Tränen

Regentropfen
an den Scheiben
eine Träne rinnt

Träume durch
den Nebel treiben
mit dem Wind

Regentropfen
was wird bleiben
eine Träne rinnt

Tropfen an den Scheiben

 

 

 

 

 

 

 

Das verlorene Gesicht

Alles war in tiefes Dunkel gehüllt an diesem frühen Morgen. Das Dorf zog sich die Decke noch einmal kräftig über die Ohren und erwachte nur zögerlich. Er saß in seinem erleuchteten Arbeitszimmer. Der Kampf zwischen Dunkelheit und anbrechendem Tag weckte zusehends sein Interesse. Vor seinen Augen vollzog sich ein staunenswerter, fließender Übergang: Vor dunklem Hintergrund hoben sich die ersten schattige Umrisse der Tannen des Vorgartens ab. Die Konturen der umgebenden Häuser wagten sich nur zögernd aus den Schatten. Ein erleuchtetes Fenster da und dort, und hin und wieder Auto- und Zuggeräusche gaben zu erkennen, dass auch noch andere Menschen wach und unterwegs waren. Einige Straßenlaternen des nahe gelegenen Altersheims, ließen es sich nicht nehmen, weiter ihren Schein zu verbreiten. Unverdrossen brannten sie Löcher in die nach Wochen der Trockenheit diesige Luft. Wie getränkte Schwämme kündigten tief hängende Wolken Regen an. Die  im vollen Grün erwachten Bäume und Büsche rieben sich  schlaftrunken die Augen. Kein Windhauch bewegte Zweige und Blätter. Gen Osten hatte sich aber „die Alte“, wie seine Großmutter die Sonne nannte, bereits ein Fenster in die Wolkenbänke gebrannt. In zart rosa orangenem Ornat kündigte sie an, dass der Machtwechsel hinter den Wolken bereits vollzogen war. Nur wenige Minuten, und ihre Strahlen beherrschten bis zum Abend den Tageslauf. Die Laternen durften dann wieder ausruhen. Künstliches Licht war nicht mehr nötig. Gebannt verfolgte der Mann das immer mehr um sich greifende Licht der aufgehenden Sonne. Für einen Moment stellte er sich vor, der verstorbene Papst Johannes-Paul II, würde mit seinem Gefolge an dieses Wolkenfenster heran treten, um den Tag und die Bewohner des Erdkreises „urbi et orbi“ zu segnen. Er hätte sich bestimmt gefreut, wenn er ihn mit einem fröhlichen “gelobt sei Jesus Christus” gegrüßt, und er mit „in Ewigkeit Amen“ geantwortet hätte.

In diesem Augenblick erinnerte sich der Mann an seine  geliebte Großmutter, der er schon lange einen Platz unter den Seligen zudachte. Aber er konnte sie, obwohl er sich sehr anstrengte, auch an diesem Tag, nicht unter dem Gefolge des Papstes erkennen. Der Mann hatte schon das Alter überschritten, das Großmutter erreichte, als er sie nach ihrem Tode schmerzlich vermisste. Auch heute, zwischen Schlafen und Erwachen, erinnerte er sich wieder an sie und beschloss, endlich einmal zu erzählen, was er mit ihr zusammen erlebte: Als Kind teilte er das Schlafzimmer mit seiner Großmutter. Sein Bett befand sich neben dem Eingang in einer Ecke des Raumes. Die Großmutter schlief, nicht weit von ihm entfernt, an der Wand beim Fenster, das zur Straße führte. Das gemeinsame Zimmer war schlicht eingerichtet. Die Tage und Nächte standen unter Gottes Schutz. Dies deutete die Großmutter immer vor dem Einschlafen an, wenn sie ihren Enkel mit Weihwasser segnete. Ihren abgebeteten Rosenkranz, dem schon einige Perlen fehlten, hielt er allezeit hoch in Ehren. Er begleitete ihn bei allen Unternehmungen. Wie oft mochte die Großmutter, eine fromme Hotzenwälderin, diesen Rosenkranz für ihren Enkel gebetet haben. Zum Ende des Tages, betete er sich später selbst, an Stelle ihres Abendsegens, mit dem Rosenkranz in den Schlaf. Gelegentlich erinnerte sich der Mann an die Kindheit und an seine Großmutter: Sie war eine stattliche Frau und trug Hausschuhe, die mit Klammern geschlossen werden konnten. Mit einem dunklen, langen Halb-Rock, blau getönter halber Schürze, und einem, die Brust umschließenden dunklen Mieder bekleidet, glich sie Ammen, wie sie van Gogh malte. Ihre sorgsam nach hinten gekämmten Haare waren zu einem Zopf geflochten, den sie jeden Tag säuberlich zu einer Schnecke zusammensteckte. Sie verkörperte für ihren Enkel Liebe und Geborgenheit. Gütig, friedfertig und zufrieden, sorgte sie für die Familie. In den Mußestunden griffen ihre, von der Arbeit schrundigen Hände, zum Rosenkranz oder zur Heiligen Schrift. Ihr Enkel konnte sich aber nie erklären, welche Bedeutung ein mysteriöses Büchlein für sie hatte, das sie unter ihrem Mieder in einer Tuchtasche bei sich trug. Streng katholische Theologen würden sicher einige Zweifel an den Glaubensgrundlagen dieser Schrift angemeldet, und Einspruch erhoben haben. War sie doch, wenn auch nicht im streng katholischen Sinne, zu frommem Gebrauch bestimmt Ihr Ehemann, ein stolzer Schwarzwälder, der als Stipendiat die großherzogliche Schnitzler Schule in Furtwangen absolvierte, verkaufte die aus Holz gefertigten Kunstwerke im süddeutschen Raum und in der Schweiz. Er war politisch interessiert und nahm am öffentlichen Leben regen Anteil. In der wirtschaftlichen Flaute nach dem ersten Weltkrieg, fanden sich aber kaum Abnehmer für seine Kunst. Er war daher gezwungen, Gebrauchsgegenstände herzustellen und sprach dem Alkohol mehr zu, als ihm, und der Familie bekömmlich war. Sein Enkel bedauerte dies. Er hielt aber das Lebenswerk seines Großvaters hoch in Ehren. Dessen Kunstwerke waren in der Wohnung nicht zu übersehen. Tische, Stühle, Kommoden, Schränke und Bilder, hatte er kunstvoll von eigener Hand gefertigt. Nach seinem frühen Tod, tauschte aber die Mutter des Enkels, in den Hungerjahren nach dem zweiten Weltkrieg, schweren Herzens den Nachlass des Großvaters, und  dessen Werkzeuge, gegen Butter, Kartoffeln, Mehl und andere Lebensmittel ein. In manchen schweren Stunden seines Lebens, versuchte der Enkel sich an das Gesicht  der „Großmame“, so nannte er sie im badischen Dialekt, zu erinnern. Sie war ihm aus dem Blick geraten, denn andere Geschäfte nahmen ihn in Anspruch. Erst in späteren Lebensjahren, gab seine Seele nach und nach preis, was ihr wichtig war, jedoch zur Seite geschoben wurde. Heute, in der Frühe des Tages, beim Erwachen aus dem Schlaf, drängten die Erinnerungen an die Großmutter mächtig ins Wort. Nun war es ihm wichtig, zu erzählen, was in dem oft schweigenden Miteinander zwischen ihm und ihr geschah: Die beständige zugewandte Präsenz der Großmutter bewirkte, dass er sich von ihr wortlos wohlwollend geliebt und akzeptiert fühlte. Unter diesem Schutzmantel war es ihm möglich, ohne Angst, das bunte Leben um sich zu entdecken und zu erkunden. Es ging ja nach jedem Tag wieder zurück in den schützenden Hafen. Der Segen und das Weihwasser bewahrten den Enkel eben nicht nur im Dunkel der Nacht, sondern geleiteten ihn auch durch all seine kindlichen Abenteuer und Spiele. Dazwischen ertönte, sein drängender Ruf: „Großmame, Gutzischnitte!“ aus dem Hinterhof, wenn er hungrig war. Dann öffnete sich oben ein „Fenster“ und sie war da. Ihre kräftige Hand schnitt von einem runden Bauernbrot ein ordentliches Stück ab, belegte es mit Butter und Marmelade und gab es dem Knaben. So gestärkt ging er wieder hinaus ins „freundliche Leben“. Es fielen ihm mit der Zeit auch andere Erlebnisse mit der Großmutter ein, die nicht mehr in der Wortlosigkeit versinken sollten: Sie erlebten gemeinsam eine Kriegsweihnacht. Vorräte waren kaum vorhanden. Die Lebensmittel reichten nur für das Nötigste. Die Mutter und der jüngere Bruder waren zu Besuch bei Verwandten. Der Enkel und seine Großmutter befanden sich am Heiligen Abend in der Küche. Er war schon in dem Alter, um zu wissen, dass an diesem Tag Geschenke ausgeteilt würden. Sie aber besaßen nichts, rein gar nichts, nicht einmal  einen Weihnachtsbaum. Dennoch gab es für den Enkel keinen Anlass zu übermäßiger Trauer. Seine Großmutter war ja da. Sie saß auf einem Stuhl und las, wie so oft, in der Heiligen Schrift. Er spielte zu ihren Füßen, die sie auf einem Hocker gelagert hatte. Plötzlich ging die Türe auf: Ein älteres „Fräulein“ trat ein. Mit einem lieben Gruß vom Pfarrer, und dessen Segenswünschen zum Fest, händigt sie der Großmutter eine schön verpackte Flasche Wein, dem Enkel eine Spielmaus zum Aufziehen, und eine Tafel Schokolade aus. Diese Überraschung war wirklich gelungen: Nun gehörten auch sie zu den Beschenkten. Die Weihnachtsengel trugen bestimmt ihren Dank vor Gottes Thron. Vielleicht freute sich sogar  das „arme Kind in der Krippe“ ein wenig mit. Dem sorgsamen Josef und der Gottesmutter mit dem liebenden Herz entging die Freude der Beschenkten sicher nicht. Gehörte die Familie des Enkels doch zu einer St Josefs-Pfarrei, und insofern mit zur Heiligen Familie. Viele Jahre hielt der Enkel als Mann, beharrlich an der Vorstellung fest, dies sei sein schönstes Weihnachtsfest gewesen. Und es war nicht zu leugnen, dass auch auf andere reich ausgestattete Feste im Kreise seiner Familie, immer ein wenig Glanz aus alten Zeiten fiel. Die Großmutter, war einmal sehr krank. Der Enkel erkannte dies nur an den Vorbereitungen: Auf einen kleinen Tisch im gemeinsamen Schlafzimmer wurde ein Kreuz gestellt. Links und rechts davon brannten zwei Kerzen, die besondere Feierlichkeit ausstrahlten. Eine kleine weiße Decke wurde ausgelegt. Der Enkel war aufgeregt, denn der Pfarrer wurde zur Krankenkommunion erwartet. Es wollte nicht in den  kleinen Kopf hinein, dass nicht nur der verehrte Pfarrer, sondern der liebe Gott selbst, zu Besuch käme. Dem Enkel war schon damals klar, dass ihre Familie nicht zu den Reichen und Begüterten der Stadt gehörte. Umso ergreifender war es für ihn, sich vorzustellen, dass Gott selbst sich auch bei Armen wohl fühlen könnte. Damals fehlten ihm die Worte, um auszudrücken, was dieser Krankenbesuch des Pfarrers für ihn bedeutete. Schweigend erlebte er diese Feier, ein Fest der Liebe, wie ein Stück Himmel auf Erden mit. Als Knabe suchte der Enkel immer wieder Gelegenheiten, um seine Großmutter zu unterstützen. Er übernahm Einkäufe, zog den kleinen Leiterwagen mit Kohlen und Briketts nach Hause, begleitete sie zu den Ämtern, und füllte stolz die Formulare für sie aus. Er wurde immer sehr zornig, wenn Menschen sich „Alten“ gegenüber nicht ehrerbietig verhielten. Denn die Erwartung blieb in ihm immer lebendig, dass alle Menschen einmal gebrechlich, alt und hilfsbedürftig würden. Im Alter von zwölf Jahren zerriss aber der Schnitter Tod grausam, diesen bis dahin ungetrübten Kinderhimmel:

Es geschah an einem warmen Sommertag. Die Großmutter kam hinunter in den Hof, um beim Holz-Sägen behilflich zu sein. Plötzlich griff sie sich wortlos an die Brust. Es war ihr offensichtlich nicht wohl. Den Enkel ergriff sofort größte Unruhe und Sorge. Es durfte ihr ja nichts geschehen, denn sie war unendlich wichtig für ihn. Unter ihrem Schutz war er ein gern gesehener Gast bei allen Händlern und Handwerkern, ein wissensdurstiger, lebendiger Junge und Anführer seiner Freunde, denn er fühlte sich geliebt. Was konnte er jetzt noch für sie tun? Er reichte seiner Großmutter den Arm, um sie einige Stufen  hinauf  bis zum ersten Treppenabsatz zu stützen.  Ohne ein Wort zu reden brach sie plötzlich in die Knie. Der Enkel fing sie in seinen Armen auf, ohne zu wissen, dass sie im Sterben lag. Lediglich der entsesetzte Aufschrei seiner Mutter, die herbeigeeilt, angesichts der Toten wie Espenlaub vor ihr zitterte, ließ ihn erahnen, dass etwas Schreckliches geschehen war. Wie von Furien gepeitscht rannte er im Auftrag der Mutter durch die Stadt, damit der Hausarzt das Unheil wende. Als er mit dem Arzt zurückkam, lag sie still auf ihrem Bett. Der Enkel war von unsagbaren Ahnungen gepeinigt, als ob ihn nun niemand mehr liebend durchs Leben begleiten würde. Er konnte von da an keine Kränze oder Friedhofs-Bepflanzungen mehr riechen. Die Beerdigung lief wie im Nebel an ihm vorüber. Er mied den Friedhof und das Totenhaus, in dem Großmutter gelegen hatte, fürchtete und hasste von Tag an den Tod, der so lebenswichtige Bindungen gewaltsam zerstören konnte. Mit zwölf Jahren fühlte er sich von der sorglosen Kindheit getrennt, entsetzlich erwachsen und allein gelassen. Wie sollte das Leben für ihn weiter gehen? Großmutters Tod war damals einfach zu viel für den Knaben. Und was hätte sie ihm noch sagen können? Vielleicht, dass es für sie auch sehr bitter war, ihn unversorgt zurück zu lassen? Oder die Hoffnung auszudrücken, dass auch für ihren Enkel einmal die Zeit kommen würde, um sich ins Unabwendbare zu ergeben, Abschied zu nehmen, und mit lieben Worten das Schweigen beenden zu können? Vielleicht hätte sie ihrem Enkel noch gern dafür gedankt, dass er sie nicht nur sterbend in die Arme nahm, sondern auch im liebenden Gedenken aufgefangen habe. Es lebte sich ja auch im Himmel leichter mit einem guten Freund auf Erden. Sie stellte sich für ihren Enkel gern an ein Himmelsfenster, damit er ihr Gesicht ab und zu sehen könne. Nie würde er ohne Weihwasser und ihren Segen sein. Er solle wie sie den Rosenkranz beten, und sich von der Heiligen Schrift, und guten Menschen trösten lassen. Der Schnitter Tod habe sie zwar getrennt. Er habe aber keine Macht, all das was sie miteinander erleiden und erleben durften, zu zerstören. Damals traf den Enkel der Tod seiner Großmutter völlig unvorbereitet, und so überwältigend, dass er nur die Augen schließen und verstummen konnte. Jahrelang war es ihm unmöglich, sich an das Gesicht seiner Großmutter zu erinnern. Dieser Verlust hatte ihn lange Zeit unfähig gemacht, sich an die glücklichen Tage seiner Kindheit und an die schönen Erlebnisse vor deren Tod zu erinnern. Zu Zeiten war es ihm auch schwer gefallen zu glauben, dass die Liebe den Tod, wie die Sonne die Nacht, besiegen könnte. Es war nicht leicht für ihn, sich auf das eigene Altern und die zunehmenden Begegnungen mit dem Sensenmann einzulassen. Der erwachsene Mann verstand es aber mit den Jahren besser als der einstige Enkel, dass Abschied, Trennung und Tod unabwendbar zum Leben gehören.

Bei alten Menschen
geborgen

Nun war endlich ins Wort gefasst, in die Wahrheit gestellt, und für alle Freunde festgehalten, was im Grunde unzerstörbar ist. Jetzt konnte der Mann bei genauem Hinsehen, die Großmutter  neben dem Papst am „Himmelsfenster“ ab und zu wieder erkennen und allen, die es wissen wollten erzählen, welche schöne Kindheit er unter deren Obhut erleben durfte. Sie hatte nun wieder ein Gesicht. Ein wenig österlicher Friede überkam ihn auch bei dem Gedanken, dass er seiner Mutter Osterlieder sang, als sie die Krankenkommunion vor ihrem Tod empfing. So mag für uns alle gelten: Jesus Christus hat den Tod besiegt, ER das EWIGE WORT lebt, denn der Herr ist wahrhaft auferstanden. Er hat auch uns vom Tod befreit und zu neuem Leben auferweckt

Bei alten Menschen
geborgen

 

 

Dreifaltiger

Die Schleier lüften sich leicht, und geben dem nach Liebe dürstenden Herzen den Blick frei auf DICH, DU dreimal Heiliger Gott, und die Sehnsucht schwingt mit, bei Dir zu sein. DICH Abba, lieber Vater, von Anbeginn bis in alle Unendlichkeiten zu schauen und Deine herrliche Gegenwart zu ahnen und zu rühmen. Wie oft hat dieses unruhige Herz in den „Vater unser Bitten“ geglaubt, dass DU da bist, DU unser aller Vater. Aber jetzt erhebst DU für einen Augenblick  meine Seele zu Dir, Grund meiner Bestimmung. Stiller Jubel und Tränen der Freude fließen über. Nichts hindert mich mehr, DICH mit allen Sinnen zu loben und zu preisen; zu lauschen und zu hören, was Du mir zu sagen hast, Du sprechendes Geheimnis.

Ohne eigenen Verdienst nahst DU DICH mir, und ich darf durch DICH, mit DIR, und in DIR, dem Heiligen, glauben, hoffen, und lieben. Lieber Vater, Freude und Trauer meines Lebens schenke ich Dir, und mein Herz öffnet sich weit. Tausend mal tausend Mal habe ich DICH gesucht, die Hände nach Dir ausgestreckt, und nun bist DU, unermessliches Geschenk, unser aller Vater, auch bei mir. Nimm DU mich in die Arme und berge mich in DEINEN Schoß. Lege DEINE gütigen Hände auf DEIN Geschöpf und halte es fest.

Es ist wahr, was wir glauben, und wirklich, was wir erhoffen und ersehnen. DU bist die Liebe, die alles Geschaffene mit DIR verbindet. Nun sind Schleier gefallen. Daher lade ich die ganze Schöpfung und alle Engel des Himmels ein, mir zu helfen, DICH zu preisen. Wie gut, wie groß, wie heilig bist DU, EWIGER, GÜTIGER, BARMHERZIGER. DU Vater aller Väter: DEIN Wille geschehe in den Himmeln und auf Erden.

Und ich sehe im Geiste Deinen geliebten Sohn, Jesus Christus,  den Menschensohn zu Deiner Rechten. IHM gebührt wahrlich der Platz an Deiner Seite; IHM, unserem und meinem besten Freund. Wie unsagbar schön ist es, dass DU unser Meister und Herr nicht mehr leiden musst. Von Kindheit an bist Du Herr, als Sklave der Liebe, und Zeichen der Hoffnung und Treue, an meiner und unserer Seite gestanden. DU, ein Bruder der Entrechteten und Verfolgten, ein Freund der Demütigen, Leidenden, Armen, Liebenden; unser aller Lehrer und Heiland.

Meine Seele fließt über von DEINEN Worten wie ein Bach, der das dürre Land benetzt, damit die Saat Deiner Liebe unter uns Menschen aufgehen kann. An Deiner Hand und durch Deine Worte belehrt, bereit zu sein, das Brot und den Wein des, Glaubens, Hoffens und Liebens, miteinander reichlich zu teilen. Der DU unsere Fesseln löst, uns aus den Schlingen des Bösen befreist, und uns auf unserem Weg voran gehst durch Kreuz und Auferstehung, hin zu DEINEM und unserem Vater. Bitte Du, Heilige Gottesgebärerin, für uns bei Deinem Sohn um unser Heil, damit wir nicht verloren gehen, und den Eingebungen des Heiligen Geistes allezeit folgen.

Heiliger Geist, aufs Innigste mit dem Vater und dem Sohne vereint, erhebe unsere Seelen zu DIR, und gieße uns DEINE Gnaden in reicher Fülle ein, damit wir im Glauben bestärkt, in der Hoffnung fest, und in der Liebe treu bleiben. O Sanctus Spiritus, bleibe gnädig bei uns: DU Weisheit der Klugen, DU Trost der Bedrängten, Du Glück der Liebenden, DU Ratgeber der Suchenden, DU Kraft der Zeugen, DU Friede der Betenden. DU Wort in unserem Mund, DU Richtung unseres Hörens und Begreifens, DU Quelle allen Lebens. O Sanctus Spiritus, DU Erleuchtung unseres Geistes, DU Richtung unseres Glaubens, Hoffens und Liebens, gepriesen ja gepriesen, seist DU jetzt, allezeit und in Ewigkeit.

Amen

Im Namen des Vaters Sohnes und Heiligen Geistes

 

 

Betrachtung

Heute ist ein schöner Tag. Ich habe gerade versucht, ein wenig zu schlafen. Gestern bin ich spät, gegen ein Uhr zu Bett gegangen. Nach dem Erwachen, beschäftigte mich nur ein einziges Thema: Das »Geheimnis der göttlichen Dreifaltigkeit«. Ich konnte mich nicht von dem Drängen befreien, diesem Bedürfnis Raum zu geben. Gestern hatte ich noch in einem kleinen Büchlein geblättert, in dem darüber berichtet wird, wie sehr der heilige Ignatius  gerade dieses Geheimnis betrachtete.

Ich versuchte in einem Gedicht auszudrücken, was ich nicht erfassen konnte. Es wollte mir aber nicht so recht gelingen. Unsagbar hilflos, wie geblockt und gehemmt, fühlte ich mich, vom Wichtigsten, vom Geheimnis der Betrachtung des dreifaltigen Gottes, etwas zu erzählen. Auf der anderen Seite kenne ich aus meinem Leben viele Situationen, in denen ich ohne nach zu denken, spontan sehr glücklich war in einer tiefen Erfahrung, als ob Gott mir und ich IHM nahe sein könnte.

Da die Worte versagen, ich aber mitteilen möchte, wie groß und erhaben ich die heiligste Dreifaltigkeit erlebe, versuche ich die damit verbundene, überwältigende Sehnsucht und Liebe, weder in einem Bild, noch auf andere Weise, zu berühren. Ich trete vielmehr einige Schritte zurück, lasse Stille werden, verneige mich tief, damit sich –wenn Gott will-  ein Raum eröffne, in der Liebe der Liebe begegnen kann.

Dankgebet

 

 

 

 

Ein Beichtspiegel

In dritten Band meiner „Geschichten und Gedanken“, stieß ich trotz aller vorgängigen Bemühungen, auf einen Druckfehler: Die weitere Nachforschung ergab, dass auf einer Seite ein Satz mit einem Komma endete, sodass es dem Leser überlassen blieb, diesen unvollendeten Satz nach eigenem Gutdünken zu ergänzen. Genau dies bestätigte mir eine Leserin. Als Autor schätzte ich es immer sehr, wenn ich oder meine Leser, durch Texte zu eigenen Gedanken angeregt wurden. Die Reaktion dieser Leserin auf den Druckfehler meines Textes, führte mich dazu, Ihnen, liebe Leser, einige existenzielle Fragen vorzulegen, um es, wie bei einer Art Druckfehler oder Beichtspiegel, Ihrer Fantasie zu überlassen, diese Leerstellen selbst zu ergänzen. Beginnen wir nun das Fragespiel:

Zu seiner Zeit stellte der Vorsokratiker Parmenides, die bis zum heutigen Tag gültige Frage: „Warum gibt es etwas und nicht nichts?“ Könnte es sein dass Sie sich, liebe Leser, auch schon gelegentlich fragten, woher komme ich und wohin führt mein Weg im Ganzen, und warum gibt es all das Große und das Kleine, das mir lieb und teuer ist, und nicht nichts? Wie könnte heute Ihre Antwort aussehen? Oder gehören Sie etwa auch zu denen, die diese Frage einfach als unnötig zur Seite schieben?

Anselm von Canterbury unternahm es im Mittelalter uns durch seine philosophischen Einsichten, „dass es etwas gebe, über das hinaus nichts Größeres gedacht werden könne, das nicht nur im Verstand sei“, auf die existenzielle Bedingung unseres Daseins zu verweisen. Er benutzte sein Vermögen, denken zu können, um uns alle über die Grenzen des Denkbaren hinaus, auf das für uns wichtige „Bedenken“ des im Grunde Undenkbaren aufmerksam zu machen. Wir bewegen uns ja so stolz auf unsere Leistungen, und selbstsicher im Raum des kausal Begründbaren, als könnten wir auf diese Weise auch alles, was die Welt im Innersten zusammenhält erklären. Die Grenzen unseres Denkens, Handelns und Machens, werden uns aber immer wieder durch Ereignisse wie Tod, Kriege und Naturkatastrophen aufgezeigt. Welche Konsequenzen könnten sich für Sie, liebe Leser, aus diesem Sachverhalt ergeben?

Der von mir hochgeschätzte Religionsphilosoph Bernhard Welte, eröffnete in seinen phänomenologischen Betrachtungen unseres Daseins, oft die anstehende Untersuchung mit der Frage, „was ist das…..?“ Im Grunde genommen stieß er dabei immer wieder, wie in seinem Hauptwerke „Auf der Spur des Ewigen“ auf die Tatsache, dass sich alle Dinge dem Denken als widerständig erweisen, und nur durch eine freigebenden Annäherung, in ihrer Eigenständigkeit und Bedeutung im Ganzen erfahrbar werden. Welchen Stellenwert hat für Sie, liebe Leser, Ihre aufgeklärte Vernunft, im Vergleich mit den vielfältigen schöpferischen Prozessen der Lebenswirklichkeit?

Viel Freude beim Nachdenken und Ihrer persönlichen Antwort auf die angestoßenen Fragen!

Vergib usere Schuld wie auch wir vergeben unseren Schuldnern.
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