Dreifaltigkeit

Wir kennen die Worte unseres Herrn Jesus Christus aus der Heiligen Schrift: “Ich bin der Weg die Wahrheit und das Leben”. Pilatus aber fragt: “Was ist Wahrheit?” Es braucht nur einen klaren Blick, um die Bedeutung dieser tröstenden Worte in unserer Zeit, in der es zwar aufrechte, wahrhaftige Menschen und Aussagen, jedoch auch eine Flut von Lügen und Untreue gibt, zu erkennen. Wer sehnt sich da nicht nach Orientierung, Heil und einem sicheren Weg? Die adventliche Einladung zu Umkehr und Frieden und die im Herrn verbürgte Hoffnung auf ein glückendes und erfülltes Leben bis in die Ewigkeit hinein, scheinen nötiger denn je. In jeder Heiligen Messe feiern wir in Verbindung mit allen Gläubigen die feste Zusage unseres Herrn, für  uns und alles Geschaffene “Weg Wahrheit und Leben” zu sein”. Dem Ruf des Priesters: “Durch IHN, mit IHM und in IHM, ist Dir Gott, allmächtiger Vater, in der Einheit des Heiligen Geistes alle Herrlichkeit und Ehre”, antworten wir als Kirche, mit unserem bestätigenden “Amen”.  Wie viele Male durfte  ich durch Gottes Gnade in meinem Leben, im Vertrauen auf den Herrn, diese Worte in Gottesdiensten ergriffen mitbet.

Durch IHN will sagen, von Ewigkeit her, schon ein guter Gedanke Gottes zu sein, und das menschliche Dasein, mit allen Höhen und Tiefen der Entwicklung des inneren, äußeren, und geistlichen Lebens, als ein Geschenk aus der Hand Gottes zu empfangen, In meinem ersten Buch “Geschichten und Gedanken” habe ich hierzu in einer Arbeit über die Einheit und Vielfalt nachgedacht, die in Überlegungen zur Allerheiligsten Dreifaltigkeit gipfeln. Ein Geschenk der Gnade ist es, das ganze innere und äußere menschliche Dasein  mit all seinen Gegensätzen, in Jesus Christus als eine Erd und Himmel verbindende “coincidentia – oppositorum”, eine Verbindung aller Gegensätze zu erkennen. Wir Gläubigen trauen den Worten des Herrn, der uns durch die Kirche die fortbestehende Verbindung von Leib und Seele des Menschen in einer, selbst den Tod besiegenden, pneumatischen Form, seliger Schau bei Gott verspricht. Unser Leben endet eben nicht im Nichts, sondern in einer uns zugesagten unermesslichen Fülle.Mit IHM bedeutet für uns, dass uns nichts von der Liebe und dem Segen des Herrn zu trennen vermag. Wir sind kein Produkt eines sinnlosen Zufalls, dazu verdammt, einem ungewissen Ziel blind entgegen zu taumeln. Mit IHM, unserem Herrn, leben wir in einer gottgewollten, und geordneten Welt, in einem an Wundern reichen Kosmos des Universums, ausgerichtet auf die Erfüllung bei Gott. Durch IHN sind wir, in Seiner Gnade gehalten dazu, berufen, als Gottes Kinder, Diener der Freude und des Friedens zu sein, und in allen Bereichen unseres Daseins mitwirkend und mitgestaltend den Mitmenschen die Erlösung und die Hoffnung unseres Glaubens an den Herrn Jesus Christus zu bezeugen. In IHM, dem Gottessohn, stellt uns der Herr SEINEM Vater als die geliebten Geschwister vor. ER nimmt uns mit hinein in SEINE Liebe zum Vater, einem über alle Vorstellungen hinaus, liebenden, gütigen, barmherzigen und gerechten Gott, dem wir, angehören dürfen. Wir empfangen durch  IHN den Heiligen Geist, der die ganze Schöpfung durchdringt, belebt und erhält, und auch uns auf wunderbare Weise neu gestaltet. Ja wahrhaft Gnade über Gnade für die Erfahrung eines solchen Geschenkes. Haben wir daher nicht allen Grund, zusammen mit unseren Priestern in Gemeinschaft mit der ganzen Kirche und allen Gläubigen, in jedem Gottesdienst dem Vater im Himmel dafür zu danken, dass er uns Seinen Sohn als Erlöser gesandt hat. Ja, durch IHN und mit IHM und in IHM, haben wir mit dem Vater und dem Heiligen Geist, in der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, alle guten Gaben, die uns zu Kindern Gottes machen. Lassen wir daher, in den Tagen des Advent und an Weihnachten, die uns geschenkte Liebe des Gottessohnes in unsre Herzen ein. Der Heilige Geist möge unser inneres, äußeres und geistliches Leben erfüllen, damit wir im Vertrauen auf die Nähe und Gnade des Herrn, in SEIN Erlösungswerk hinein genommen, unseren Mitmenschen die kostbare Hoffnung unseres Glaubens bezeugen können.

Gott lebt, der Herr lebt, die Kirche lebt, und wir alle sind berufen, an der Versöhnung der Gegensätze und dem Frieden unter uns mitzuwirken. Die Gnade Gottes möge uns begleiten, damit wir das Geschenk der Erlösung aus  Schuld und Sünde durch den Herrn, der Weg, Wahrheit und Leben ist, annehmen können, um mit IHM, durch IHN und in IHM, bis hin zur Fülle in aller Ewigkeit zu gelangen. Unser Herr, der im Unterschied zu manchen Versprechungen in dieser Welt, nicht lügen kann, hat uns, wenn wir den Lebenslauf vollendet, und den Glauben mit seiner Gnade bewahrt haben, unermesslich schöne Wohnungen im Herzen der Heiligsten Dreifaltigkeit von Vater, Sohn und Heiligen Geist als Gotteskinder zugesagt.

Gelobt sei Jesus Christus!
Ihr

Franz Schwald
aus Oppenweiler

Dank Lob Ehre Herrlichkeit dem Vater Sohn und Heiligen Geist

 

Der Tausch

Meine Augen wie Deine Augen
Deine Ohren – meine Ohren
Dein Mund – mein Mund
Deine Hände –  meine Hände

Dein Denken und mein Denken
mein Fühlen – Dein Fühlen
Dein Sorgen – mein Sorgen
Dein Wort – mein Wort

Mein Leben und Dein Leben
Dein Lieben – mein Lieben
Dein Sterben – mein Sterben
Dein Himmel – mein Himmel

Du Bruder – Du Schwester
unser Herr und Gott

Das Kreuz der Erlösung und Verbindung

 

Wahrheit und Gedankenspiele

Es gibt eine tiefe Sehnsucht im Menschen nach Wahrheit. Wir möchten einander vertrauen können, und nicht angelogen werden. Schon Pilatus stellte aber im Verhör mit Jesus die kritische Frage: „Was ist Wahrheit?“ Er hatte im politischen Alltag der Römer so viele Lügen und Intrigen erlebt, dass er nicht mehr daran glaubte, der Wahrheit noch begegnen zu können. Sind wir heute nicht in einer ähnlichen Situation, wenn wir die vielfältigen Lügen in unseren persönlichen Kontakten, sowie im beruflichen und gesellschaftlichen Umgang miteinander bedenken? Obwohl es auch in unserer medialen Umwelt schwierig ist, Wahrheit von Lüge zu unterscheiden, gibt es den Wunsch, ohne Schaden zu nehmen, einer vertrauten Person die Wahrheit sagen zu können.

Der barmherzige Vater im Evangelium kennt diese Sehnsucht, und kommt allen, die sich ihm mit ihren Lebenslügen und Schuld zuwenden, von weitem entgegen, um mit ihnen ein fröhliches Fest zu feiern. Noch mehr: Nicht nur Pilatus sondern alle Welt, und auch wir sollen erkennen, wie sehr uns Gott liebt, wenn Er durch das Leben und Sterben Seines Sohnes in der Auferstehung alle unsere Lebenslügen und Schuld in eine „felix culpa“ verwandelt. Im Blick auf Ihn, unseren Herrn, und auf die vielen Menschen, die ihm nachfolgen, dürfen wir es daher allezeit wagen, die Lüge zu meiden, auf Vertrauen und Wahrheit im gesellschaftlichen und eigenen Leben zu setzen, und uns dessen froh, all unseren Lebensaufgaben zuzuwenden. Das Bedürfnis nach Wahrhaftigkeit kann mit zunehmendem Lebensalter aber auch zu einem vertieften Nachdenken über das eigene Leben und Handeln führen. Die Fülle der vor Augen kommenden Phänomene, kann uns dann leicht an die Grenzen unserer Erkenntnis führen. Was wissen wir schon sicher angesichts der unendlichen Räume des Alls? Wie dürftig ist unser theoretisches und praktischen Wissen von den uns insgesamt in der Natur begegnenden Prozessen? Wer kommt nicht ins Staunen über all das unfassbare bewusste, unbewusste und fantastische Erleben von uns Menschen? Hinzu kommt, dass die Prozesse im Makro-, und Mikrokosmos der Natur und in all unserem Erkennen und Erleben, sich in einem steten Wandel befinden. Es erscheint mir wie ein „Spiel ohne Grenzen“, in dem wir, die Fülle aller Lebenswirklichkeiten nicht erfassend, zum Handeln berufen sind. Zuweilen mag uns das, was wir sehen verwirrend und angsterregend erscheinen, oder aufregend und neu für uns sein. Denn immer wieder führen dabei neue Perspektiven des Hinblicks auf uns selbst und die Umwelt, zu anderen Sichtweisen, die eine Veränderung unserer bisherigen Einstellungen erfordern. Dann gilt es, dem uns innewohnenden Prinzip zu folgen, und das was wahr und gültig erscheint, von dem zu trennen, was sich als falsch oder Lüge erweist. Das, was man zum Beispiel in der Jugend, oder danach im beruflichen und öffentlichen Leben einst als bedrohlich erlebte, kann uns dann im höheren Lebensalter nicht mehr so erschrecken. Was einmal das Leben wie eine schicksalshafte Benachteiligung erschwerte, kann neu gesehen und erlebt, zu einer neuen Erfahrung werden, auf die man stolz zurück blickt. Parallel zur stetig geringeren Lebenserwartung, kann sich auch noch im höheren Lebensalter Freude am kreativen Gestalten entwickeln. Johann Sebastian Bach hat beispielsweise bis kurz vor seinem Tod noch komponiert und musiziert.

Nach dem Ende meiner beruflichen Karier, entstand auch bei mir im Ruhestand die Idee, mich den eigenen Gedanken folgend, als Schriftsteller zur Einheit und Vielfalt der Lebensumstände zu äußern. Seit ich mich aber nach dem dritten Buch entschloss, vorerst nur noch Texte zu den jeweils andrängenden Themen zu schreiben, stellte sich eine zunehmende Lust und Freude bei mir ein, nun als Autor endlich ohne Zeitdruck oder Beschränkung eigenen Gedanken eine sinnvolle Form geben zu können. Derzeit denke ich auch intensiv über unsere Fähigkeit nach, überhaupt selbständig denken und handeln zu können. Bei diesen Gedanken über das Denken, stellte sich bei mir eine innige Dankbarkeit gegenüber unseren Fähigkeiten, dem Leben und der ihm innewohnenden Wahrheit ein. Wem sollte ich nun noch etwas vormachen, und welcher Ehrentitel könnte mich noch reizen? Meine Ehre ist es, mit allem, was ich erlebte und mich beschäftigt, so gut ich es vermag redlich umzugehen, und etwas von den Erfahrungen, die mich glücklich und zufrieden sein lassen, an sie liebe Leser, und meine Mitmenschen zu eigenem Gebrauch abzugeben. Ich erinnere mich oft an die Zeit meiner frühen Kindheit und das damals übliche vielfältige Spiel. Alles, was um mich geschah, was in mir erwachte, was ich erlebte und erlitt, fand im arglosen Spiel seinen Ausdruck. Auch in all den  darauf folgenden Jahren, erlebte ich mich in meinen Daseinsbezügen wie ein Mitspieler mit Fähigkeiten zu sehen, und zu lernen ausgestattet. Alle neuen Erkenntnisse erforderten aber zu  entscheiden, was ich als richtig oder falsch, als Wahrheit oder als Lüge erkannte. In all diesem sich wandelnden Erleben, bin ich aber, mit Gottes Hilfe,  meinem Wesen treu geblieben. Ich erlebe es heute mit großer Freude, all denen die mir bisher auf meinem Lebensweg beistanden, danken zu dürfen. In diesem unendlichen Spiel des Lebens im Geben und Nehmen, mit Schuld und Vergebung, danke ich besonders auch der Kirche, die mich aufgenommen, begleitete, belehrte, und bis zum heutigen Tag ermuntert, auch künftig wahrhaft und redlich meinen Weg zu gehen. Heute bin ich Gott sei Dank in der Lage, mit all den Bällen, die mir das Leben zuspielte, zum Lob und zur Ehre Gottes, hoffentlich auch meiner Mitmenschen, als Gottes fröhlicher Clown mitzuspielen. Wenn ich auch nicht mehr wie in früheren Jahren aktiv ins politische Geschehen eingreife, und mich im Beruf und in gesellschaftlichen Verpflichtungen weniger zu bewähren habe, so bin ich doch noch in der Lage, Ihnen liebe Leser zu zeigen, wie sich das Leben eines älteren Herrn anfühlt, der als „spätberufener Schriftsteller“ seinen bisher schönsten Beruf gefunden hat.

Mich beschäftigt derzeit schon die Frage, was mir aus dem inneren Reichtum des Erlebens geeignet erscheint, in einem nächsten Beitrag für Sie, liebe Leser in eine geeignete Form zu bringen. Sie haben sicher schon bemerkt, dass ich Lust verspüre, Sie und mich selbst immer wieder in Texten anderer Form oder Inhalts zu überraschen. Mich reizt es sehr, Gedanken und Geschichten die mir zufliegen, versuchsweise in phantastische Erzählungen zu formen, denen man jedoch anmerken sollte, dass es sich hierbei um wahre und redliche Schilderungen unserer Lebenswirklichkeit handelt. Ich muss aber gestehen, dass ich bis zur Stunde noch keine klare Vorstellung davon habe, wie diese Geschichten aussehen könnten. Eines ist aber gewiss, solange ich beim Schreiben bin, dürfen Sie, liebe Leser sicher sein, dass es ihrem Franz in Oppenweiler gut geht.

Die Auferstehung der ewigen Liebe.

Die Traube

Vor vielen Jahren lebten fromme Mönche und Brüder an einem abgeschiedenen Ort in einem Kloster. Sie beteten und arbeiteten nach der Regel des Heiligen Benedikt. Einander im Glauben stärkend, teilten sie Freuden und Lasten des klösterlichen Alltages. In ihre Kukullen gehüllt, versammelten sie sich Tag für Tag vor Sonnenaufgang in einer Prozession im Kreuzgang, um dann, hinter dem Abt, in die von wenigen Kerzen erhellte Kirche einzuziehen. Vor dem Altar und dem schlichten Kreuz, verneigten sie sich tief, und nahmen ihre Plätze im Chorgestühl ein. Wie alle Mönche vor ihnen, feierten sie das Stundengebet und die Heilige Messe. Ihr Gebet und Gesang stieg wie Weihrauch auf, erfüllte die schmucklose Kirche, und belebte die Stille der Nacht. Es herrschte Eintracht unter den alten und jungen Männern, die aus dem Leben genommen, ihrer Berufung folgten. Sie vertrauten darauf, dass Gottes Gnade allein genüge, um verbunden mit allen Geschöpfen, ihren Lobpreis zur Ehre des Allerhöchsten darzubringen. Alles, was ihrer Hände Arbeit hervorbrachte, teilten sie unter sich, und unter vielen bedürftigen und kranken Menschen. Wenn die Glocke zu den Gebetszeiten rief, ließen die Mönche und Brüder, der Regel getreu, ihre Arbeit ruhen.

Die frommen, gastfreundlichen Mönche und Brüder, genossen hohes Ansehen bei den Menschen. Großzügige Gaben, und Gesten der Zuneigung, wurden ihnen zuteil: Bruder Martin versah eines Tages den Pfortendienst, als ein älterer Mann anklopfte. Der kahlköpfige Bruder öffnete mit einem frohen „Pax tecum“ das kleine Fenster. Auf einer Schale brachte der Besucher eine wunderschöne Traube und sagte: „In diesem Jahr ist die Weinlese üppig ausgefallen, und wir möchten uns mit dieser Traube für die stets freundliche Aufnahmen im Kloster bedanken“. Hocherfreut nahm Bruder Martin mit einem „Gott segne Sie“, das Geschenk an, und schloss das Fenster. Das Wasser lief ihm im Munde zusammen, als er die Traube vor sich auf der Schale sah. Schon war seine Hand unterwegs, um wenigstens eine Traube zu naschen, da hielt er inne, und dachte daran, wie sehr sich der Bruder Küchenmeister über diese Traube freuen würde. Dem Küchenmeister ging es ähnlich, und so wanderte die Traube von Hand zu Hand, bis sie zuletzt vor dem Vater Abt lag. Auch er freute sich über dieses Geschenk, dachte bei sich an die „Kalebs-Traube“, und entschied, sie als ein Symbol der Verbundenheit, für alle sichtbar, in einem Kästchen vor dem Altar aufzubewahren, um sie zur Gründung des ersten folgenden Klosters zu übergeben. So geschah es. Auf wunderbare Weise behielt aber die Traube zur Freude aller ihr frisches Aussehen.

Besonders die Wallfahrten zum Gnadenbild der Mutter Gottes, und zur   Kalebstraube, waren im Volke beliebt. Viele Votivtafeln zeugen noch heute vom Glauben der Pilger, die in den damaligen Zeiten der Not und Irrlehren, in ihrem Leben Trost und Hilfe erfahren durften. Schon nach wenigen Jahren lebten im Kloster so viele Mönche und Brüder, dass ein neues Kloster entstehen konnte. Immer mehr drängte es die Mönche und Brüder, den Schutz des Mutterklosters zu verlassen, um die frohe Botschaft zu verkünden. Jenseits des Stromes, in der Mitte eines großen bergigen Landes, sollte eine kleine Gruppe einen Standort suchen, und zur Klostergründung vorbereiten. Es galt dabei, nicht nur zahllose Hindernisse, sondern auch erhebliche Zweifel und Einwände der dort wohnenden Menschen zu überwinden. Man bewegte sich damals zu Pferde, in einfachen Planwagen, zu Fuß oder auf einem Floß, dem Verlauf von Flüssen folgend.

In der Morgenfrühe eines Sommertages war es so weit: Bei einem feierlichen Gottesdienst, unter dem Gesang des „Veni creator spiritus“, verabschiedeten sich ein Abt mit zwölf Mönchen und Brüdern zur ihrer Aufgabe im fernen Land. Zum Zeichen der Verbundenheit erhielten sie eine kleine Glocke und die Kalebstraube. Genau in dem  Augenblick, als  sie zum Reisesegen vor ihrem Abt knieten, durchbrachen Strahlen der aufgehenden Sonne das Fenster hinter dem Altar, und erfassten die Gruppe. Noch einmal hörten die Reisenden das volle Geläut ihrer Klosterkirche.  Als sie sich mit ihren Pferden und Planwagen immer mehr entfernten,  flossen manche Tränen bei den  zurück gebliebenen Brüdern. Der Erzähler vertraut der Fantasie der geneigten Leser, sich die Gefahr und Mühsal einer solchen Reise vorzustellen. Endlich hatten die Mönche und Brüder, in der Mitte des gesuchten Landes den Ort gefunden, der zur geplanten Klostergründung geeignet schien. Grund genug, Gott für diese Gnade zu danken, und ihr weiteres Vorhaben der Fürbitte Mariens zu empfehlen. Ein warmer Sommertag begrüßte die Mönche und Brüder. Vor ihren Augen breitete sich mitten im Wald eine blumenübersäte Lichtung aus. Da verneigten sich der Abt und die Zwölf tief zum „Gloria „Patri et filio et spiritui sancto“, einem „Pater noster“ und „Ave maria“. Danach sangen die Mönche und Brüder hier zum ersten Mal die Mittagshore. Bis zum Abend gelang es, mit den Planwagen, aus Holzstämmen und Ästen einen Kreis zu bilden, und ein Nachtlager einzurichten. Der offene Sternenhimmel bildete ihr Zelt, und das Schweigen nach dem Abendsegen umhüllte ihre müden Körper. Es war noch tiefe Nacht, als die Glocke sie zum  Stundengebet rief. Damit begann das klösterliche Leben auch hier nach der Regel Benedikts mit dem „ora et labora“. Die erste Heilige Messe feierten sie, nicht weniger würdig, unter freiem Himmel. Ein kleiner Tisch vor dem Kreuz und Gnadenbild des Mutterklosters, diente als Altar. Hinter ihrem Abt stellten sie sich zur Prozession auf, zogen gemessenen Schrittes in ihre nach allen Seiten offene Kirche ein, verneigten sich tief und teilten sich beidseits des Altars, als wäre ein Chorgestühl vorhanden. Ihr Gebet und Gesang stieg zum offenen Himmel empor. Die Kalebstraube, legten sie vor den Altar und ihr Abt versicherte, dass sie einem nächsten Kloster übergeben  würde. Wie oft sich die frommen Missionare vor dem Kreuz, dem Gnadenbild Marias und der geschenkten Weintraube verneigten, weiß nur Gott allein.

Inzwischen vergingen Jahre, in denen mit Hilfe vieler Menschen aus der Umgebung ein schönes neues Kloster entstand, das dem aus ihrem Herkunftsland, wie ein Ei dem anderen glich. Endlich war der große Tag gekommen: Mit ihren Pferden und Wagen näherte sich eine Gruppe von Mönchen und Brüdern des Mutterklosters. Der Bruder Glöckner  musste die kleine Stundenglocke besonders lang und feierlich ertönen lassen, um den Mönchen und Brüdern  den Weg zu weisen. Die Freude über die Neuankömmlinge strahlte aus allen Gesichtern. Es gab bei der Begrüßung viel zu erzählen, denn der Abt hatte an diesem Tag alle  Mönche und Brüder vom Schweigen entbunden. Als Geschenk des Mutterklosters erhielten sie eine größere Glocke mit der Inschrift „Wort Gottes“. Zum Festgottesdienst ertönte zum ersten Mal die neue Glocke. Der bisherige Abt wurde in seinem Amt bestätigt, Kirche, Altar und das neue Kloster  gesegnet, und unter den Schutz der Gottesmutter gestellt. Zur Klosterweihe kamen von nah und fern zahlreiche Pilger  und Gäste aus anderer Klöstern herbei. Die Kirche konnte die Besucher nicht fassen, sodass viele mit rohen Bänken vor der weit geöffneten Kirchentüre vorlieb nehmen mussten. Es war am Fest von Christi Himmelfahrt und die Mönche sangen den Psalm „Viri galilaei“. Nach dem Segen zum Abschluss des feierlichen Gottesdienstes, stimmten alle Gläubigen in das „Veni creator spiritus“ ein. Mancher Mönch oder Bruder mochte sich noch daran erinnern, dass sie unter diesem Hymnus einst ihr Mutterkloster verließen. In seiner Predigt hob der Abt hervor,  dass er in der Nacht einen Traum hatte, der sehr gut zu diesem Festtage passe. Auf die Melodie des Psalms „Viri galilaei“ sei ihm der Text eingefallen  „selig, ja überselig, hüpft, ja hüpft mein Herz in Dir“. Er wagte es sogar, am Ende des Gottesdienstes diesen Text vorzusingen, und alle Gläubigen stimmten in diesen Psalm der Glückseligkeit ein. Vielleicht könnten Sie es, liebe Leser, auch versuchen, in den Gesang der Mönche einzustimmen, oder, wenn ihre Stimme versagt, anderen Menschen die Geschichte von der „Kalebstraube“ zu erzählen, die weiter gereicht werden will.

Die Traube

Liebe

Die Liebe ist eine
Himmelsmacht
sie wirkt bei Tage
und bei Nacht

Sie liebt das Große
und das Kleine das
Deine und das Meine

Sie schützt im Wirken
und Gestalten die
Jungen und die Alten

Ihr sind die Töne Worte
Zeit Ewigkeit und das
Erhabene geweiht

Alle Suchenden und
Frommen sollen in
ihren Himmel kommen

Der Herr ist unsere Speise auf der Pilgerreise

 

 

 

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