Ereignisse Klage Lobpreis

Einer indianischen Geschichte zufolge, muss der Mensch ab und zu innehalten, damit seine Seele nachkommen kann. In dicht gedrängter Folge, stellten sich mir Ereignisse in den Weg, für die ich erst heute Worte finde. Meine Frau wunderte sich schon darüber, dass sie meine eigene Betroffenheit, in Situationen, in denen ich zu handeln hatte, kaum bemerkte. Heute aber lege ich die nötige Pause ein, um in zeitlichem Abstand, dem Geschehen nachspürend, Klage, Hoffnung und Dank nochmals erleben und mitteilen zu können.

Meine Frau befand sich in Oberstdorf. An diesem Ort gemeinsamer Urlaube beabsichtigten wir uns zwei Wochen Erholung zu gönnen. Mein Rücken und die Matratze in der Ferienwohnung passten aber leider
nicht zusammen. Um meinen zuvor passablen körperlichen Zustand zu erhalten waren wir jedoch zur vorzeitigen Heimreise genötigt. Erst heute gelingt es mir eine Pause einzulegen, um meine Enttäuschung über den unerwarteten Abbruch unserer Ferien zu fühlen. und in Worte zu fassen. War es doch so schön, bei Sonnenschein wieder einmal die winterliche Landschaft zu genießen. Ab und zu hielten wir auf unserer Wanderung inne, erfreuten uns an den schneebedeckten Bergen, der weithin grüßende Kirchturmspitze, der nahe gelegenen Kapelle, um dann zusammen mit einem engagierten Priester in einer lebendigen Gemeinde im sonntäglichen Gottesdienst für diese Geschenke zu danken. Auch ein abgebrochener Urlaub kann noch bleibende Spuren hinterlassen. Wer sollte uns außerdem daran hindern, Oberstdorf wieder einmal zu besuchen, um dort so lange es uns das Bett erlaubt, Natur und Menschen im Wandel des Jahres zu erleben.

Mit der Zeit kamen aber in dichter Folge noch Ereignisse hinzu, die mir der Betroffenheit wegen so erscheinen, als ob sie irgendwie zusammen gehörten. Hinzu kommt, dass ich mir im Blick auf die enteilende Zeit sehr genau überlege, was ich noch aussprechen will. Ich gebe insofern gern zu, dass die hier vorgelegte Auswahl von Ereignisse und Gedanken der Realität geschuldet ist, dass ich zunehmend älter, dabei aber hoffentlich auch ein wenig weiser werde. Der Leser kann darauf vertrauen, dass ich in dichter Form nur das erzähle, was andere Menschen interessieren könnte.

Über drei Jahre habe ich den Kampf meines Bruders Peter mit Lungenkrebs bis zu seinem Tod miterlebt. Wenn es Heilige des Alltags geben sollte, dann gehörte er dazu. Wie Peter, ohne je über seinem Glauben zu reden, drei Jahre lang der Krankheit und dem Tod immer wieder ein wenig Hoffnung abtrotzte, bis er im Kreise seiner Familie sein Leiden und Leben beenden durfte, bleibt ein ermutigendes Zeichen. Schon kurz nach der Todesnachricht war ich in Begleitung meiner Frau bei unserer trauernden Verwandten. Mein Bruder lag angekleidet und leblos in eigenartiger Würde auf seinem Krankenbett. Mit bebendem Herzen rang ich nach Worten zum Gebet für Peter. Meine Stimme brach, als ich versuchte, uns zum Trost ein Osterlied zu singen. Ich empfahl Peter segnend der Barmherzigkeit Gottes. Als ich ihn zum letzten Mal beim Kreuzzeichen an der Stirn berührte, spürte ich noch einen Rest von Lebenswärme. Am Tage vor unserer Reise nach Oberstdorf erfolgte die Beisetzung der Urne. Wieder einmal stand ich traurig und erschüttert nun vor seiner letzten Ruhestätte. Ich fühlte mich aber in der Kraft dessen, der uns im Glauben und in der Hoffung auf eine ewige Wohnung bei Gott bestärkt, vor aller Augen und Ohren den Segen des allmächtigen Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes zu erteilen. Nach der Beerdigung saßen wir alle zunächst noch sehr betroffen bei einander. Wir Hinterbliebenen spürten aber durch den Tod meines Bruders die Verpflichtung, jetzt und künftig fest zusammen zu halten. Wir kamen nun auch miteinander ins Gespräch. Mein Cousin Volker berichtete von Erlebnissen seines Vaters des Jüngsten in der Familie. Unser gemeinsamer Großvater war Stadtbaumeister in Amberg/Oberpfalz. Seine Frau Anna gebar ihm zehn Kinder. Als er schon in jungen Jahren starb, musste unsere Großmutter vehement um eine Rente kämpfen. Armut stand daher Pate in der Familie. Sie habe nachts oft geweint und selbst gehungert, um ihre Kinder durchzubringen, und sie ausreichend ernähren zu können. Geblieben sind Erinnerungen und einige Photos. Bei einem Treffen nach dem Kriege, war ich auf Anhieb voll in meine bayrische Familie integriert. Wir saßen fröhlich beisammen, musizierten und sangen. Tante Betti jodelte aus voller Seele wie zu ihren besten Zeiten. Bei einem weiteren Fest trafen wir Verwandte uns noch einmal zusammen mit unseren Familien. Alle meine rechtschaffenen Tanten und Onkels sind inzwischen gestorben. Es liegt nun an uns wenigen Überlebenden, die Familientradition zu pflegen und unseren Kindern ans Herz zu legen. Inzwischen bin ich längst bei Menschen in Oppenweiler angekommen,lebe, handle und wirke hier als Glied einer großen Menschenfamilie, auf die ich nicht minder stolz bin. Wie viele Alltagsheilige gibt es in meinem Blickfeld, von denen die Medien heutzutage nichts berichten?

Vielleicht bin ich ein Sonderling, aber ich schaue eben lieber auf das stille und große Wirken der Menschen und decke deren Schwächen mit dem Mantel der Barmherzigkeit Gottes zu. Das führt mich zu einem nächsten Ereignis. Die St. Stephanus- Gemeinde in Oppenweiler, der ich angehöre ist für mich zum Zentrum des Gottesdienstes und der Öffnung auf die ganze Welt geworden. Wie sehr brauche ich den Dienst der treuen Priester und die Stärkung durch das Gebet der Gemeinde. Manchmal sind wir wenige Gläubige aber es gibt auch die Hochfeste, an denen unsere Kirche fast zu klein ist. Es gibt hier eine lebendige Ökumene, Gemeindefeste und die Prozession an Fronleichnam. Unsere Orgel schaffte es nach Auskunft unseres Pfarrers und des engagierten Organisten nicht mehr lange. Inzwischen sind aber alle Hindernisse überwunden und unser Organist und die Gemeinde freuen sich über eine neue Orgel. Dies führt mich zum nächsten bewegenden Ereignis.

Die Entscheidung von Papst Benedikt XVI nach reiflicher Prüfung seiner Kräfte von seinem Amt zurückzutreten, um es um es seinem Nachfolger zu überlassen, die Katholische Kirche zu führen, hat mich sehr berührt. Ich fragte mich was es für ihn und die Kirche bedeutete wie einst Luther und auch für mich schweren Herzens vor den Weihen, als meine Kräfte schwanden, zu entscheiden, nicht Priester zu werden. Was unserem Papst vor, während und nach seiner Entscheidung vorging, kann ich nur erahnen. In diesem Punkt war ich ihm, aber wie zuvor in seinem Amt, sehr nahe. Mein Gebet gilt nun seinem würdigen Nachfolger Papst Franziskus im Dienst für Gott und der Kirche. Im Blick auf das Heil und den Segen, der mir nach meiner Entscheidung bis heute erfahren durfte wage ich zu sagen, dass Gottes Wege in schwierigen Entscheidungen manchmal nicht unsere Wege sind.

Möge der Vater Sohn und Heilige Geist alle Menschen und Gläubigen leiten, demütig und vertrauensvoll Gottes Wegen zu folgen, und darauf zu hoffen,dass SEIN Heil und Segen uns auch bei schwierigen Entscheidungen, auf rechte Wege führt.

Franz Schwald
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