stimmungen, bei anderer Gelegenheit, haben wir uns mit diesem Bild beschäftigt. Das Erstaunliche ist dabei, dass es uns jedes Mal etwas Neues von sich, und dem Menschen erzählt, dem wir es verdanken. Erst in diesen Tagen führte mich eine Erkrankung dazu, das Gemälde wieder einmal intensiv zu betrachten. Voraus gegangen war der Besuch einer Ausstellung, die der Dynamik und Bewegung von Objekten im Raum galt. Kein Wunder daher, dass wir das Bild unseres Freundes wieder neu sehen, und uns nun bei ihm mit dieser Erzählung für seine Anregungen bedanken können. Gerade während ich mich jetzt ein wenig zurücklehne und all das bedenke, was ich Ihnen, liebe Leser, erzählte, tritt die Gestalt des Künstlers in aller Deutlichkeit so aus dem Bild hervor, dass ich nicht umhinkann, Ihnen „Martin“ vorzustellen, und unseren Freund zu begrüßen: Von kräftiger Statur, mit gesunder Gesichtsfarbe, fröhlich-schalkhaftem Lächeln, und einer Nickelbrille vor seinen neugierig wachen Augen, tritt er uns entgegen. Martin besitzt genug Fantasie und Humor, um der überraschenden literarischen Begegnung mit uns, Stand zu halten. Wir hatten ihn schon lang nicht mehr gesehen. Entsprechend herzlich gestaltete sich die Umarmung. Ich sage: „Lieber Martin, Du kommst uns gerade wie gerufen. Ich habe Dir schon verschiedene Male davon erzählt, dass Du uns mit Deinem Bild von Schiffrain viel Freude bereitet hast. Wahrlich eine Freude, die anhält, und immer wieder erneuert wird. Hast Du im Augenblick Zeit und Lust, mit uns einen kleinen Spaziergang zu machen? Ich wollte unter anderem mit Dir über diese Geschichte sprechen, zu der mich Dein Bild anregte. Aber ich bin mir nicht so ganz sicher, ob ich Deine Motive dieses Bild zu malen, und die Bedeutung des Kunstwerkes für Dich, richtig verstanden habe?“ Martin hackt sich bei mir ein -er weiß, dass ich nicht gut zu Fuß bin-. Er scheint nicht allzu überrascht, uns plötzlich zu begegnen, und sagt mit einem breiten Lachen, „lass uns einige Schritte gehen!“ Wir gehen eine Weile schweigend miteinander, dann gibt Martin zur Antwort: „ Ich bin selbstverständlich überrascht, was Dir zu meiner Motivation und zum Malen des Bildes eingefallen ist. Ehrlich gesagt, halb so viel, als Du mir zugedacht hast. Im Grunde aber, fühle ich mich von Dir recht gut verstanden. Wir reden ja nicht zum ersten Mal über Kunst und Künstler. In einem muss ich Dir Recht geben: In unserer heutigen Zeit, die sich so aufgeregt gibt, dass uns manchmal das Leben Leid zu werden droht, ist es schon gut zu hören, wie reich wir „Habenichtse“ eigentlich im Grunde sind. Ich muss Dir aber zugestehen, dass Deine Einsichten, genau so wenig wie meine Bilder, über Nacht entstanden sein dürften. Es ist aber gut für uns Menschen, wenn es uns gelingt, ab und zu die Nase zu heben, und gelegentlich die Erdenschwere mit Hilfe der Kunst und Fantasie etwas zu relativieren. Hättet Du nun Lust, es für den Rest unseres Spazierganges einfach dabei zu belassen, dass wir uns, hoffentlich auch Deine Leser, verstanden haben, und nun in diesem Einverständnis mit einander weiter wandern?“ „Ich gebe Dir mein Wort darauf, sage ich, und wir geleiten Dich nach unserem Spaziergang bis zum nächsten Mal gern wieder an Deinen Platz im Bild zurück.“

Zeit und Ewigkeit

Liebe

Du bist die
würdige
Opferschale

Der wahre
Weg und
führst uns
alle

In Gottes
dreimal heilig
Licht mein

Herr wie
schön ist
DEIN Gesicht

Das Kreuz der Erlösung und Hoffnung

Morgengebet

O Gott der uns
DEIN Alles gibt
und uns unendlich
ewig liebt

DU hast uns aus
dem Schlaf erweckt
den Gabentisch
so reich gedeckt

Wir danken loben
preisen DICH für
alles Gute gnädiglich
bewahre uns auch

Diesen Tag dass uns
kein Leid geschehen
mag dass wir mit Herz
und Mund DEINEN

Segen machen kund
und DEIN Reich auf
auf unsrer Erde
wie im Himmel werde

Geborgen in der Kirche
Geborgen im Glauben Hoffen und Lieben.

Dreifaltigkeitshymnus

Wie unendlich schön, würdig und geheiligt ist jeder Ort, den unser dreifaltiger Herr und Gott zur Wohnung erwählt. Eine Stätte innigsten Tausches, Respektes und überquellender Freude: Wahrlich, kein Auge hat es je gesehen, kein Ohr vernommen, was der Herr der Liebe, denen bereitet, die IHN suchen und lieben. Wie heilig, mächtig, gerecht, und barmherzig, weit über alle Vorstellungen und Sehnsüchte hinaus, bist DU, unser Gott und Herr! Wer wollte nicht bei DIR wohnen, „ABBA“, dort, wo Himmel und Erde, Gott und Menschen sich vor einander verneigen und ein Freudenfest ewiger Liebe feiern. Ja, die ganze Schöpfung sehnt sich nach diesem Frieden in Gottes Wohnungen; dem Ort, an dem sich der Vater, Sohn und Heilige Geist, allem Erschaffenen schon jetzt und dereinst allezeit zueignet. FEUER – STURM – FRIEDE – ANBETUNG – LIEBE – HEIL – VERGEBUNG – DANK – LOBPREIS , in alle Ewigkeit, Amen!

Dank Lob Ehre Herrlichkeit dem Vater Sohn und Heiligen Geist

Das Vermächtnis

Ich sehe sie vor mir, die lange Reihe der Fragenden und Suchenden, wie sie durch die Jahrhunderte der Menschheitsgeschichte wandern. Erdenbürger, die ihren Nachkommen und einander in Gesten, Wort und Schrift erzählen, was ihnen im Laufe ihres Lebens wichtig war. Die auch von Dingen berichten, die sie, über die Sorge ums tägliche Brot hinaus, bewegen: Sollte ein Mensch nicht ins Staunen geraten, wenn er von Kunstwerken aus der Frühzeit der Höhlenbewohner, von Pyramiden und Sakralbauten erfährt, oder wenn er anderen Zeugnissen der Natur- und Geisteswissenschaft, Kunst- und Religionsgeschichte, aus den jeweiligen Epochen in verschiedenen Kontinenten begegnet? Können wir Heutigen dann die durch die Jahrhunderte ernst genommene Frage nach dem Sinn im Ganzen: »Warum gibt es dies und nicht nichts« einfach hochmütig beiseiteschieben? Auf was müssen wir daher in unserem eigenen Interesse achten?

Wir reden in diesen Tagen viel über die missionarische Aufgabe, der Christen, dass sie mit einander und mit anders orientierten Menschen, über den Reichtum unseres Glaubens reden sollten. Der gegenseitige Trost wahrer Gottes- und Menschenliebe, die allem gilt, darf aber bei keiner religiösen Rede oder Handlung fehlen. Im steten Blick auf den Allmächtigen, und aus Seinen Quellen gespeist, könnte dann die Demut und Weisheit entspringen, die den Blick dafür schärft, dass unser Hunger und Durst nach Liebe und Glück letztlich nur Gott stillen kann. Eine Kraftquelle, die schon den Glauben des Apostels Paulus festigte, und auch uns Vertrauen und Sicherheit zu schenken vermag, um allem Unglauben, Zweifel und Atheismus in und um uns, in Frieden wirksam begegnen zu können.

Schon in meinem ersten Band „Geschichten und Gedanken“, habe ich in einem einleitenden Essay versucht, Gründe zu benennen, warum es mich drängt, zu schreiben. Die dort behandelte Frage nach „Einheit und Vielfalt“ bewegt mich immer noch. In den dazwischen liegenden Jahren, hat sich für mich aber die Frage, welche geistigen und geistlichen Wurzeln, dem Schreiben zugrunde liegen könnten, etwas deutlicher geklärt: Stand zu Beginn meiner schriftstellerischen Tätigkeit, die Erfüllung der drängenden Bitte unserer Töchter: »Papa, erzähl uns etwas aus Deinem Leben«, im Vordergrund, so habe ich inzwischen begriffen, dass ich nicht nur unseren Kindern, sondern der „jüngeren Generation“ eine persönliche Aussage zur Frage schulde, was mir im Rückblick auf mein Leben wichtig geworden ist. Diesem Anliegen diente und wird auch in Zukunft, alles gelten, was ich noch zu sagen habe-

Ich bin in meinem Leben mit wenigen schriftlichen Verträgen ausgekommen. Für meine Praxis, Gott und den Menschen zu vertrauen, bin ich auch nicht ungebührlich bestraft worden. Ein Rechtsanwalt hat sich aber einmal darüber sehr gewundert. Meine Vernunft sagt mir, dass uns am Ende des Lebens, jede selbst gefertigte Sicherheit, sicher genommen wird. Viel mehr Gewicht habe ich daher auf das gelegt, was „Rost und Motten“ nicht zerstören können: Es brauchte aber seine Zeit, bis ich fähig und bereit war, so etwas wie ein „geistliches Testament“ zu schreiben. Wohl wissend, dass dies ein schwieriges Unterfangen ist, und ich nichts Gutes ohne unseren Herrgott zu vollbringen vermag, stelle ich mich dieser Aufgabe. Ich vertraue darauf, dass ER mir die rechten Worte eingeben wird, was mich im Wellengang meines Lebens über Wasser hielt, und ich all denen wünsche, die nach mit ihre Pilgerreise auf Erden antreten.

Vornehmlich die Älteren, waren zu allen Zeiten berufen, Wächter und Hüter des Wissens, über Kultur und Glauben zu sein. Wir alle übernehmen ein Erbe, verwalten es nach Kräften, um es an unsere Nachkommen weiterzugeben. Mit der Begrenztheit des menschlichen Lebens, und aller Dinge, müssen wir, trotz vielfältiger technischer Möglichkeiten zur Steuerung der Lebensprozesse, auch in Zukunft rechnen. Wir können zwar viel, sind aber nicht Herr aller Bedingungen unseres Daseins. Daher taucht immer wieder neu und auf unterschiedliche Weise die Frage auf: »Warum gibt es das alles, Mensch, Natur, Mikro- und Makrokosmos, und nicht nichts?« Und damit stellt sich redlichen Menschen auch die Frage nach dem Sinn und der Bedeutung alles Seienden, nach Schuld, Tod, Leid und ewigem Leben? Die Einen verneigen sich dankbar vor Gott für alle Gaben des Lebens, und glauben hoffnungsvoll an ein ganz anderes, glückliches Leben nach dem Tod, die Anderen suchen unentwegt, und fortschrittsgläubig, nach immer neuen Wegen und Erklärungsmodellen, um auf Erden ihr Glück zu machen. Gott und Religion scheint es in deren Leben und Denken nicht zu geben. Die Frage nach Einheit und Vielfalt des Ganzen, stellt sich der menschlichen Vernunft jedoch immer wieder mit unterschiedlicher Dringlichkeit. Ich halte sie, wie mein geschätzter akademischer Lehrer, der Relgionsphilosoph Berhnard Welte, für vernünftig und dringend geboten.

Ich habe mich aus innerem Antrieb und Überzeugung, wie im Ersten Band meiner „Geschichten und Gedanken“ ausgeführt, dafür entschieden, den Naturwissenschaften Respekt zu erweisen, aber auch den Geisteswissenschaften und Religionen, den ihnen zustehenden Platz einzuräumen. Es erscheint mir wünschenswert und uverzichtbar, dass sich das in der Vergangenheit bewährte Zusammenspiel von Natur und Geisteswissenschaft, auch in Zukunft fortsetzen kann. Auf die allseits bekannten Folgen einer Trennung von Glauben und Leben, möchte ich anhand des derzeit beklagten Glaubensverlustes, und der damit verbundenen Unsicherheit, im Blick auf eine tragfähige Sinn-, Werte- und Normbegründung, nachfolgend hinweisen: Im Unterschied zu den Verhältnissen in meiner Jugend, als Klerus, Kirche und Gesellschaft sich vielfach ergänzten, erfahren kirchliche und lehramtliche Aussagen, heute eine eher geringe Akzeptanz bei den Gläubigen, und in der politischen Diskussion. Dies gilt insbesondere im Bereich der Gesetzgebung, der Ethik und Moral. Erkenntnisse der Natur-, Sozialwissenschaft und Philosophie, drängen stark in die öffentliche Meinungsbildung. Das bedrohliche Ausmaß dieser Einflüsse, auf die christliche Weltanschauung und deren Wertvorstellungen, wird im europäischen Raum vielfach beklagt. Wenn wir die Migration vieler Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und Religionen, und die dominante Präsenz atheistischer und laizistischer Vorstellungen bedenken, dann ist verständlich, dass die christlichen Kirchen das Sendungsbewusstsein ihrer Gläubigen einfordern, um den Glauben unverkürzt an die nächste Generation weiter zu geben. Wir sollten aber den christlichen Glauben, aus jüdischen Wurzeln des alten, und in Jesus Christus gründenden neuen Testamentes, und seinen Zeit und Ewigkeit betrachtenden Werte- und Normenkanon nicht geringschätzen. Verstehen sich doch alle Juden Christen und gläubigen Menschen, als ein unter Gottes Schutz auf Erden pilgerndes Gottesvolk. Die ehrwürdige Geschichte der Katholischen Kirche, unserer Märtyrer, Heiligen und Seligen, der Bischöfe Priester und frommen Gläubigen, vor allem aber der von Jesu Tod und Auferstehung, sind die Garanten für ein gesegnetes Leben mit einerr Zukunft über den Tod hinaus. Diesen Zeugen unseres Glaubens bin ich mit Gottes Hilfe ein Leben lang gefolgt. Die oft so sehr gescholtene, und auch wirklich mit Fehlern behaftete Kirche, ist mir im Bewusstsein ihrer alles überragenden Bedeutung, zu einer bestärkenden Heimat geworden. Ich bin auch nicht allein: Noch gibt es sie, die vielen treuen und rechtschaffenen Menschen, die mit unterschiedlichen Aufgaben in Kirche und Gesellschaft, Hand in Hand segensreich wirken. Wie in einer guten Familie, gehören aber auch alle die mit dazu, die gefehlt haben. Dankbar für alle Gnade, den Zuspruch und die Wohltaten vieler Menschen, bin auch ich bereit, die Bedeutung dieses Glaubens für unser aller Leben, in diesem persönlichen Vermächtnis zu bezeugen.

Wie geht solcher Glaube? Hierzu einige Erfahrungen: Glaube geht von Hand zu Hand, von Mund zu Mund, wie ein „gebrochenes Brot“, zur Stärkung von einem Menschen zum anderen. Alles, was unseren Glauben stärkt, der gnadenhaft dem Herzen Gottes entspringt, sucht eine Chance, um sich in unseren Seelen zu beheimaten. Dieser Glaube enthält und übersteigt soziales Engagement ins Unermessliche. Denn er untersagt uns, Mitmenschen nieder zu machen, und gebietet stets deren Würde und Gotteskindschaft zu achten. Jedem Menschen die Barmherzigkeit und den Segen Gottes, bis in den beseligenden Himmel hinein zu gönnen und zu wünschen, ist des Christen Pflicht und Freude. Das meine ich, wenn ich die Weite einer personalen Beziehung nie fassend, manchmal sage: »Wenn ich könnte, würde ich Dich in Watte packen!«
Welchen würdevollen Umgang mit Leid, Schuld, Freude und Vergebung, durfte ich in vielen Beichtgesprächen erfahren. Wie viel tröstliches Miteinander durch Christen in Familie, Gruppen, und der Arbeit an gesellschaftlichen und politischen Aufgaben, durfte ich erfahren? Immer wieder traten sie mir vor Augen, die Vorbilder an Treue, Mut, Geduld, Demut, Hoffnung und Liebe. Wenn ich all das nur allein empfangen hätte, dann würde mir das Schönste, was es für mich gibt, anderen Menschen Freude zu bereiten, und sie glücklich zu wissen, fehlen.

So hoffe ich, dass das eine oder andere Wort, das auch ich empfangen durfte, vermag, sich als persönliches Vermächtnis von dem, was mir im Leben das Wichtigste war, Gehör zu verschaffen. Und ich wünsche mir, dass dieses Wort aus dem prallen Leben, Mitmenschen so zu berühren und zu ermutigen vermöge, dass auch sie aus Freude am christlichen Leben, einen Weg finden, um Gott die Ehre zu erweisen und ihren Glauben, in der ihnen möglichen Form, mit den Hungernden und Dürstenden unserer Zeit zu teilen. Gesegneten Advent und frohe Weihnachten!

Geborgen in der Kirche
Geborgen im Glauben Hoffen und Lieben.

Factum est – es geschah

Um uns in Oppenweiler ist es noch dunkel. Doch ein Licht freudiger Erwartung leuchtet schon seit Tagen in mir. Es ist ein seltsames Drängen, wie ich es in einem meiner früheren Aufsätze beschrieb. Eine Art Schwangerschaft; recht außergewöhnlich für einen Mann. Meine Seele zittert und jubelt in der Stille. Da bekommt das Drängen einen Namen. Er unser Gott kommt, ja er kommt unverdienter Weise in unser Dasein. Der Herr braucht aber eine Wohnung. Ich habe nicht viel vorzuweisen. Ganz sicher wird ER mit dem vorliebnehmen, was ich IHM bieten kann. Dann aber werde ich mit allen und allem was mir wert und teuer ist, ein Fest der Liebe feiern. Die Engel ziehen schon die schönsten Röckchen an und putzen ihre Heiligenscheine, damit die Ehrerbietung an der Krippe zusammen mit uns Menschen nicht allzu dürftig ausfällt. Mit der Himmlischen Heerschar, dem Heiligen Josef, der Gottesmutter, mit Ochs und Esel zusammen, kann das Fest beginnen. Es wird schön sein, wenn wir dem Gottessohn, dem „semper maior“, unsere Lieder singen. Warten wir doch alle im Advent unseres Lebens immer wieder auf die Ankunft des Herrn. Denn wir wissen, dass keine fremden Götter sondern nur ER unsere Sehnsucht zu stillen vermag. Es könnte sogar ein Wunder geschehen. Wer weiß das schon. Der Herr stände dann in SEINER, jeden Kalender sprengenden Liebe, sogar jetzt um Einlass bittend vor unserer Tür, und wollte möglicherweise sogar in uns geboren werden. Am liebsten würde ich dann die ganze Menschheitsfamilie zur Geburtsfeier einladen. Ich fürchte aber, meine Herberge könnte für so viele zu klein sein. Daher laufe ich lieber als „schwangerer Mann“ zu Euch, wie einst Maria zu Elisabeth, um über eine jeder Zeit mögliche Geburt des Gotteswortes in uns zu reden.

Meine Frau, die seit ihrer Pensionierung Vorlesungen an der Uni Stuttgart besucht, brachte mir einen schlichten, in grüner Farbe der Hoffnung gehaltenen Computerausdruck mit Weihnachtsgrüßen ihres Professors nach Hause. Sie wurde für mich, wie viele Frauen vor ihr, zur Überbringerin einer wahrhaft guten Nachricht. Dieser Gruß hatte es nämlich in sich. Das muss ich Euch erzählen; aber auch noch anderes. Hört gut zu! Um die überlieferten Worte Gottes in der Heiligen Schrift zu verstehen, habe ich einst Latein und Griechisch gelernt – wie meine Frau als Ärztin. Das war nötig, um die mit dem Gruß des Professors gestellte Aufgabe zu lösen. Die Nachricht war in Latein verfasst. Ich las und verstand sofort wie meine Frau. Welche Freude: „Wir haben die Sprache nicht umsonst gelernt!“ Auch ich werde nun ein Bote und reiche die Wünsche um besinnliche Weihnachtstage einfach an Euch weiter; ergänze sie aber mit einer kleinen Betrachtung. Der in Latein geschriebene, vertraute Text, handelt von der Geburt des Herrn nach Lukas 2,1-20. Er stammt aus der Stiftsbibliothek St. Gallen(Cod. Sang.51, S. 134f). Seit dem Konzil von Trient (16. Jh.) wurde mit der Vulgata Latein in der Katholischen Kirche zur maßgeblichen Sprache der Bibelübersetzung. Ich nehme das Geschenk des Professors in die Hand und lese wie neu, diesen mir von Kindheit an vertrauten Text mit seiner „umstürzenden Botschaft“ an uns alle. Die prägnante, ausdrucksstarke lateinische Sprache packt mich. Immer fester wird meine Stimme beim Lesen, während ich die „Worte im Herzen erwäge“. Meine Frau zeigt ihr Interesse an dem Text. Gemeinsam fühlen wir uns, im langen tradierten Sprachraum des Lateins, wie zu Hause. Die Weihnachtsbotschaft sprengt ja an sich alle inneren und äußeren Grenzen. Selbst in den Niederungen der Weihnachtslieder, die wir in den Geschäften und auf den Märkten zu hören bekommen, verbirgt sich noch eine geheime Sehnsucht und Hoffnung.

Wie anders ging es aber einst unseren Vätern an Weihnachten 1942, die im sinnlosen Morden des zweiten Weltkrieges im Kessel von Stalingrad, der Kälte und dem blanken Entsetzen ausgeliefert, nur noch Tod oder Gefangenschaft vor Augen hatten. Von der Führung der Partei verraten, zerbrach bei nicht wenigen von ihnen jegliche Hoffnung auf Gottes Güte. Einige aber wandten sich für alle anderen in ihrer unaussprechlichen Not an die Gottesmutter – und beteten vor deren Bildnis, das ein Arzt geschaffen hatte. Ähnliche Situationen gibt es leider auch noch heute in unserer Welt überall dort, wo Macht und Gewalt Triumphe feiern. Nur Gott selbst kann uns gewähren, dass wir dem Unverständnis preisgegeben, in der Barmherzigkeit und Liebe des Menschensohnes verankert bleiben. Aber nicht mit Gewalt oder Macht greift der Schöpfergott wieder in die Geschichte ein. In einem wehrlosen Kind, dem Menschensohn, wirbt der Retter, der geboren wird, um Heil und Segen in unser inneres und äußeres Dasein zu bringen, um unser Herz. Ein Kind, das zum Manne herangewachsen, den Kosmos umspannend, einer von uns wird, um durch SEINER Geburt, SEINEN Tod und die Auferstehung, alle Schuld zu tilgen, Gerechtigkeit und wahren Frieden wieder herzustellen. Ja das Weihnachtsfest ist gehaltvoll, nicht nur süß. Es erinnert uns immer wieder daran, um welch hohen Preis wir erlöst sind. Aber auch an die unerschütterliche Treue Gottes, der alles Geschaffene, wie die Heilige Schrift in der Genesis bezeugt, für gut befindet und fortwährend in Seiner unerforschlichen Liebe erhält, der wir staunend antworten dürfen. „Factum est in diebus illis“, so beginnt der Text im Lukasevangelium wie ein Paukenschlag. Von einer Tatsache ist hier die Rede von einem
real fassbaren Geschehen in jenen Tagen. „Factum est“, will sagen – Gott greift in das Weltgeschehen ein. Er unser Herr ist in Sorge um uns, will unser wirkliches Wohl und Heil. Das ist keine Fabel, kein Traum, sondern „factum est“ es ist ein wirkliches Ereignis. Gott ist nicht tot. Als unfassbares Geheimnis will ER in Seinem Sohn unter uns sein. Die Schrift weist akribisch nach, wann wo und wie dies geschieht. Es ist von Joseph die Rede, der aus dem Hause Davids stammt, und von Galiläa aus Nazareth mit seiner schwangeren Verlobten nach Bethlehem unterwegs ist, um sich, der Sitte gemäß, eintragen zu lassen. Dort gebiert sie ihren ersten Sohn, hüllt ihn in Windeln und legt ihn in eine Krippe, denn „in diversorio“ – in der Herberge finden sie keinen Platz. Ist das nicht genau unsere Glaubenssituation, dass Gott oft vor einem Bollwerk unserer Vorbehalte steht, und wir nicht zulassen wollen, dass er uns vor aller Zeit und auf unserem manchmal beschwerlichen Pilgerweg durch seinen Sohn zärtlich liebend, auch bis in die ewigen Wohnungen geleiten will? Hirten, Menschen wie Du und ich, hielten in jener Heiligen Nacht Wache bei ihrer Herde. Da stand plötzlich ein Engel Gottes bei ihnen „et claritas Dei circumfulsit illos et timuerunt timore magno “ – Und der Glanz Gottes umhüllte sie, sodass sie sich sehr fürchteten und erschraken. „Nolite timere!“ Fürchtet Euch nicht, ruft ihnen der Engel, und auch uns Trostbedürftigen zu. Habt keine Angst Euch von Gott lieben zu lassen. Fürchtet Euch nicht vor Eurem Bruder, einem wehrlosen Kind in der Krippe. Und weiter wie Fanfarenstöße: Seht ich verkündige Euch eine große Freude, die allem Volk zuteilwerden soll. Denn heute, ist Euch der Retter geboren, Christus der Herr, in der Davidsstadt. Und ihr werdet ein Kind finden, das in Windeln gehüllt, in einer Krippe liegt. Und plötzlich, aber nicht nur damals, war der Engel von einer großen himmlischer Heerschar umgeben, die voll Freude preisend und lobend sangen: „Gloria in altissimis Deo et in terra pax hominibus“ Ehre sei Gott in den Höhen,und Friede den Menschen auf Erden. Möge durch die Gnade des Heilandes und Retters, das Wort Gottes, auch in uns geboren werden und uns zur Vollgestalt eines Christen heranwachsen lassen. Dass wir dann vom Heiligen Geist befeuert, bestärkt und gedrängt, selbst Wort und Hand werden, um anderen Menschen die Liebe und Sehnsucht des Dreifaltigen Gottes nach uns zu verkünden, der uns nicht nur an Weihnachten SEINEN Sohn schenkt, um unsere Not, Schuld und Hoffnung im göttlichen Erbarmen zu bergen. Ein Kind, von dem gesagt worden war: Und alle, die es hörten, staunten über das, was ihnen die Hirten erzählten. „Maria autem conservabat omnia verba haec conferens in corde suo“ Maria aber bewahrte alle diese Worte und erwog sie in ihrem Herzen. Beten und leben wir es, die Gnade zu verkünden, dass die Geburt des Gottessohnes durch Maria, wie die Hirten gehört und gesehen und die Schrift bezeugt, „factum est“ wirklich geschehen ist. Gesegneten Advent und frohe Weihnachten,

Eure Iris und Franz aus Oppenweiler.

Maria mit dem Kinde lieb uns allen Deinen Segen gib.

Das Geheimnis

Es klopft wieder einmal an die Türe. Ich öffne dem »Unerklärlichen«, gewähre Eintritt. Das Unerklärliche nimmt Platz. Wir machen es uns bequem. Das U. hat sich wie so oft schon angemeldet. Ich habe es wohl bemerkt. War unruhig und hoffnungsvoll. Manchmal blieb die Türe zu; angstvoll geschlossen. Wie soll ich heute mit dem U. umgehen? Ich bin mir nicht sicher. Aber die Türe ist ja schon offen. Selbst wenn ich dem Gast den Eintritt verweigerte. Er ist aufdringlich und käme ja doch wieder. Gebeten oder ungebeten. Jetzt ist er aber da, wirklich da. Ließ sich nicht vertreiben. Ich spüre die Spannung und Erregung des Augenblicks. Was er mir heute zu sagen hat, weiß ich nicht. Das macht mir Angst und Hoffnung zugleich. Man mag es mir kaum glauben, aber ich kenne das U. schon lange. Wir haben sozusagen jahrelange Erfahrungen im Umgang mit einander. Es ist, als könnten wir einander nicht lassen. Es nicht von mir und ich nicht von ihm. Als wäre das U. ein Geheimnis von uns. Es liegt ihm wohl sehr daran, mich immer wieder zu besuchen. Mit mir zu sprechen. Im Stillen -ohne dass es die Anderen merkten- redeten wir schon oft stundenlang miteinander. Wir kennen uns daher gut. Sind in vielen Jahren Freunde geworden. Jeder Besuch ist aufregend neu. Obwohl das U. mir immer noch unerklärlich ist; vielleicht auch bleibt. Heute gebe ich ihm eine Chance. Frage mich nicht warum. In die Angst und Unsicherheit mischt sich erwartungsvolle Freude. Das U. ist da. Ich habe es hereingebeten. Langeweile gibt es nicht in seiner Gegenwart. Wir haben einander viel zu erzählen. Im Geheimen, versteht sich. Auch oft mit einander gerungen, gestritten. Manchmal bis zur Erschöpfung gekämpft. Der ganze Leib war dann einbezogen. Ich habe gezittert, auch nachdem sich das Unerklärliche schon wieder entfernt hatte. Und geschwiegen, wie ein Grab. Denn wer erzählt schon gern von einem Geheimnis. Einem so aufdringlichen, unerklärlichen Gesellen. Wenn ich erzählt hätte, was zwischen uns wirklich geschah, hätte ich es und mich möglicherweise der Häme ausgesetzt. Wer kann schon das Unerklärliche verstehen? Ich ja auch nicht. Und dennoch: Es mag komisch klingen, aber irgendwie mögen und verstehen wir uns. Verstehen uns aber auch die Anderen? Wir brauchen Stille, die unser Geheimnis birgt. Das Unerklärliche macht keine billigen Geschenke. Es ist nur einfach da, wenn es da ist. Eine Fülle in der Stille. Es bringt neue Worte mit, die noch nicht aufgebrochen, oder durch Gebrauch abgenutzt sind. Mir bleiben dann manchmal die Worte im Halse stecken. Man könnte sagen, dass wir oft wortlos miteinander reden und uns dennoch verstehen. Obwohl mein heutiger Besucher wirklich bei mir ist. Wir sitzen einander ja gegenüber, dürfen wir einander nicht greifen oder festhalten. Das könnte unsere Würde verletzen. Ich bin aber gewiss, dass das U. manchmal so da ist, als ob ich es sehen und hören könnte. Es erscheint mir dann freundlich. Als Feind ist es für mich nicht existent. Ganz sicher bin ich mir aber nie -auch jetzt nicht- ob wir nicht wegen Nichtigkeiten wieder kräftig an einander geraten könnten. Ich bin aber des vielen Streitens mit dem Unerklärlichen müde. Es meint es ja eigentlich nur gut mit mir. Der Besucher gibt jedoch keine Erklärungen ab, warum er mich mag. Manchmal habe ich gedacht, dass das U. mich, wenn ich es hereinließe, von Wichtigerem ablenken könnte. Das bezweifle ich heute. Es lässt sich ja auch nicht so leicht abweisen, dieses aufdringliche Unerklärliche. Es könnte ja seine Art sein, an mir wirklich Gefallen zu finden. Nun sitzen wir einander wieder einmal gegenüber. Meine Augen und Ohren haben sich mittlerweile an das U. gewöhnt. Es scheint, als ob ich es jetzt sehen und hören könnte. Aber nicht so, wie man allgemein sieht und hört. Dennoch erscheint mir das „Unerklärliche“ über alle Maßen sprechend und sehend. Wie von Herz zu Herz, wie Einatmen und Ausatmen. Wie Freunde, wenn sie miteinander reden. Aber es wahrt sein Geheimnis, denn wir begegnen einander oft im Schweigen. Das ist aufregend. Es fühlt sich wie Furcht oder Ehrfurcht an. Das U. geschieht und entzieht sich. Es ist das „Unerklärliche“. Vielleicht klärt es sich heute ein wenig auf. Hoffnung, Furcht, Spannung sind in mir. Als würden alle Muskeln, der ganze Körper in Gegenwart des Freundes benötigt. Ich, ein Geheimnis, unerklärlich. Es ein unerklärliches Geheimnis. Aber kein Nichts, sondern ein erfülltes Nicht

Licht in Dunkelheit

Wahrheit unf Gedankenspiele

Es gibt eine tiefe Sehnsucht im Menschen nach Wahrheit. Wir möchten einander vertrauen können und nicht angelogen werden. Schon Pilatus stellte aber im Verhör mit Jesus die kritische Frage: „Was ist Wahrheit?“ Er hatte im politischen Alltag der Römer so viele Lügen und Intrigen erlebt, dass er nicht mehr daran glaubte, der Wahrheit noch begegnen zu können. Sind wir heute nicht in einer ähnlichen Situation, wenn wir die vielfältigen Lügen in unseren persönlichen Kontakten, sowie im beruflichen und gesellschaftlichen Umgang miteinander bedenken? Obwohl es auch in unserer medialen Umwelt schwierig ist, Wahrheit von Lüge zu unterscheiden, gibt es den Wunsch, ohne Schaden zu nehmen, einer vertrauten Person die Wahrheit sagen zu können. Der barmherzige Vater im Evangelium kennt diese Sehnsucht und kommt allen, die sich ihm mit ihrer Schuld zuwenden, von weitem entgegen, um ihnen zu vergeben. Noch mehr: Alle Menschen sollen erkennen, dass Gott durch das Leben, den Tod und die Auferstehung Jesu Christi unsere Lebenslügen in eine „felix culpa“ verwandelt. Im Blick auf IHN, unseren Herrn, und auf alle, die ihm nachfolgen, dürfen wir es daher wagen, die Lüge zu meiden, und IHM im Glauben Hoffen und Lieben zu folgen.
Hinzu kommt, dass wir uns, der Wahrheit und Verantwortung für die Erkenntnisse des Geschehens im Makro- und Mikrokosmos der Natur verpflichtet, in einem steten Wandel befinden. Wie in einem „Spiel ohne Grenzen“, in dem wir die Lebenswirklichkeit nicht voll erfassen, sind wir zum Handeln berufen. Zuweilen kann das, was wir sehen, verwirrend, angsterregend, oder aufregend neu für uns erscheinen. Denn immer wieder führen neue Perspektiven des Hinblicks, auf uns selbst und die Umwelt, zu anderen Sichtweisen, die eine Veränderung unserer bisherigen Einstellungen erfordern. Dann gilt es, dem uns innewohnenden Prinzip zu folgen, und das was wahr und gültig erscheint, von dem zu trennen, was sich als falsch oder Lüge erweist. Das, was uns zum Beispiel in der Jugend, oder danach im beruflichen und öffentlichen Leben bedrohlich erschien, muss uns aber im höheren Lebensalter nicht mehr so sehr erschrecken. Was das eigene Leben wie eine schicksalshafte Benachteiligung erschwerte, kann neu bewertet, zu einer neuen Erfahrung werden, auf die man stolz zurück blickt. Parallel zur stetig geringeren Lebenszeit, kann sich im höheren Lebensalter auch Freude beim kreativen Gestalten entwickeln. Johann Sebastian Bach hat beispielsweise bis kurz vor seinem Tod noch komponiert und musiziert.

Erst nach dem Ende meiner beruflichen Karriere, entstand auch bei mir im Ruhestand die Idee, mich als Schriftsteller zur Einheit und Vielfalt der Lebensumstände zu äußern. Seit ich mich nach dem dritten Buch entschloss, nur noch Texte zu den jeweils andrängenden Themen zu schreiben, stellte sich bei der Aufgabe, eigenen Gedanken ohne Druck eine sinnvolle Form zu geben, zunehmend Freude ein. Derzeit denke ich intensiv über unsere Fähigkeit nach, überhaupt selbständig denken und handeln zu können. Dieses Nachdenken ist mit einer innigen Dankbarkeit für das ganze Leben, und der ihm innewohnenden Wahrheit verbunden. Wem sollte ich nun noch etwas vormachen, und welcher Ehrentitel könnte mich noch reizen? Meine Ehre ist es, mit allem, was ich erlebte und mich beschäftigte, so gut ich es vermag, redlich umzugehen, und Erfahrungen, die mich glücklich und zufrieden sein lassen, mit Ihnen, liebe Leser, zu eigenem Gebrauch zu teilen. Ich erinnere mich dabei oft an meine frühe Kindheit und das damals übliche vielfältige Spiel. Alles, was um mich geschah, was in mir erwachte, was ich erlebte und erlitt, fand im arglosen Spiel seinen Ausdruck. Auch in den vielen Jahren danach, erlebte ich mich in meinen Daseinsbezügen als ein mit eigenen Fähigkeiten zu sehen und zu lernen, ausgestatteter Mitspieler. Alle neuen Erkenntnisse, erforderten aber auch stets zu entscheiden, was sich als richtig oder falsch, als Wahrheit oder als Lüge erwies. In all diesem sich wandelnden Erleben, bin ich aber, Gott sei Dank, meinem Wesen treu geblieben. Es erfüllt mich daher mit großer Freude, den Menschen, die mir bisher auf meinem Lebensweg beistanden, noch danken zu dürfen. Im Spiel des Lebens, im Geben und Nehmen, mit Schuld und Vergebung, gilt dies besonders der Kirche, die mich aufgenommen, begleitete, belehrte, und bis zum heutigen Tag ermuntert, auch künftig wahrhaft und redlich meinen Weg zu gehen. Heute, und hoffentlich noch eine Weile, bin ich, dem Lob und der Ehre des Schöpfers und der Mitmenschen verpflichtet, noch in der Lage, mit den Bällen, die mir das Leben zuspielte, als Gottes fröhlicher Clown mit zu spielen. Wenn ich auch nicht mehr, wie in früheren Jahren, aktiv ins politische Geschehen eingreife, und mich im Beruf und in gesellschaftlichen Verpflichtungen weniger zu bewähren habe, so bin ich doch bereit, Ihnen liebe Leser zu zeigen, wie ich als „spätberufener Schriftsteller“ in meinen bisher schönsten Beruf am Leben teilnehme. Mich beschäftigt derzeit schon die Frage, was mir aus dem Reichtum des Erlebens geeignet erscheint, in einem nächsten Beitrag für Sie, in eine geeignete Form zu bringen. Ich muss aber gestehen, dass ich bis zur Stunde noch keine klare Vorstellung davon habe, wie diese Geschichte aussehen könnte. Eines ist aber gewiss, solange ich beim Schreiben bin, dürfen Sie sicher sein, dass es ihrem Franz in Oppenweiler gut geht. Gesegneten Advent.

Marienlied

Rosenkranzkönigin
Jungfrau voll Gnade
lehre uns wandeln
auf himmlischem Pfade

Freudig erheben wir
unser Gebet zu DIR
Jungfrau Jungfrau
der Gnade

Rosenkranzkönigin
Mutter DU Reine
bit dass Dir unser Herz
ähnlich erscheine

Freudig erheben wir
unser Gebet zu Dir
Jungfrau Jungfrau
Du Reine

Abraham

Auch wenn DU
verhöhnt verspottet
schrecklich leidend
grausam stirbst

Wenn ich mich fern
von DIR einsam und
verlassen wähne
von DIR kann ich
nimmer lassen

Mein Fels und Hort
send DEINE Engel und
sag DEIN erbarmend
Wort „Abraham tu dem
Knaben nichts zu Leide“

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