Es wird in unseren Tagen in der Kirche oft über einen Mangel an Berufungen geklagt: Gemeint sind in erster Linie die besonderen Berufungen zum Ordensmann, zur Klosterfrau, zum Priester oder Diakon. Die tieferen Ursachen dieses Zustandes werden in einem weit verbreiteten Glaubensverlust und einer der Kirche abgewandten Weltverliebtheit der Christen gesehen. Hier gelte es anzusetzen, um eine dringend nötige Glaubens- und Kirchenreform zu bewirken. Lassen wir uns bei diesen Fragen von dem schönen und inhaltsreichen Satz unseres Papstes Benedikt XVI., dass Gott die Liebe ist, „DEUS CARITAS EST“, leiten. Im ersten und zweiten Teil der Untersuchung werden wir uns mit Aspekten der Berufung zum Priester, Ordensmann oder Ordensfrau, und in einem demnächst folgenden dritten Teil, mit dem Apostolat der Laien und mit Anregungen zur Berufungspastoral von Laien befassen.
Berufung zum Priester Ordensmann oder Ordensfrau
Leider müssen wir davon ausgehen, dass die Katholische Kirche der Bundesrepublik, deren Missionare derzeit noch weltweit tätig sind, in unseren Tagen selbst der Mission bedarf. Derzeit profitieren wir, um unsere Seelsorge aufrecht zu erhalten, von Berufungen aus anderen Regionen der Weltkirche, in denen es noch genügend Priester gibt. Ob dieser Weg und das Konzept der Seelsorgeeinheiten auf Dauer dazu führen, den Glaubensverlust und Mangel an Priestern, Mönchen und Ordensfrauen aus zu gleichen, wird sich erweisen: Wenn heute Klöster ihre Pforten schließen, und Kirchen anderen Zwecken zugeführt werden, dann sind wir Gläubigen davon schmerzlich betroffen und fragen uns bestürzt nach den Ursachen. Es lässt uns ebenso wenig in Ruhe, wenn sich Christen in beachtlicher Zahl enttäuscht von der Kirche abwenden. Wir dürfen aber nicht einfach tatenlos bleiben, wenn sich unsere Reihen lichten und immer weniger Gläubige an unseren Gottesdiensten teilnehmen. Die schwindende Zahl von Katholiken, die dadurch geringeren Steuereinnahmen, bei gleichzeitig hohen Ausgaben für Personal und Einrichtungen, sind Realität. Dies führt notwendig zu Einsparungen und der Aufgabe, in allen pastoralen Bereichen Prioritäten zu setzen. Leider führten alle bisherigen Maßnahmen und strukturellen Veränderungen noch nicht dazu, dass genügend Priester und Mönche zum Dienst in der Seelsorge zur Verfügung stehen, um die Lücken zu schließen und die Weitergabe unseres Glaubens an die nächsten Generationen zu sichern. Erschwerend kommt hinzu, dass in unserer Gesellschaft antireligiöse Vor- und Werturteile Berufungen eher behindern: Unser Glaube wird gegenwärtig in der öffentlichen Meinung, wenn man von Berichten katholischer Journalisten und Nachrichten in den Medien über kirchliche Großereignisse absieht, als eher kraftlos und unbedeutend dargestellt. Auch der stetig schwindende Einfluss christlicher Vorstellungen in den politischen Diskussionen, sollte im Hinblick auf die öffentliche Meinungsbildung und die Berufungspastoral nicht unterschätzt werden. Was hat in dieser Situation zu geschehen?
Die Aufgabe, unseren Glauben mit Gottes Hilfe zu leben, und unverkürzt den nächsten Generationen zu vermitteln, bleibt unverzichtbar. Als Gläubige sind wir in Kooperation mit unserem Papst, den Bischöfen, Priestern, Diakonen und Pastoralreferenten berufen, unsere speziellen Gaben in den Dienst der Kirche für die Menschen einzubringen. In jeder Heiligen Messe werden wir von Gott im Glauben bestärkt und gesendet, um in unseren Seelsorgeeinheiten, in den Familien, im beruflichen Umfeld, in unseren politischen und gesellschaftlichen Kontakten, die frohe Botschaft der Erlösung durch Jesus Christus zu bezeugen. Papst Benedikt XVI., der uns vor einiger Zeit in Deutschland besuchte, hat in seinen Predigten eindringlich auf die notwendige Erneuerung im Glauben verwiesen und gezeigt, was es bedeutet, „Salz der Erde zu Sein“: Wir sollten uns im Blick auf ihn, mit aller Kraft und Treue, deren wir fähig sind, zur Kirche bekennen, und in die öffentlichen Debatten einmischen. Unser Zeugnis ist mehr denn je gefragt. Das Bewusstsein, dass unser Glaube und dessen Weitergabe nicht allein unser Werk, sondern vor allem ein Geschenk des Herrn ist, bewegt Papst und Bischöfe, wenn sie uns Gläubige immer wieder auffordern, Gott unablässig zu bitten, uns fromme und demütige Diener zur Arbeit in Seinem Weinberg zu schenken. Wir dürfen aber im Blick auf die lange Kirchengeschichte auch fest darauf vertrauen, dass Gott unsere Bitten erhört und für Sein Volk sorgt. Warum sollte der Heilige Geist, der die Angst der ersten Jünger in Glauben und Vertrauen wandelte, uns heute nicht beistehen? Könnte insofern unser Zittern, Zagen und die gelegentliche Resignation nicht eher Ausdruck eines mangelnden Vertrauens in das Erbarmen des dreifaltigen Gottes sein? Er, der Herr, kann doch viel besser als wir alle zusammen ermessen, wie nötig wir Christen bis zum Ende der Zeiten Seinen Beistand und Trost brauchen. Halten wir daher fest: Bei all unseren Bemühungen um Lösungen bei den anstehenden Aufgaben, sollten wir schädlichen Aktionismus und spaltende Alleingänge vermeiden, denn Gott wird uns allezeit das „Nötige“ gewähren. Wir haben demnach Gott gegenüber allen Grund, zu stetem Dank, Lobpreis und Vertrauen. Wie steht es aber um die vom Herrn angemahnte Versöhnung? Unterschiedliche Meinungen zu den anstehenden Fragen lagen und liegen in unserer Kirche bis heute gegen einander im Streit. Das ist nicht neu. Auch der Apostel Paulus musste mit Petrus ringen, um die Verkündigung des Evangeliums bis an die Grenzen der damaligen Welt zu sichern. So fand in teilweise heftigen Auseinandersetzungen, die römisch-katholisch- apostolische Kirche im Verlauf der Geschichte ihre heutige Gestalt. Dass auch in unserer Zeit um den wahren Glauben und um gute, verbindliche Lösungen der anstehenden Probleme gerungen wird, sollte uns daher nicht verwundern. Geht es doch darum, dass alles, was die Kirche, Klerus und Gläubige in der Nachfolge Jesu tun und beschließen, mit dem übereinstimmt, was der Herr lehrte. Was aber bedeutet das für den innerkirchlichen Dialog in der Sorge um Berufungen?
Vor dem Papstbesuch in Deutschland befanden sich Bischöfe in Rom, um mit dem Papst über den vom damaligen Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Zollitsch angeregten Dialog mit den Gläubigen zu sprechen. In welchem Umfang die vorgetragenen Anliegen zu Ergebnissen führen können, die mit den Regeln unserer Weltkirche kompatibel sind, bleibt vorerst offen. In der Berufungspastoral sind aber nicht nur Mängel zu beklagen: Die in unserem Land breit gefächerten staatlichen und kirchlichen Bildungseinrichtungen schufen die Voraussetzungen dafür, dass heute gut geschulte Diakone und Pastoralreferenten in kirchlichen Diensten stehen. Darüber hinaus gibt es viele fromme und gebildete Gläubige in allen Altersgruppen, die ihre spezifischen Fähigkeiten als Glaubende bei kirchlichen Aufgaben einsetzen. Wir erleben bei uns auch die Verbindung zur Weltkirche derzeit leitet ein Priester aus Nigeria unsere Seelsorgeeinheit, um die Lücke in der Seelsorge zu schließen. Über unsere offenen Kirchentüren vor Ort, und das von Protestanten und Katholiken getragene Glaubenszeugnis, dürfen wir uns besonders freuen: Denn es gibt sie schon, die in den letzten Jahren gegenseitig gewachsene Gastfreundschaft und vielfältige persönliche Kontakte. All das Gute, das uns in den Begegnung mit anderen Christen geschenkt wird, sollten wir in unseren Herzen erwägen, in Sinn und Geist bewahren und einander in Wort und Tat den Glauben bezeugen: Es gibt bei uns auch, wie in der frühen Kirche, engagierte Christen, Männer und Frauen aller Altersgruppen, die sich um den Altar versammeln und aus der Feier der Eucharistie Kraft schöpfen. Die Kirche derer, die nicht resignieren, Christen, die sich gegenseitig beistehen, ihre Gaben einbringen und ihren Glauben frohen Herzens in den Familien, in ihren Berufen und in der Gesellschaft bezeugen. Wir geben Gott, was Gottes ist und der Welt, was deren Wohl dient. Sollten wir im Dialog mit suchenden und fragenden Menschen nicht öfters auf die katholische Fülle verweisen? Ein Zeichen der Treue und Hoffnung! Legen wir dem Herrn aber auch ruhig all unsere Not, die brennende Sorge um die Einheit von Klerus und Gläubigen und die Bitte um das Geschenk frommer Mönche, Ordensfrauen, Priester und Gläubigen auf den Altar.