Ein neuer Weg

Als ich gegen Ende des Jahres 1969 entschied, das Studium der Theologie zu beenden, konnte ich noch nicht sicher erkennen, wie es danach weiter gehen sollte. Bisher hatte ich als Spätberufener nach dem Abitur, mehrere Semester Philosophie und Theologie mit dem Ziel, Priester zu werden studiert, und stand vor den ersten Weihen. Obwohl ich damals, wegen der wirtschaftlichen Lage im Baugewerbe nicht damit rechnen konnte, bald einen befriedigenden Arbeitsplatz zu finden, sah ich im Versuch, in den früheren Beruf als Baukaufmann, zurück zu kehren, die einzige realistische Chance. Schweren Herzens fuhr ich einige Tage über Weihnachten nach Hause, um noch einmal über meinen künftigen Weg nachzudenken, bevor ich im neuen Jahr wieder nach Münster fahren würde, um mich an der Universität zu exmatrikulieren. Was dieser schwierigen Entscheidung voraus ging, habe ich ausführlich in der Erzählung „Entscheidung in Münster“ beschrieben. Aber wie so oft in meinem Leben, half mir in dieser unübersichtlichen Lage, ohne mein ersichtliches Zutun, ein gütiges Geschick wieder weiter:

Etwas nachdenklich und besorgt, stand ich nach Neujahr auf dem Bahnsteig in Basel, um in den Zug nach Münster umzusteigen. An den Waggons vorbei schlendernd, erblickte ich am Fenster eines leeren Abteils, eine hübsche Frau. Mein Interesse an ihr war sofort geweckt, und es gelang mir, einen freien Platz gegenüber dieser blonden Dame einzunehmen. Ich hatte mich nicht getäuscht: Vor mir saß eine sorgsam gepflegte, sympathische junge Frau, die hin und wieder von ihrer Lektüre aufsah, und mir ein freundliches Lächeln schenkte. Ich kann mich, als wäre es gestern gewesen, noch genau an diese erste Begegnung erinnern: Mir gegenüber saß eine attraktive, von der Sonne gebräunte Frau, mit sportlicher Kurzhaarfrisur. Sie trug einen roten Rollkragenpulli, einen farblich darauf abgestimmten rotkarierten Schottenrock, und passende Stiefel. Eine kleine, Weile verlor ich mich schweigend im Anblick dieser anmutigen, hübschen Erscheinung. Durch ihr einladendes, freundliches Wesen ermutigt, wagte ich es dann zu fragen, ob sie mit einer Unterhaltung einverstanden wäre? Sie stimmte lächelnd zu, und wir befanden uns kurz danach in einem anregenden Gespräch:

Ich erfuhr zu meiner Freude, dass sie nach einem Winterurlaub in der Schweiz, nach Münster unterwegs sei, um dort ihr Medizin-Studium fortzusetzen. Etwas Schöneres hätte mir in der gegebenen Situation nicht passieren können. Sie schien angenehm berührt zu sein, als sie hörte, dass ich ebenfalls nach Münster reiste. Meine Stimmung hellte sich zu zusehend auf, denn ich bemerkte, wie mich der Charme der hübschen Frau verführte, mich von der vermeintlich besten Seite zu zeigen. Beim Rückblick auf die anregende Unterhaltung während der Fahrt, will es mir aber gerechter Weise erscheinen, als ob ich mehr geredet hätte, als sie. Die Stunden vergingen jedenfalls wie im Fluge. Sie erzählte von ihren Ski-Ferien zusammen mit ihrer Familie, und ich sprach von den Weihnachtsferien in Rheinfelden und dem Studium der Theologie in Münster. Meine persönliche Situation, dass ich mich zum Ende des Wintersemesters an der Universität exmatrikulieren werde, blieb aber vorerst noch ungeklärt. Was wir einander darüber hinaus während dieser angenehmen Unterhaltung auf der Reise nach Münster zu erzählen hatten, vermag ich nicht mehr zu erinnern. Viel zu sehr war ich mit der Frage befasst, wie ich meine Reisebegleiterin dafür gewinnen konnte, uns in Münster wieder zu begegnen. Ich freute mich daher sehr, als sie ohne lange zu zögern bereit war, eine Einladung anzunehmen, uns in der Vorlesung über Psychoanalyse bei Professor Dr.med. Winkler wieder zu sehen. Wir saßen auch alsbald neben einander in der besagten Vorlesung. Der von mir sehr geschätzte Professor, musste sich von da an mit meiner geteilten Aufmerksamkeit bei seinen Vorträgen begnügen, denn es blieb nicht bei einem gemeinsamen ersten Besuch seiner Vorlesungen.

Welch ein seltsames Geschick hatte uns zum rechten Zeitpunkt zusammengeführt? Meine Entscheidung, das Theologiestudium zu beenden war gefallen, und jetzt, da ich dabei war, mein Leben neu zu planen, lernte ich diese hübsche Frau kennen. Dass sie mich über die übliche Nähe zu einer zufälligen Bekanntschaft hinaus interessierte, wurde mir eines Tages sehr bewusst: Am Prinzipalmarkt in Münster stehend, um den Karnevalsumzug zu beobachten, sah ich unvermutet am gegenüber liegendem Straßenrand eine hübsche blonde Frau, die meiner Bekannten erstaunlich ähnlichsah. Sie hatte sich zudem bei einem Manne eingehängt. An der Bitterkeit und Wut, die ich in diesem Augenblick bemerkte, konnte ich ermessen, wie viel sie mir schon bedeutete, denn sonst hätte ich nicht so eifersüchtig und enttäuscht reagiert. Den Stein, der mir vom Herzen fiel, hätten Sie, liebe Leser plumpsen gehört, als sie mir in einem nachfolgenden Gespräch glaubhaft versicherte, dass ich mich getäuscht hatte. Von da an nutzte ich jede sich bietende Gelegenheit, um mit meiner Bekannten zusammen zu sein. Sie bewohnte ein kleines, nach ihrem Geschmack eingerichtetes Appartement, durch das ich mich veranlasst sah, mein schlichtes Studentenzimmer aufzugeben, um auch ihr ein angenehmes Ambiente anbieten zu können. So erfüllte ich Ihren Herzenswunsch, gelegentlich bei mir vor einem offenen Kamin zu speisen und zu plaudern. In den vertraulichen Gesprächen konnte ich in den folgenden Monaten über meine schwierige Lage, die mit dem bevorstehenden Ende des Theologiestudiums entstand, ausführlich reden. Ihrem freundschaftlichen Zuspruch hatte ich es zu verdanken, dass in mir der Mut und die Hoffnung wachsen konnten, einen Studienwechsel zu erwägen.

Für mich stand bald fest, dass ich, wenn überhaupt, nur Klinische Psychologie studieren würde, von der ich mir im Beruf eine gewisse Nähe zur ehemaligen Ausrichtung als Theologe versprach. Ich gestehe gern, dass meine damalige Freundin wesentlich zur Entscheidung beitrug, noch einmal ein Studium zu beginnen. Sie erkannte, dass ich in dem bisherigen Examen, meine Befähigung zu wissenschaftlichem Arbeiten nachgewiesen hatte, sodass ich mit Studienförderung rechnen durfte, um dann zusammen mit den restlichen eigenen Mitteln, ein Studium finanzieren zu können. Da aber mein bisheriges Studium geisteswissenschaftlich ausgerichtet war, und ich mit der Klinischen Psychologie einem naturwissenschaftlichen Studium folgen wollte war es ungewiss, ob ich den neuen Anforderungen gewachsen war. Daher stand für mich fest, dass ich nur bei einem guten Ergebnis im Vordiplom, in Psychologie weiter studieren würde. Nach diesen Vorüberlegungen war ich dazu bereit, einen Studienwechsel zu wagen. Zum Ende des Wintersemesters 1969/70 beendete ich mit der Exmatrikulation das bisherige Theologiestudium, und begann ab dem Sommersemester 1970 das Studium der Klinischen Psychologie an der Westfälischen Wilhelmsuniversität in Münster. Ich freue mich darauf, Ihnen liebe Leser, in einem folgenden Beitrag von den Begegnungen und Erfahrungen mit Menschen während des Psychologie-Studiums und dem Leben in Münster erzählen zu dürfen.

Wege zu einander

Gebet

Gott unser Vater
Du offenbarst Dich
durch Deinen Sohn
im Heiligen Geist

Als der in Liebe
Gegenwärtige
der unser Erkennen
unendlich übertrifft

Und dem Leben
Bestand verleiht
wir verneigen uns
und bitten um Segen

Frieden und Heil
auf unseren Wegen
um Erbarmen und
Vergeben in Liebe

In DIR mit den Armen
DICH o Gott auf alle
Weisen zu rühmen
und zu lobpreisen

Wie in Himmel vor
der Zeit so auf
Erden weit und
in Gottes Ewigkeit

Gottesklage

Mein Gott, mein Gott! Mit diesem Klageruf habe ich schon oft in belastenden Situationen, in denen mich tiefe Not, Angst und Trauer erfüllte, um Hilfe gefleht. Es fällt ja manchmal schwer, das eigene Schicksal zu beklagen; vor allem in Situationen, in denen uns Gott ach so fern erscheint. Dann sind Texte der Heiligen Schrift, wie die Geschichte von Hiob, die Klagepsalmen bis hin zum Schrei Jesu “Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen!”, ermutigend, den eigenen Kummer auszusprechen, und Gott im Hilfe zu bitten. Dürfen wir doch im Glauben gewiss sein, dass unser Vater im Himmel uns nicht verlässt, wenn Trauer, Enttäuschungen und Einsamkeit uns bedrücken. Umso schmerzlicher ist es, dass auch ich manchmal in Stunden tiefer Betroffenheit nicht wagte, Gott meine Not zu klagen. Die Texte der Bachkantate “Ich hatte viel Bekümmernis”, berührten mich sehr und halfen mir, das Schweigen zu brechen: Viel zu selten gelang es, über meinen Kummer zu reden. Die Scheu vor dem erhabenen Gott und mangelndes Vertrauen in SEINE Liebe, verschlossen mir den Mund. Heute aber, sicherer geworden, Gott nicht durch Klagen betrüben zu können, kann ich getrost über unsere Not, Angst und Trauer sprechen. Guter Herr, ich beklage nicht nur die eigenen schweren Stunden, sondern auch das entsetzliche Leid, das sich Menschen in unseren Tagen zufügen. Zutiefst erschüttert bin ich, wenn wir von vertrauten Personen bei deren Tod Abschied nehmen müssen. Ebenso schwer ist es zu erleben, dass auch Weggefährten von uns leiden müssen. Wie alle Menschen trage auch ich schwer an der Bürde, gegen alle Hoffnungslosigkeit zu hoffen, trotz erfahrener Lieblosigkeit zu lieben, und unter Schuld und Versagen zu leiden.

O Gott, wir können selbst unseren erwachsenen Kindern nur noch wenig helfen, müssen sie ihrem eigenen Schicksal überlassen und erkennen, dass es ihnen wahrscheinlich nicht anders ergehen wird, als uns, ihren Eltern. Manchmal bedrückt die eigene Not und das übermächtige Leid auf Erden so sehr, dass Worte versagen und ich verstummend frage, wo bleibst Du Herr? Heute aber will ich nicht darüber schweigen, dass mit jedem Atemzug, der uns am Leben erhält, auch Kummer verbunden ist. Mein Herz verwundet, die Seele erschüttert, klage ich mit allen Menschen, warum nur lässt Gott all das Leiden zu? Wer aber wenn nicht Du, unser allmächtiger Vater, kann diese unsere Schreie hören? Herr und Gott, im Glauben dürfen wir dennoch gewiss sein, dass Du unsere Wege kennst und erfühlst, was uns Menschen bekümmert. Daher dürfen wir Dir ohne Scham unsere Not und Trauer anvertrauen. Lass unser Flehen, eingedenk Deiner Güte, zur Bitte um Trost und Beistand im Heiligen Geist werden, und erhalte in uns das Vertrauen in Deine Hilfe. O Herr, im Glauben an Deinen Sohn, der alle Not und den Tod überwunden hat, möge uns die österliche Freude mit allem Nötigen beleben und uns Seine liebende Nähe erfahren lassen.

Mit unserer Firmung feiern wir auch die Erinnerungen an die eigene Taufe, unsere erste Heilige Kommunion, und das Glaubensleben in und mit der Kirche. Es gab und gibt ja so viele gnadenerfüllte Momente im Glauben, in denen wir uns in Gottes Nähe geborgen und glücklich fühlen durften. Und auch jetzt beim Schreiben dieses “Klagepsalmes” spüre ich SEINEN Trost. Es ist wie ein klagloses Erwachen aus der Erdenschwere und ein Eintauchen in den Himmel Seines Schutzes und Beistandes. Gottesmutter, so rufen wir im Monat Oktober, bitte für uns! Die Worte eines vorbildlichen Priesters aus meine Jugendzeit klingen mir in den Ohren: “Marienkinder gehen nicht verloren!”. Du, unsere Mutter, hast durch Deinen Sohn auch meine Leid und das Leiden aller meiner Brüder und Schwestern, dem Dreifaltigen Gott geweiht. Wie oft habe ich Dir unter Tränen meine Not und die Nöte aller Menschen anvertraut. Mit dem Rosenkranz in Händen rufe ich zu Dir um Fürsprache bei Gott. Der gütige Herr möge Seine Schöpfung, die gesamte Christenheit und alle Menschen vor Unheil bewahren!

Gespräch mit Gott

Ich muss mit Dir reden, Herr! Mein Herz ist übervoll: Es sind Fragen, Schmerzen, Freuden. Wir sind in Not, Herr! Unser Gespräch mit Dir, ist wie ein Metronom, ein Taktgeber, damit wir und alles, was es für uns gibt, in der rechten Ordnung bleiben können. Denn ohne Dich, Herr, nicht auszumalen, welche Qual und Hoffnungslosigkeit dann unser Los wäre. Aus dem Glauben, den Du uns ins Herz gelegt hast, wenden wir uns Tag und Nacht im Reden und Schweigen an Dich. Denn groß bist Du Herr, barmherzig und wunderbar! Dass All und die kleinste Mücke leben aus Deiner Hand; ich und die vielen anderen Menschen auch. Ich hole sie alle heim in Dein göttliches Erbarmen, schwach, einsam, todeskrank wie wir sind. Lege Deine segnende Hand auf uns. Schau uns alle an; schau auch mich an. Wir brauchen Dich, Deine Nähe, den Frieden in Dir, und in der Welt, nötiger als unser tägliches Brot. Stärke unseren Glauben, die Hoffnung und die Liebe, auch wenn wir uns enttäuscht zurückziehen, von Dir unserem Taktgeber, Du Gott in uns, über uns und mit uns. Reiß Du, Herr, in dieser Zeit und allezeit die Mauern ein, die wir gebaut haben, die uns von Dir und voneinander trennen. Gieße immer wieder neu „Heiligen Geist“ in unsere Herzen, den Geist der Hoffnung, des Trostes und der Weisung, damit wir auf Deinen Wegen pilgern können. Komme uns mit Deiner Gnade zuvor, stelle uns Dein Licht aus, halte, berge und stärke uns, damit wir das tun, was Deinem Willen entspricht und was unsere Glaubenspflicht ist. Hilf uns, die Angst zu überwinden, die uns hindern könnte, dort, wo die Not am größten ist, präsent zu sein, um vom Überfluss unseres Glaubens, das tägliche Brot der Liebe mit einander zu teilen.

Heilig heilig heili heilig ist der Herr

Jonglage

Im großen bunten Zirkuszelt
lässt ER die Bälle kreisen
federleicht und mit Gefühl
ein entzückend lustig Spiel

Und das geschätzte Publikum
steht nicht nur stumm im Kreise
jeder spielt mit seinen Bällen
mit auf eigene Weise

Freude lässt ein Spiel entstehen
Bälle fliegen hin und her
im unendlichen Geschehen
bleibt so die Welt nicht leer

Nachdenkliches

Vor Jahren habe ich mich in einem Referat mit Erkenntnissen aus der Altersforschung zum Übergang in den Ruhestand und den im höheren Lebensalter gestellten Aufgaben befasst. Ich entschloss mich damals im Vertrauen auf die eigenen Kompetenzen und Erfahrungen, den für mich geeigneten Weg zur Umstellung auf den neuen Lebensabschnitt selbst zu entdecken. Nach längerem Ruhestand, habe ich genügend Erfahrungen gesammelt, um über den Ruhestand und das Älterwerden sprechen zu können. Ich hoffe, mit dem von mir gewählten Thema und den weiterführenden Überlegungen hierzu auch Ihrem Interesse, liebe Leser, zu entsprechen. In einem Resümee gehe ich auf die schwierige Zeit nach dem Eintritt in den Ruhestand, sowie auf Aspekte der aktuellen Lebenssituation, und des auf Zukunft offenen Lebens ein.

Viel belastender als erwartet, gestaltete sich der Übergang in den Ruhestand und die Veräußerung der psychotherapeutischen Praxis. Erst nach Abschluss der komplexen Verhandlungen, gelang es in einem längeren Prozess mit der Kassenärztlichen Vereinigung, den Tagesablauf an die neue Situation anzupassen, Kompetenzen zu aktivieren und in Handlungen umzusetzen. Ein Leben lang hatte ich gewirkt und reiche Erfahrungen gesammelt. Als ich nach Monaten die Chance erkannte, alle meine Ressourcen sinnvoll zu reflektieren, dem Drängen nach Gedankenaustausch zu folgen, und als Schriftsteller zu arbeiten, erkannte ich eine sinnvolle Aufgabe bis zu meinem Lebensende. Seither habe ich mich in drei Bänden „Geschichten und Gedanken“ zu Fragen des Lebens und Erlebens auch im höheren Alter geäußert. Über meinen Literaturblog „franz-schwald.de“ erreichte ich über die verschiedenen Kanäle im Internet einen größeren Leserkreis, um als Brückenbauer in einen fruchtbaren Dialog zu treten.

Die aktuelle Lebenssituation im sechsundneunzigsten Lebensjahr ist dadurch charakterisiert, dass ich Gott sei Dank, trotz körperlicher Beeinträchtigung in der Lage bin, mich voll dem Schreiben zuzuwenden. Ich biete aber meinen Lesern nur Inhalte an, die mich persönlich bewegen, und von allgemeinem Interesse, für das heutige und künftige Leben der Menschen erscheinen. Die persönliche Lebenserwartung akzeptierend, neige ich zu einer strengen Auswahl der Inhalte im Kontrast zu allzu pessimistischen Lebenseinstellungen. Stabilisierende Kontakte zur Familie, Freunden und Lesern, und die Freiheit von beruflichen Zwängen, ermöglichen einen gestaltbaren Tagesablauf, um Tätigkeit und Muse an das aktuelle Leistungsvermögen anzupassen. Ich bedanke mich für die Lebensumstände, die mir gestatten, als spätberufener Schriftsteller einen ersehnten Beruf auszuführen. Wie sich dies alles, wie von selbst entwickelte, habe ich in meinen Büchern und im Literaturblog in Lyrik, Kurzgeschichten und Artikeln hinterlegt. Diese Arbeiten sind Teil meines Dankes und Vermächtnisses an das Leben. Ich wende mich nun den Themen zu, die mich aktuell, und im Blick auf die Zukunft, sehr beschäftigen:

Als älterer Mensch, fühle ich mich besonders verpflichtet und berechtigt, mich zur Endlichkeit unseres Daseins, der Verantwortung gegenüber dem Leben, den Mitmenschen, unseren Nachkommen, und der auf Zukunft offenen Sinnfrage zu äußern. Gott sei Dank ist es mir noch vergönnt, bei vollem Bewusstsein der reichen Gaben des Lebens zu schreiben und zu arbeiten. Alles, was ich in mir, um mich und über uns wahrnehme, ist nicht einfach selbstverständlich, sondern des Nachdenkens wert. Ich verstehe mich selbst, die Mitmenschen, unsere Gesellschaft, Kultur, Wissenschaft und Technik als ein Geschenk in unverdienter Gnade. Daher gilt vor allem unserem Herrgott Dank, in dessen Händen ich voll Vertrauen mein Werk lege in der Hoffnung, dass es unserem Schöpfer gefällt. Was ich zu sagen habe, richtet sich im Grunde an alle Menschen, die sich ihrer Endlichkeit bewusst, danach sehnen, aktiv und auf Zukunft offen zu bleiben.
Wieder einmal bekam ich, wie so oft, zur rechten Zeit ein Buch in die Hände. In der von Andreas Kruse, in 2. Auflage 2015 erschienen Arbeit, „Die Grenzgänge des Johann Sebastian Bach“, werden Themen behandelt, die mir aus dem eingangs erwähnte Referat auch aus eigener Erfahrung bekannt sind. Der Autor belegt am Beispiel von Johann Sebastian Bach, dessen erstaunliche Hingabe an sein Werk bis ins hohe Alter. Er weist nach, wie Bach, trotz eines an Entbehrungen, Gebrechen, und Konflikten reichen Lebens, die musikalische und kompositorische Schöpferkraft bis in die Stunden vor seinem Tod, zur Ehre Gottes kreativ entfaltete. Wir könnten fragen, welche Bedeutung für uns, die Lebensgeschichte von Johann Sebastian Bach zum Thema Älterwerden hat?

Unter den vormals gegebenen Umständen der Praxisabgabe mit 75 Jahren, konnte auch ich bei den körperlichen Gebrechen und seelischen Belastungen, nicht erwarten, noch drei Bücher schreiben zu können; schon gar nicht, dass mir das Schreiben, als Dialog mit den Menschen, zu einer so befriedigenden Aufgabe werden könnte, dass dies den Einsatz aller meiner Ressourcen rechtfertigte. Ich wusste nur, dass ich, mit meiner Biographie und dem zugewiesenen Schicksal, als ein „spätberufenes Talent“ versöhnt, in der Lage war, in allen wichtigen Entscheidungen im Leben, dennoch nie zu spät zu kommen. Was konnte mich demnach hindern, im höheren Alter noch ein freier Schriftsteller zu werden?
Es stellte sich vor allem die Frage nach der Lebenserwartung. Leben und Tod sind aber als unverfügbare Vorgaben, neben anderen Grundworten wie die Frage des Vorsokratikers Parmenides “warum gibt es etwas und nicht Nichts“ und die Pilatusfrage im Verhör mit Jesus: „was ist Wahrheit“ auch heute sinnvoll. Auch wir könnten die Frage stellen, was bedeutet uns heute Wahrheit, Leben und Tod? Könnte unser gelegentliches Schweigen ausdrücken, dass es uns bei dieser Nachfrage die Sprache verschlägt, weil es sich um grundsätzliche Themen handelt, die wir nicht im Griff haben, sondern die uns umgreifen? Ich möchte Sie, liebe Leser, einladen, mit mir zusammen in dieser Hinsicht das Leben und Werk Johann Sebastian Bachs zu betrachten, um über diese Grundworte und deren Bedeutung für unser Leben und Älterwerden nachzudenken:
Durch die Lektüre des vorgenannten Buches, sind mir vor allem die zwei Grundordnungen wieder ins Gedächtnis gerufen worden, vor denen wir nicht die Augen verschließen sollten: Es sind zwei unumstößliche Tatsachen, denen wir, wenn wir auf das Ganze des Daseins achten, begegnen. Schon viele Generationen vor uns hatten davon Kenntnis, und prägten die inhaltsschweren Sätze: „Media in vita in morte sumus“, und ich füge hinzu: „Media in morte in vita sumus“. Zu Deutsch: Mitten im Leben sind wir im Tod, und mitten im Tod sind wir im Leben. Johann Sebastian Bach anerkannte die zwei Ordnungen des Lebens und Sterbens, denen auch wir nicht entgehen können, und entfaltete in vorbildlicher Weise zur Ehre Gottes, sein schöpferisches, musikalisches Talent. Pilatus stellt die Frage: „Was ist Wahrheit?“ Wir könnten ihm einfach antworten: „Wahr ist, dass wir leben und sterben“ Der Psalmist Koholet spricht davon, dass alles seine Zeit habe. Wir wissen todsicher, dies gilt auch für uns. Ohne gefragt zu sein, beginnt unser Dasein und endet, wenn wir es nicht stören, ebenso. Dazwischen liegen Tage und Nächte, und einige Jahre die Erfahrung von Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter. Es obliegt uns allen, beim Älterwerden die genannten Grundordnungen des Lebens und Sterbens zu bejahen, in einem schöpferischen Prozess die eigenen Ressourcen zum Wohl des Ganzen zu entfalten, und vom Leben in Dienst genommen zu werden. Wir wissen, auch wenn wir es vermeiden, darüber zu sprechen, dass jede Stunde, Minute oder Sekunde, die uns geschenkt ist, ein Vergehen, und damit Sterben unserer verfügbaren Zeit ist. Genau so steht fest: Einmal werden uns sicher alle Handlungsmöglichkeiten auf Erden genommen, ohne dass wir den Tag, die Stunde oder Art und Weise unseres Todes genau kennen. Hoffen dürfen wir aber, dass andere Menschen, die dasselbe Schicksal mit uns teilen, noch nach uns da sein werden. Ihnen und den Bedingungen unseres gemeinsamen Daseins gilt daher, Generationen übergreifend, unser Sorgen und Handeln. Es scheint nicht nur, sondern es ist wirklich so, dass wir mitten im Leben von Geburt an auf unseren endgültigen Tod hin, auch im Vergehen der Zeit sterben. Es gilt aber auch der andere Satz, mitten im Sterben zu leben, ebenso. Kein Mensch, der natürlichen Todes stirbt, kennt, wie wir sahen, den Tag oder die Stunde. So besehen ist die uns geschenkte Zeit, immer auf Zukunft offen. Diese Offenheit auf Zukunft, diesen Vorlauf an Zeit, über den wir verfügen dürfen, gilt es zu sehen und zu nutzen. Es scheint mir allerdings schwieriger, Ihnen liebe Leser, zu erhellen, warum ich darauf bestehe, dass wir mitten im Sterben der Zeit auch Leben, sodass auch der Satz „Media in morte in vita sumus“ für uns gilt.
Angeklungen ist bisher schon, dass wir uns damit abfinden müssen, dazu bestimmt zu sein, über den Anfang und das Ende unserer Existenz nicht zu verfügen. Wir stoßen mit der Frage danach, im Grunde auf ein Geheimnis, und sollte mich jemand fragen, wer ich bin, dann muss ich ehrlicherweise sagen, ich weiß nur dass ich auf dieser Welt bin und einmal nicht mehr in dieser Welt sein werde. Ich brauchte aber eine geraume Zeit, um zu erkennen, dass wir Menschen einander ein Geheimnis sind und bleiben, und uns ebenso in einem geheimnisvollen Kosmos bewegen, der all unserem Bemühen, ihn empirisch zu erfassen, widersteht. Kinder, und ich war selbst ein neugieriges Kind, aber auch Erwachsene, sind unter günstigen Umständen in der Lage, offen zu sein und zu bleiben für das Geheimnis des Werdens und Zieles unserer Existenz.
In meinen Büchern bin ich dem „Unerklärlichen“, dem Geheimnis und zielstrebenden „Drängen“, auf der Spur geblieben. Ich sprach auch schon davon, wie wichtig es mir wurde, beim Eintritt in den Ruhestand, den eigenen Weg zu finden, um diesem Lebensimpuls nachzuspüren. In allen meinen Erzählungen, in denen ich über das uns geschenkte Leben nachdachte, versuchte ich, die uns begegnenden Geheimnisse des Daseins zu wahren, und von der Freude über die zukunftsoffene Gegenwart und Geschichte der Menschen zu künden. Erst im höheren Lebensalter, nach dem Ende der beruflichen Pflichten, fand ich wieder Zeit und Muße, mich wie in der Kindheit, über das Wunder meiner Existenz, das geheimnisvolle Geschehen in mir, der Natur und die Geschichte der Menschen zu freuen. Auch darüber zu staunen, dass ich, ähnlich, wie Johann Sebastian Bach, bis zur Stunde, trotz aller mir auferlegten Gebrechen, und den im Leben mit unserem Volk und in der Völkergemeinschaft erlittenen Schrecken, nicht erstarrte, sondern offen bleiben durfte, für das Geheimnis der Zukunft:
Praktisch bedeutet das, dankbar zu sein, für den je neuen Tag, jede Stunde, jede Minute, jede Sekunde. Ich wundere mich immer wieder, zu welchen Leistungen das menschliche Gehirn, auch in der erholsamen Nachtruhe, fähig ist. Manche Menschen scheinen das Geschehen von Tag und Nacht sehr stark zu trennen, sodass Traum und Fantasie eher als störend erlebt werden. Ich habe nicht nur beruflich seit vielen Jahren ein ungestörtes Verhältnis zu meinen Träumen. In den letzten Jahren beobachte ich die eigene Kreativität der Träume, die mir manchmal neue Erkenntnisse, in Form ganzer Handlungsabläufe, schenken. Die offenere Haltung neuen Einfällen gegenüber macht sich auch in überraschend auftauchenden Tagesfantasien bemerkbar. Auch die Beziehungen zu anderen Menschen veränderten sich im Ruhestand: Ich achte mehr auf die eigene und die Befindlichkeit der Anderen. Es ist mir bei Gesprächen ein Anliegen, den Dialog so zu gestalten, dass genügend Raum für das Auftauchen neuer Aspekte gegeben ist. Ich freue mich, wenn sich die Gesprächspartner in meiner Gegenwart sicher fühlen, und dann in der Lage sind, ohne Angst ihre eigene Meinung zu vertreten. Umständehalber bin ich auch mehr zu Hause, achte auf Haus und Garten und erlebe, immer wieder neu, im Werden und Vergehen, das Ereignis von Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter. Ich bediene mich nicht nur der verfügbaren technischen Hilfsmittel, sondern ich bestaune und anerkenne immer mehr der Menschen Erfindungskraft, durch deren Produkte sie einen unverzichtbaren Beitrag für uns alle und die künftigen Generationen leisten. Muss ich noch besonders erwähnen, welche Fülle an Anregungen, Literatur, Kultur, Philosophie und Theologie uns schenken, um unser gegenwärtiges und künftiges Dasein zu gestalten?
Immer mehr fühle auch ich mich als Teil eines geordneten Ganzen, und berufen, mitzuwirken, um unser Dasein nach Kräften zum Wohle der Menschen mitzugestalten, und Schaden von uns abzuwenden, die wir alle inmitten des zeitlichen Vergehens, in unserem zukunftsoffenen Leben, einem endgültigen Ziel entgegen streben. Mit zunehmendem Alter musste ich aber auch unsere menschliche Existenz als ein Leben und Sterben in allen Formen bejahen lernen, und aus einem festen Grund – Natur – Selbst- und Gottvertrauen heraus, trotz, Schuld, Krieg, Verfolgung und Widrigkeiten, auf ein Generationen übergreifendes Zusammenwirken und Fortbestehen von Menschheit, Natur und Kosmos, zu vertrauen. Liegt es da nicht nahe, auch auf eine letzte Vollendung der irdischen Existenz zu hoffen, und uns der christlichen Botschaft auf Erlösung und ewigem Leben zu öffnen? Möge uns allen die Gnade zuteilwerden, dass wir uns in Glaube Hoffnung und Liebe vertrauensvoll vor unserem „Dreifaltigen Gott“, anbetend verneigen, der uns in allen bewussten und unbewussten guten Gaben unseres Daseins in lebensbewirkender väterlicher, zukunftsoffenen Liebe, über den Tod hinaus begegnen will. Wenn aber wir Menschen uns schon einander, nur unter Wahrung unserer auf Zukunft offenen Existenz in Vertrauen und Würde begegnen können, um wie viel mehr ist zu wünschen, dass wir der Zusage unseren Herrn Jesus Christus, dem Gottessohn vertrauen, der uns im Heiligen Geist, in Glaube Hoffnung und Liebe in eine sichere, glückliche, ewig offene Zukunft führen kann.

Über Wünsche

Der kleine Hans stellt sich vor seinen Vater, stemmt die Hände in die Hosentaschen und erklärt mit blitzenden Augen „ich will Zugführer werden.“ Gestern wünschte er noch begeistert, einmal zur Feuerwehr zu gehen, und das Auto mit dem „ta tü ta ta“ , das ihm so sehr gefiel, zu steuern. Sein Vater gab ihm zu verstehen, dass sich seine Wünsche im Laufe der Jahre noch ändern könnten. Die zwei Jahre jüngere Alice meldete sich auch zu Wort und ließ ihren verblüfften Vater mit dem Wunsch, „ein Supermodell“ werden zu wollen, erahnen, dass künftig noch andere Überraschungen folgen könnten. Diese stellten sich danach auch in bunter Folge ein. Die Eltern beruhigten aber sich und ihre Kinder im sicheren Wissen, dass nicht alle Wünsche in Erfüllung gehen werden. An die Kindheit schließt sich die Schule, Ausbildung, das Studium und die Berufswahl an. Die Einbettung in die gesellschaftlichen Lebensverhältnisse mit ihren Anforderungen und Grenzen sowie der Berufsalltag, führen in unerbittlicher Folge dazu, dass sich das Blickfeld des Handelns wieder verengt. Die Wünsche bekommen dann spezifischeren Zuschnitt, und richten sich auf die berufliche Karriere, Partnerwahl, Lebensgestaltung, die Sorge um die eigene Familie und die Kinder. In dieser Zeit kommen manche Wünsche, die unser Leben bereichern könnten, zu kurz und müssen als momentan unerfüllbar für einige Zeit aus dem Bewusstsein verdrängt werden. Es kann aber zuweilen geschehen, dass unvorhergesehene Ereignisse wie Krankheit, das Zerbrechen einer Beziehung oder Todesfälle uns nötigen, uns neu zu orientieren. In Situationen, in denen die vertrauten Erfahrungen und Wege nicht mehr tragen, können Wünsche und Vorstellungen wieder auftauchen, die hilfreich sind, unser seelisches Gleichgewicht in neuer Weise wieder zu finden. Aber nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene müssen lebenslang lernen, mit erfüllbaren und unerfüllten Wünschen zu leben. Es bedarf daher großer Aufmerksamkeit, Geduld und gelegentlich einer schöpferischen Pause, um eigene Wünsche zu erkennen und in die Tat umzusetzen, oder mit unerfüllbaren Wünschen in geeigneter Form freundlich umzugehen.

Auf diesen Umstand bin ich seit meiner Pensionierung gestoßen. Wie ein Kind stand ich zunächst, befreit vom beruflichen Alltag, einem Universum von Möglichkeiten gegenüber. Ich hatte nun die Qual der Wahl. Nach welchem Maßstab sollte ich mich richten? Ich musste lernen auf meine innere Stimme zu achten, um für den nächsten Lebensabschnitt, den angemessenen eigenen Weg zu finden. Es fiel mir nicht leicht, meine Sporträder stehen zu lassen und den geliebten Tennisschläger in die Ecke zu stellen; zu lernen, anstrengenden Sport zu lassen, und Freude beim Spaziergang in der Natur zu erleben. Ein Glück, dass ich geduldig warten konnte, bis sich in mir der als ein Drängen erlebte, Wunsch zu schreiben, immer deutlicher konstellierte. Ihn galt es zu hüten, und nach Mitteln und Wegen zu suchen, um diesem Anspruch in einer mir möglichen Weise zu folgen. Die Vorstellung, nach einem erfüllten Berufsleben, als spät berufener Pensionär noch einmal eine lebenswichtige Aufgabe anzugehen, gewann aber nur zögerlich Gestalt. Ich musste erhebliche innere und äußere Bedenken, die sich mir in den Weg stellten überwinden. Dies gelang nicht auf Anhieb, sondern wie so manches in meinem Leben durch Denkanstöße von außen. In diesem Falle waren es unsere Töchter und ein Freund, die mich davon überzeugten, dass all das, was ich bislang geschrieben hatte und aktuell schrieb, mir nicht allein oder der eigenen Familie gehörten. Auch andere Menschen hätten ein Recht darauf, meine Gedicht Gedanken und Geschichten zu lesen. Nachdem ich mich entschloss, die Finanzierung selbst zu übernehmen, fand ich einen professionell arbeitenden christlichen Verlag, um die wünschenswerte Begleitung meiner Arbeit als Autor zu gewährleisten. In acht Jahren sind so drei Bücher entstanden, die das zur Sprache bringen, was mir aus meinem früheren und heutigen Leben bedeutungsvoll erschien, und am besten zu meinem akademischen und beruflichen Profil passte. Ich bin selbst erstaunt, wohin mich der Wunsch zu schreiben bislang führte. Gott sei Dank reicht meine Gesundheit noch dazu aus, dieser Neigung auch im Internet mit einem Literaturblog weiter zu folgen. assIch deutete schon an, dass ich als Autor in besonderer Weise auf meine Lebenserfahrungen, Beobachtungen, Stimmungen, Fantasien und Wünsche achte. Aus der jeweiligen inneren Verfassung und den gegebenen äußeren Umständen ergibt sich dann ein aktueller thematischer Schwerpunkt, dem ich mich zuwende. Dem eigenen Anspruch, authentisch zu bleiben, und nur das zu schreiben, wonach es mich drängt, konnte ich bislang ausreichend folgen. Diese Vorgehensweise berücksichtigt auch die Erfahrung, dass ältere Menschen, zu denen ich zähle, daran erinnert werden, dass die Lebensuhr tickt. Umso wichtiger ist es für mich, auf ein Gleichgewicht von Muße und Arbeit zu achten. Bis zur Stunde ist dies einigermaßen gelungen. Ich führe nur das literarisch aus, was mir aus der Fülle der Optionen wichtig und realisierbar erscheint. Immer notwendiger wird es aber, einen Weg zu finden, um mit unerfüllbaren Wünschen freundlich umzugehen. Diese Erfahrung möchte ich mit Ihnen, liebe Leser, nachfolgend näher betrachten:

Ich stand in meiner Jugend und danach oft staunend unter dem Sternenhimmel, erlebte erschrocken manches Gewitter, beobachtete freudig erregt Sonnenaufgänge, Abendstimmungen und sprachlos glücklich, das Werden und Vergehen in der Natur. Mit immer größerer Dringlichkeit stellte sich mir dadurch angeregt, die Frage: »Warum gibt es das alles und nicht nichts«, die lange vor unserer Zeit bereits den Vorsokratiker Parmenides sehr beschäftigte. Ich habe Philosophen, Theologen, Naturwissenschaftler, Poeten und Künstlern, die auf ihre je eigene Weise über das Leben nachdachten, und sich mit den Lebensbedingungen und Bedürfnissen aller Lebewesen auf unserem Globus beschäftigen, viel zu verdanken. Das Anliegen, auch heute Brücken zu einander zu bauen, und das Gespräch über unser Dasein auf unserer Erde in einem nicht überschaubaren Weltall mit einander zu teilen, wurde unüberhörbar. Es geht mir dabei darum, mit anderen Gefährten all das Schöne dankbar zu erleben, zu erhalten und so zu verwalten, dassuch die nächsten Generationen durch uns keinen Schaden erleiden. Bei meinem Nachdenken über meinen und unseren Standort im dynamischen Prozess des Geschehens im Ganzen, erweiterte sich stets das Blickfeld. Der Umstand des Werdens und Vergehens, den ich mit allen Sinnen so weit als möglich zu erfassen suchte, eben die Tatsache, dass etwas da ist, und sich uns zeigt, ist mir von Kindheit an vertraut, als Daseinsraum in dem wir alle leben. Wahrscheinlich teile ich mit vielen andern Menschen auch die Schwierigkeit, uns gedanklich der alten Frage zu nähern, wer diese Lebensvielfalt erschaffen und am Leben erhält.

Diese von vielen Menschen gemiedene Frage, trieb mich immer wieder um. Ich wich ihr nicht aus und überlegte mir, in welcher Weise ich mich ausdrücken müsste, um die Ehrfurcht zu zeigen, die mich befällt, wenn ich mich dem „Unerklärlichen“ nähere. Dies umso mehr, als sich eine Vorstellung immer drängender entwickelte, dass dies „Fülle“ zwar empirisch nicht zu fassen, und dadurch undenkbar erscheint, aber nicht notwendig ein völlig leeres Nichts sein muss. Die aufkeimende Hoffnung, dass diese unser aller Leben ermöglichende und erhaltene Kraft wenigstens symbolisch angedeutet werden könnte, faszinierte mich. Gleichzeitig verlor das zuvor so bedrohliche Nichts ein wenig von seinem fatalistischen Schrecken, verdankt ihm doch, philosophisch betrachtet, alles sein Dasein. Dadurch näherte ich mich wieder neu ermutigt all dem, was mich zeitlebens auch im Glauben faszinierte; dass wie in der Genesis beschrieben, jegliches Leben auf unserem Globus und das Weltall von Gottes Gnaden erschaffen, und durch die Zeiten, als ein erfülltes Dasein am Leben erhalten wird. Nur eine vom Glauben erhellte Vernunft und ein vor der Vernunft bestehender Glaube, die sich nicht ausschließen müssen, können wie Papst Benedikt XVI immer wieder anmahnte, uns helfen, das große Geheimnis der Liebe zu aller Segen mit Gottes Hilfe wahren. Die Versöhnung von Glauben und Vernunft, und der Blick weg von mancherlei eigenen Vorstellungen, hin zu einem Leben in einem dynamischen Ganzen, war aber angesichts all dessen, was dieser Auffassung heute entgegensteht, manchmal ein leidvoller Prozess. Allein der von Gott geschenkte Glaube, und die davon getragene Kunst, Musik und Poesie scheinen, als unzureichende Medien in der Lage, die Distanz und Nähe zum Unsagbaren, in einer lebendigen von Liebe durchwalteten Gottesbeziehung zu überbrücken. Nun war der Weg frei, dies andeutungsweise in einem selbst gemalten Bild zu symbolisieren.

Lange hatte ich nicht mehr gemalt, aber nun musste es geschehen. Da mir die Idee zwar hilfreich, meine praktischen Fertigkeiten im Malen aber schlicht erschienen, war ich mit dem ersten Ergebnis nicht zufrieden. Denn es gelang mir nur sehr unvollständig, die Erhabenheit dessen zu symbolisieren, nach dem meine schöpferische Sehnsucht Ausschau hielt. Daher versuche ich Ihnen, liebe Leser, in dürftigen Worten zu zeigen, was ich malen würde, um die in einer Gottesbegegnung waltende Ehrfurcht auszudrücken: Mein Bild hätte einen sehr differenzierten Hintergrund in Blautönen, die das Unerklärliche nicht als Schrecken, sondern als Quelle unsäglicher Liebe darstellen sollte. Einer Liebe, die uns in heiliger Begegnung unfassbar erhaben und zugleich unendlich nahe anspricht, und zur Antwort befähigt. Wie Moses am brennenden Dornbusch würde uns der Herr, wenn wir Seinen heiligen Boden betreten, jeden Schrecken alle Not, ja selbst den Tod erträglich machen. Der dreifaltige, barmherzige und gute Gott, würde uns gern Seine Liebe schenken, damit die Herrschaft des Dreifaltigen und Allmächtigen sichtbar würde. Wie schön müsste das für die entsetzlich hungrige und durstige Seele sein, endlich bei Gott Zuhause zu sein. Können sie sich, liebe Leser, ein solches Himmelsblau als Untergrund meines Bildes vorstellen, das wahrlich kein Künstler auf der weiten Welt schön genug malen könnte. Und dieses Blau umrahmte einen freischwebenden, wunderschönen, mit Rubinen, Smaragden und einem schwarzen Onyx besetzten Kelch. Dieser Kelch, hätte keinen festen Grund. Er wäre einfach in seiner gottgegebenen Schönheit nur da als Symbol der Beziehung zu Gott und der ganzen Schöpfung. Dieser Kelch sollte die offenen Hände betender Menschen symbolisieren, die alles, was sie sind haben und erleiden vor Gott tragen, und mit und für andere Menschen teilen, die ohne es zu wissen der Liebe Gottes entbehren. Vom Kelch und der Hostie würden lichtvolle Strahlen ausgehen, die das Dunkel des Bilduntergrundes österlich durchdringen, sodass Himmel und Erde wie in einer großen Symphonie vereint wären.

Wenn ich mir schon wie ein Kind jede Grenze überschreitend, unerfüllbare Wünsche auszusprechen erlaube, dann müsste, was auch der begabtesten Maler nicht wirklich malen könnte, auch die erhabenste Musik aller Zeiten, jegliche Kunst und Wissenschaft, ja selbst der Chor aller Heiligen und Engel aufgeboten werden, um mein Bild nur in Nuancen komplettieren zu können. Das würde offen gestanden den Platz jeder Leinwand sprengen. Und dies alles würde nie genug sein, dem Dreifaltigen auch nur annähernd für seine Gaben zu huldigen. Wie tröstlich ist es für mich, alle Worte und Bilder als unangemessen zu erkennen, und im Glauben zu wissen, dass unser Vater im Himmel auf den guten Willen, und nicht nur auf unsere Werke schaut, und es Seinem Sohn überlassen hat, für uns und an unserer Stelle bei Gott Fürbitte zu leisten, und uns im Heiligen Geist beisteht, damit uns zu seinen Ehren immer wieder ein gutes Wort oder eine Tat gelingt.

Deo gratias

Geborgen in der Kirche
Geborgen im Glauben Hoffen und Lieben.

Nachtgebet

Ich suche DICH
an allen Orten
und greif DICH
nicht

Nur in Bildern
hinter Worten
erahne ich
DEIN Licht

Bleib DU Herr
Beim heiligen
Glockenklingen
im Frieden

Dieser Nacht
mein treuester
Freund der
für uns wacht

DEINER ewigen
Liebe Hut dankt
dieses Gebet
Gott DU bist gut

Abendstimmung
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