Abendgebet

Bevor des Tages Licht vergeht
hör Welterschaffer dies Gebet
der DU so milde und so gut
nimm gnädig uns in DEINE Hut

Gib dass kein böser Traum uns
weckt kein nächtlich Wahnbild
uns erschreckt die Macht des
Bösen dämme ein dass unser

Herz stets bleibe rein. Erhör
uns Vater der DU allezeit mit
DEINEM Sohn und Ebenbild
dem Geist regierst in Ewigkeit

Wir danken loben preisen
DICH für alles Gute gnädiglich
und sei im Dunkel dieser Nacht
das ewig Licht das uns bewacht

Abendlicht

Die Hotzen und ihr Bischof

Auf den weichen Polstern meiner Liege werde ich aufmerksam und hellhörig für alles, was in mir und um mich herum geschieht: Bäume und Büsche stehen in sattem Grün, dazwischen leuchten rote und weiße Rosen. Kinder eilen nach Hause zum Mittagstisch. Eine muntere Gesellschaft, deren Unterhaltung ich mit Vergnügen folge. Eine helle Stimme macht auf eine Entdeckung aufmerksam: Eine tote Maus, eine tote Maus und noch lauter, als die anderen nicht hören wollen: eine tote Maus! Stille. Offensichtlich sind die Kinder gerade dabei, die Maus näher zu untersuchen. Eine aufregende Sache! Für eine Weile überlasse ich mich den Kinderstimmen. Wie an einer Perlenkette aufgereiht, tauchen Bilder und Erinnerungen auf, die mich in die eigene Kindheit zurückführen: Zum Greifen nahe, steht der unter seinem tief gezogenen Dach Schutz bietende Bauernhof meiner Verwandten auf dem Hotzenwald vor mir. Leuchtende Blumen und üppiges Gemüse im Vorgarten kommen in den Blick. Ich vernehme, wie früher in der Sonntagsruhe, das beruhigende Gackern der Hühner, die den Hof zufrieden pickend umkreisen und ab und zu einen stolzen Hahnenschrei. Vor dem Haus steht, wie eh und je, der Brunnen, der Tag und Nacht mit beruhigendem Plätschern verbindet. Wir treten in das Berger-Haus, das nach langer Zeit, in meiner Fantasie ein wenig verändert wirkt. Gerade dadurch bewahrt es seinen ihm eigenen Charakter, den ich als zwölfjähriger Knabe schon intuitiv erfasste, heute aber, in zeitlichem Abstand, viel intensiver wahrnehmen kann. Ein herber Duft aus Stallungen, Scheune und Wirtschaftsräumen erfüllt das Gehöft. Bis in die Kleidung dringt dieser „Hotzen-Weihrauch“ ein, und kennzeichnet unverwechselbar die Herkunft der Bewohner.

Da ist sie wieder, die geräumige Bauernstube, hell und freundlich. Die Sonne scheint durch die gemütlichen Fenster mit den von der Bergemutter sorgsam gepflegten, rot leuchtenden Geranien. Im Herrgottswinkel steht der weiß gescheuerte Tisch mit einer Eckbank, und kräftigen Bauernstühlen. Das Kreuz, hinter dem Tisch erhöht, mit stets frischen Blumen versehen, schmückt den Raum. Durch die nordöstlichen Fenster kann man den Turm, und die Umrisse der kleinen Kapelle von Giersbach erkennen, deren Glocken zum Kirchgang laden, und mit hellem Klang Mittag und Abend ankündigen. Übers Eck, der Küche zu gelegen, steht eine dreistufige, aus dunkelgrünen Kacheln gebaute Kunst. Sie gibt in den langen, kalten Wintern, behagliche Wärme ab, und lädt zu Gesprächen ein. Zwei mit Geschirr prall gefüllte Kommoden, auf denen Photos der Angehörigen sorgfältig aufgebaut sind, ergänzen die Einrichtung. In Türnähe hängt die alte Wanduhr. Täglich vom Berger-Vater mit scharrendem Geräusch bedächtig aufgezogen, füllt ihr beruhigendes Ticken bis zum nächsten Stundenschlag den Raum. Wir befinden uns nun im kleinen Flur, in dem die possierlichen Katzen nach einem lockenden „Zi-Zi-Pus-Pus“ von der Berger-Mutter gefüttert werden. Die lehmgestampfte Küche mit dem niederen holzbeheizten Herd, dem Backofen, der zugleich die Kunst erwärmt, einem Bord für das einfache Geschirr, dem gescheuerten Küchentisch mit Stühlen, zur Westseite mit einem Spülstein und dem „Separator“, ausgestattet, ist das Reich der Hausfrau. Als Junge hatte ich eine Technik entwickelt, die es mir erlaubte, mich für die Arbeit am Separator gleich selbst zu entlohnen: Ich beugte mich hinter den von Hand zu bedienenden Separator und trank, direkt aus der Abflussleitung, den von der Magermilch geschiedenen Rahm, in genüsslichen Zügen. In dieser Küche fiel mir das besondere Verhalten der Schweine auf: Ich kam zur Erkenntnis, dass Schweine, entgegen der allgemeinen Erwartung, offensichtlich recht kluge Tiere sein müssten. Beim Ausmisten ihres Stalles wurden sie gewöhnlich in die Küche getrieben. Sie wehrten sich aber vehement, wenn der Metzger zur Vorbereitung der Hauschlachtung in der Küche hantierte, als ob sie ihr bevorstehendes Ende ahnten. Nun nähern wir uns, den an die Küche angrenzenden Stallungen mit den endlos wiederkäuenden Kühen, Ochsen, Rindern, Kälbchen. Sie werden von der angrenzenden Scheune aus mit Futter versorgt, und in der Stallung getränkt. Hier lernte ich die Tiere zu füttern, zu tränken, den Stall auszumisten, die Kühe zu melken und geschickt ihren dauer-wedelnden, oft feucht triefenden Schwänzen auszuweichen.

Mein besonderes Interesse galt dem südlich an die Stube, und das Schlafzimmer der Berger-Eltern angrenzenden Werk-Raum. Hier ließ sich alles finden, was ein Jungen-Herz interessierte: Werkzeuge, Maschinenteile, ein Dengelstock, die Werkbank und unzählige Ersatzteile. Ein Bastelparadies! Von da aus gelangen wir mit wenigen Schritten in die geräumige Scheune mit den diversen Wagen, dem Zaumzeug, den Mähmaschinen, Heuwendern, dem Heuaufzug und Häcksler. Hier riecht es nach frisch geschnittenem Gras, Heu, und Kartoffeln. Zwei Erlebnisse blieben besonders haften: Bei der Heuernte durfte ich einen Wagen laden. Das relativ langstielige Heu erlaubte es, den Wagen sehr breit zu auszuladen. Ich drückte nun die Gabel des Heuaufzuges beim Abladen kräftig in Längsrichtung des Wagens ein, in der Erwartung, eine besonders große Heumenge aufziehen zu können. Zu meinem großen Schrecken hob sich aber das Heu nicht, als ich den Aufzug bediente. Anstelle dessen knarrte es über mir im Gebälk verdächtig, und die Seilwinde zog das Deckengebälk in die Höhe. Was tun? Ich könnte versuchen das Heu wieder abzulassen. Und siehe da: Nicht das Heu, sondern das Gebälk über mir, auf dem die Seilwinde befestigt war, senkte sich zu meiner Beruhigung wieder in die Ausgangslage. Die zweite Geschichte handelt von einer zweirädrigen Mähmaschine, die wie ein Pflug geführt wird, und vorn mit einem breiten Messerbalken versehen ist. Gelegentlich wurde sie, um Treibstoff zu sparen, mit größeren Rädern ausgestattet. Ich legte beherzt den Gang ein, ließ wie bei kleineren Rädern die Kupplung los, doch oh Schreck! Die Maschine schoss mit doppelter Geschwindigkeit aus der Scheune, zog den überraschten Steuermann hinter sich her und kam an einem hölzernen Telefonmasten, in den sich die Zinken des Messerbalgens tief einbohrten, endlich zum Stillstand. Unter dem breit ausladenden Dach des Bauernhauses wird, Holz für die kalte Jahreszeit gespeichert. Auch Kaninchen finden darunter in ihren Ställen Platz. Neben dem Haus, befindet sich ein großer eingezäunter, von der Berger-Mutter gehegter, besonderer Gemüsegarten, eine „Bünte“, in dem auch Beerensträucher gezogen werden. Wie in einem Film, reihen sich in meiner Vorstellung die Bilder, aus der Zeit meines zweijährigen Aufenthaltes auf dem Hotzenwald im Wechsel der Jahreszeiten aneinander. Nur die Sonn- und Feiertage unterbrechen diesen Rhythmus. Am Morgen geht es mit den Hühnern aus den Federn. Die Glocke der Kappelle erinnert an die Mittagszeit und lässt mit hellem Ton den Tag in die Nachtruhe ausklingen. Dann übernimmt der Brunnen vor dem Haus die Aufgabe, den Jungen von damals in den Schlaf und die Träume zu wiegen.

Wir befinden uns in den Kriegsjahren 1942-44: Ein Sohn der Bergerfamilie war schon im Felde geblieben. Die Bergermutter versorgte mit Hingabe, die beiden anderen Söhne mit Feldpostbriefen und Päckchen. Mir blieb es vorbehalten, die des vorgeschriebenen Gewichtes wegen, an einander gereihten 100 Gramm Päckchen, zur Post nach Herrischried zu tragen. Die Bergermutter trauerte sehr, um ihren Ältesten, den Josef. Um den Verlauf des Kriegsgeschehens zu verfolgen, hörten wir oft verbotener Weise, den Schweizer-Radiosender Beromünster. Der Bergervater schulterte jeden Tag seine Krücke, oder den Besen, zog die Mütze auf, die ihn als Straßenwärter kenntlich machte, und zog stolz aus dem Haus, um seinen Dienst zu versehen. Die meisten Männer sind mitten im zweiten Weltkrieg im Feld. Frauen, Mütter alte Männer, und heranwachsende Jugendliche, füllen die entstandenen Lücken, und sorgen für das Nötigste. Auch mein Vater ist im Krieg. In der Stadt sind die Lebensmittel knapp, sodass ich nach dem Tod meiner Großmutter, das Angebot, bei meinen Verwandten auf dem Hotzenwald, für zwei Jahre auf dem Bauernhof zu wohnen, gerne annahm. Mit annähernd zwölf Jahren fühlte ich mich damals sehr erwachsen. Es war zwar traurig, die Mutter und den jüngeren Bruder Hans, in der Stadt zurückzulassen. Die Erwartungen und die Spannung auf das, was es in der neuen Umgebung zu entdecken gab, überwogen aber. Von Rheinfelden nach Säckingen mit dem Zug, war mir das Terrain, von gelegentlichen Kaffee-Besuchen mit der Mutter bekannt. Dort stieg ich dann mit kleinem Gepäck –meine Mutter hatte die nötigen Kleidungsstücke schon per Post zum Versand gebracht- in einen großen „gelben Postomnibus“. In immer neuen Kehren gewannen wir, den Eggberg hinauf rasch an Höhe, ließen die Rheinebene weit unter uns und näherten uns über Rickenbach der Endstation Hetzlemühle, kurz vor Herrischried. Dort stieg ich mit meinem kleinen Rucksack aus, um zu Fuß der Landstraße entlang nach Giersbach zu wandern. Weit und breit war kein Mensch zu sehen. So konnte ich es, mit nur wenig schlechtem Gewissen wagen, meine erste Zigarette zu rauchen. Aus unerfindlichen Gründen hatte ich zu Hause eine Packung „Eckstein“ ergattert, und Streichhölzer eingesteckt. In Erwartung des bevorstehenden „Genusses“, entnahm ich der Packung eine Zigarette, klopfte sie an einem Ende glatt, wie ich es bei Männern gesehen hatte, und zündete sie, mit nun dokumentierter Männlichkeit an. Gelegentlich stäubte ich die Asche bei leicht gestrecktem Arm seitlich ab, und genoss diese Geste in vollen Zügen. Nach einer halbstündigen, geruhsamen Wanderung, gab ein letztes kurzes Waldstück den Blick auf mein neues Domizil Giersbach mit der kleinen Kapelle am Ortseingang, und dem kurzen Wegstück links der Straße, das zum Berger-Haus führte, frei. Dort standen. direkt neben dem kleinen Brunnen vor dem Haus, meine Verwandten zum Empfang bereit: Die Bergermutter mit ihrem rotbackigen, freundlichen Gesicht, den weißen zu einem Zopf nach hinten gekämmten Haaren, der großen Schürze und ihren von der Arbeit etwas rauen Händen. Hinter ihr unter der Haustür, der untersetzte Bergervater, der etwas verlegen und nervös, an seinem bauschigen Schnurrbart zupfte. Daneben Alfons, der jüngste Sohn, der damals, bereits gemustert, sehnlichst auf seinen Stellungsbefehl wartete.

Mit aufmunternden Worten geleitete mich die Familie in die Stube, die nun für längere Zeit Ort gemeinsamer Mahlzeiten, und wichtige Begegnungsstätte mit den Verwandten, und deren Freunden werden sollte. Mir fielen die Photos des gefallenen Sohnes Josef, und des mittleren Sohnes Fridolin, in ihren schmucken Wehrmachtsuniformen auf. Ich bekam das Haus gezeigt, den Schlafraum der Berger-Eltern, neben der Stube, das Zimmer Fridolins neben dem Eingang und mein Schlafzimmer, das ich mit Alfons zusammen im Obergeschoß teilte. Alfons machte mich wohlwollend darauf aufmerksam, dass die dort neben den Speckseiten hängenden, kleinen Rauchwürste, ganz hervorragend schmeckten. Nach den ersten vielversprechenden Eindrücken, fiel ich am Abend unter dem monotonen Rauschen des Brunnens, in einen erquickenden Schlaf. Alfons wurde in allen Bereichen der Landwirtschaft, mein bestaunenswerter Lehrmeister, ansonsten nahm mich die Bergermutter liebevoll unter ihre Fittiche, so dass kaum Langeweile aufkommen konnte. Ich lernte rasch den Umgang mit dem Vieh im Stall, das immer, auch an Wochenenden, versorgt sein wollte. Die Wetterlage im Jahreskreislauf wies uns die Aufgaben zu, die ausgeführt werden mussten. Im Frühjahr und Herbst wurden die Felder gedüngt: Stolz thronte ich auf dem Jauchefass, und half den Mist auf den Feldern zu verteilen. Ich begleitete Alfons beim Pflügen, Eggen und Säen, lernte mit der Sense umzugehen, ging mit ihm zu den Waldarbeiten, half im Sommer und Herbst beim Mähen, bei der Heu- und Kartoffelernte, und beim Einholen der Frucht. Im Winter wurden Reparaturen am Haus vorgenommen, und Geräte instandgesetzt. Gelegentlich durfte ich den Bergervater begleiten, wenn Straßen in seinem Bereich ausgebessert, und geteert wurden. In strengen Wintern mussten Räumkommandos bei Tag und Nacht einen kleinen Weg durch meterhohe Schneewechten frei schaufeln. Es blieb aber
ausreichend Zeit, um sich in der Stube auf der Kunst zu wärmen, mit den Katzen zu spielen und den spannenden Geschichten der Bauern und Bäuerinnen zu lauschen, die oft zu Besuch kamen. Ohne es recht zu bemerken, wurde so aus einem Stadtkind, ein rechter Bauernjunge. Ich ging einen langen Weg von Giersbach nach Kleinherrischwand zur Schule, und war in einer gemischten Klasse mit Buben und Mädchen zusammen. Das Lernen viel nicht schwer, so dass ich mich gut zu behaupten verstand. Dies umso mehr, als wir als Lehrerin eine hübsche, freundliche Elsässerin hatten, in die ich mich jungenhaft verliebte.

Mit der fleißigen und frommen Bergermutter, war ich täglich zusammen. Sie erinnerte mich an meine Großmutter, die ich nach deren Tod oft schmerzlich vermisste. Sie hielt mich an, und ich ging gerne mit ihr zu den Gottesdiensten in die Kapelle in Giersbach. und in die Pfarrkirche nach Herrischried. Gelegentlich gab es im Berger-Haus eine “Notschlachtung“. Der Pfarrer wurde dann reichlich bedacht. Ein Stück Butter, frisches Fleisch und Geräuchertes. hatte ich im Pfarrhaus abzuliefern. Zu meiner größten Verwunderung besaß die Köchin auch mitten im Sommer noch Weihnachtsgebäck, um den Träger zu entlohnen. Ganz deutlich tritt nun die hagere, leicht nach vorn geneigte, große Gestalt, das von Falten zerfurchte Gesicht, mit dem energischen Kinn, den lebhaften, gütigen Augen, und dem leicht gewellten, schlohweißen Haar des Herrischrieder-Pfarrers aus dem Strom der Erinnerung hervor. Die Bauern nannten ihn liebevoll „ihren Hotzenbischof“. Stolz trug er seinen Römerkragen, unentwegt bemüht, seine weit zerstreute Gemeinde bei Wind und Wetter zu betreuen. Die Bergermutter führte das Familien-Privileg, den Geistlichen zu verköstigen, wenn er wöchentlich in der Kapelle Gottesdienst hielt, gern und getreulich fort. Sie war dabei immer ein wenig aufgeregt, richtete die Stube fein her, deckte den Tisch mit dem schönsten Geschirr und bediente den hohen Herrn mit besonderer Sorgfalt. DerBergervater zog sich indessen immer etwas verlegen zurück, um ein Zusammentreffen mit dem Pfarrer zu vermeiden. Mich wunderte es als Junge sehr, wie es kommen konnte, dass die Bergermutter, mitten im Krieg in der Lage war, Bohnenkaffee anzubieten, und weshalb es nötig sei, der guten Milch noch zusätzlich Sahne hinzu zu fügen. Jedes Jahr in der Fastenzeit war Patrozinium. An diesem Tag wurde eine Torte mit violettem Zuckerguss serviert. Pfarrer Rombach wusste sicher nichts davon, dass ich, während des Frühstücks der Herren, beim Melken im Stall fast verzweifelte bei der Vorstellung, dass der Pfarrer und ein zusätzlicher Vikar, mir nichts mehr von der Torte übrig lassen könnten. Ich bekam aber zu meinem Trost noch ein großes Stück ab.

Es war eine kleine, fromme Gemeinde, die sich zu den wöchentlichen Gottesdiensten, in der schlicht eingerichteten Kapelle einfand. Hier war ich, ganz dicht hinter dem Priester, dem heiligen Geschehen besonders nahe. Ich folgte den Gebeten und Handlungen mit großer Aufmerksamkeit, und sehe den Pfarrer in seinem römischen Messgewand vor mir wie er, andächtig ergriffen, seinen Rücken beugt, die Einsetzungsworte spricht, die konsekrierte Hostie zur Anbetung hochhält, die Kommunion austeilt, und uns den Segen spendet. Alles geschieht in beeindruckender Würde und Feierlichkeit, und die wenigen, kräftigen Stimmen, schenkten Geborgenheit, und füllten den Raum zum gemeinsamen Gotteslob. Auf Pfarrer Rombach konnten wir uns verlassen. Er kam bei jeder Witterung zu Fuß. In einem besonders strengen Winter, bei hohem Schnee und Nebel, gab es einmal eine große Aufregung, als er ausblieb. Einer rasch zusammen gestellten Rettungsmannschaft, gelang es schließlich ihn. zu unserer Freude wieder zu finden, und gesund nach Giersbach zu bringen. Pfarrer Rombach genoss wegen seiner seelsorglichen Pflichterfüllung, und den Kontakten zu dem ihm Anvertrauten, als fürsorglicher Vater und Freund, hohes Ansehen. Er ließ es sich nicht nehmen, soweit es seine Kräfte erlaubten, mit anzufassen, um der Berger-Familie bei der Heuernte zu helfen. Man fand ihn dort bei den Frauen, denen er half, das Heu mit dem Rechen zu Maden zusammen zu ziehen. In den Kriegsjahren war Pfarrer Rombach untersagt, in der Schule zu unterrichten. Wir trafen uns daher in einem, der Schule nahe gelegenen Bauernhaus. Er stand mit lebhaften Gesten in der einfachen Stube. Wir Buben und Mädchen scharten uns, dankbar und stolz, auf Wandbänken und Stühlen um ihn. Anschaulich, bildhaft, lebendig und einprägsam, erklärte er uns die Glaubensgeheimnisse, und erschloss uns die Schrift. Er bewirkte durch seine Standhaftigkeit, dass auch wir ermuntert wurden, unseren katholischen Glauben zu lieben, und in einer Zeit zu bekennen, in der die damaligen Machthaber dies nicht schätzten.

Gerade in den Kriegsjahren, scharten sich nicht nur die Gläubigen um ihren „Hotzenbischof“. Mutig leistete er in der Kraft seines Auftrags und Glaubens, den Nationalsozialisten entschiedenen Widerstand. In der Pfarrkirche donnerte er von der Kanzel: „Ich bin ein Soldat Gottes, und ich weiche nicht von der wahren Lehre ! “. Die Gestapo saß im Kirchenschiff und stenographierte seine Predigt mit, wagte aber nicht, ihn zu verhaften. Dies hätte einen Aufstand gegeben unter den Katholiken, denn Pfarrer Rombach, hatte einen großen Rückhalt in der ganzen Bevölkerung. Wie den Kindern, die zu Beginn dieser Geschichte, sehr aufgeregt waren, und dann verstummten, als sie mitten im Spiel eine tote Maus fanden, geht es auch mir, wenn ich mit dem Alter. immer mehr mit überraschenden Todesfällen konfrontiert werde. Gelegentlich halte ich das Sterbebild des „Hotzenbischofs“ stumm in meinen Händen, der nach einem treuen und erfüllten priesterlichen Leben. in einem violetten römischen Messgewand, in seinem Sarg liegt. Er hat seinen Frieden beim Herrn wahrlich verdient. Dem aufrechten und treuen Priester, Pfarrer Rombach, und meinen Verwandten, schulde ich schon länger eine Geschichte, in der lebendig werden sollte, was mich mit Ihm, dem Hotzenwald und den Menschen dort verbindet. Dieses Versprechen musste ich einlösen!

Auf den weichen Polstern meiner Liege werde ich aufmerksam und hellhörig für alles, was in mir und um mich herum geschieht: Bäume und Büsche stehen in sattem Grün, dazwischen leuchten rote und weiße Rosen. Kinder eilen nach Hause zum Mittagstisch. Eine muntere Gesellschaft, deren Unterhaltung ich mit Vergnügen folge. Eine helle Stimme macht auf eine Entdeckung aufmerksam: Eine tote Maus, eine tote Maus und noch lauter, als die anderen nicht hören wollen: eine tote Maus! Stille. Offensichtlich sind die Kinder gerade dabei, die Maus näher zu untersuchen. Eine aufregende Sache! Für eine Weile überlasse ich mich den Kinderstimmen. Wie an einer Perlenkette aufgereiht, tauchen Bilder und Erinnerungen auf, die mich in die eigene Kindheit zurückführen: Zum Greifen nahe, steht der unter seinem tief gezogenen Dach Schutz bietende Bauernhof meiner Verwandten auf dem Hotzenwald vor mir. Leuchtende Blumen und üppiges Gemüse im Vorgarten kommen in den Blick. Ich vernehme, wie früher in der Sonntagsruhe, das beruhigende Gackern der Hühner, die den Hof zufrieden pickend umkreisen und ab und zu einen stolzen Hahnenschrei. Vor dem Haus steht, wie eh und je, der Brunnen, der Tag und Nacht mit beruhigendem Plätschern verbindet. Wir treten in das Berger-Haus, das nach langer Zeit, in meiner Fantasie ein wenig verändert wirkt. Gerade dadurch bewahrt es seinen ihm eigenen Charakter, den ich als zwölfjähriger Knabe schon intuitiv erfasste, heute aber, in zeitlichem Abstand, viel intensiver wahrnehmen kann. Ein herber Duft aus Stallungen, Scheune und Wirtschaftsräumen erfüllt das Gehöft. Bis in die Kleidung dringt dieser „Hotzen-Weihrauch“ ein, und kennzeichnet unverwechselbar die Herkunft der Bewohner.

Da ist sie wieder, die geräumige Bauernstube, hell und freundlich. Die Sonne scheint durch die gemütlichen Fenster mit den von der Bergemutter sorgsam gepflegten, rot leuchtenden Geranien. Im Herrgottswinkel steht der weiß gescheuerte Tisch mit einer Eckbank, und kräftigen Bauernstühlen. Das Kreuz, hinter dem Tisch erhöht, mit stets frischen Blumen versehen, schmückt den Raum. Durch die nordöstlichen Fenster kann man den Turm, und die Umrisse der kleinen Kapelle von Giersbach erkennen, deren Glocken zum Kirchgang laden, und mit hellem Klang Mittag und Abend ankündigen. Übers Eck, der Küche zu gelegen, steht eine dreistufige, aus dunkelgrünen Kacheln gebaute Kunst. Sie gibt in den langen, kalten Wintern, behagliche Wärme ab, und lädt zu Gesprächen ein. Zwei mit Geschirr prall gefüllte Kommoden, auf denen Photos der Angehörigen sorgfältig aufgebaut sind, ergänzen die Einrichtung. In Türnähe hängt die alte Wanduhr. Täglich vom Berger-Vater mit scharrendem Geräusch bedächtig aufgezogen, füllt ihr beruhigendes Ticken bis zum nächsten Stundenschlag den Raum. Wir befinden uns nun im kleinen Flur, in dem die possierlichen Katzen nach einem lockenden „Zi-Zi-Pus-Pus“ von der Berger-Mutter gefüttert werden. Die lehmgestampfte Küche mit dem niederen holzbeheizten Herd, dem Backofen, der zugleich die Kunst erwärmt, einem Bord für das einfache Geschirr, dem gescheuerten Küchentisch mit Stühlen, zur Westseite mit einem Spülstein und dem „Separator“, ausgestattet, ist das Reich der Hausfrau. Als Junge hatte ich eine Technik entwickelt, die es mir erlaubte, mich für die Arbeit am Separator gleich selbst zu entlohnen: Ich beugte mich hinter den von Hand zu bedienenden Separator und trank, direkt aus der Abflussleitung, den von der Magermilch geschiedenen Rahm, in genüsslichen Zügen. In dieser Küche fiel mir das besondere Verhalten der Schweine auf: Ich kam zur Erkenntnis, dass Schweine, entgegen der allgemeinen Erwartung, offensichtlich recht kluge Tiere sein müssten. Beim Ausmisten ihres Stalles wurden sie gewöhnlich in die Küche getrieben. Sie wehrten sich aber vehement, wenn der Metzger zur Vorbereitung der Hauschlachtung in der Küche hantierte, als ob sie ihr bevorstehendes Ende ahnten. Nun nähern wir uns, den an die Küche angrenzenden Stallungen mit den endlos wiederkäuenden Kühen, Ochsen, Rindern, Kälbchen. Sie werden von der angrenzenden Scheune aus mit Futter versorgt, und in der Stallung getränkt. Hier lernte ich die Tiere zu füttern, zu tränken, den Stall auszumisten, die Kühe zu melken und geschickt ihren dauer-wedelnden, oft feucht triefenden Schwänzen auszuweichen.

Mein besonderes Interesse galt dem südlich an die Stube, und das Schlafzimmer der Berger-Eltern angrenzenden Werk-Raum. Hier ließ sich alles finden, was ein Jungen-Herz interessierte: Werkzeuge, Maschinenteile, ein Dengelstock, die Werkbank und unzählige Ersatzteile. Ein Bastelparadies! Von da aus gelangen wir mit wenigen Schritten in die geräumige Scheune mit den diversen Wagen, dem Zaumzeug, den Mähmaschinen, Heuwendern, dem Heuaufzug und Häcksler. Hier riecht es nach frisch geschnittenem Gras, Heu, und Kartoffeln. Zwei Erlebnisse blieben besonders haften: Bei der Heuernte durfte ich einen Wagen laden. Das relativ langstielige Heu erlaubte es, den Wagen sehr breit zu auszuladen. Ich drückte nun die Gabel des Heuaufzuges beim Abladen kräftig in Längsrichtung des Wagens ein, in der Erwartung, eine besonders große Heumenge aufziehen zu können. Zu meinem großen Schrecken hob sich aber das Heu nicht, als ich den Aufzug bediente. Anstelle dessen knarrte es über mir im Gebälk verdächtig, und die Seilwinde zog das Deckengebälk in die Höhe. Was tun? Ich könnte versuchen das Heu wieder abzulassen. Und siehe da: Nicht das Heu, sondern das Gebälk über mir, auf dem die Seilwinde befestigt war, senkte sich zu meiner Beruhigung wieder in die Ausgangslage. Die zweite Geschichte handelt von einer zweirädrigen Mähmaschine, die wie ein Pflug geführt wird, und vorn mit einem breiten Messerbalken versehen ist. Gelegentlich wurde sie, um Treibstoff zu sparen, mit größeren Rädern ausgestattet. Ich legte beherzt den Gang ein, ließ wie bei kleineren Rädern die Kupplung los, doch oh Schreck! Die Maschine schoss mit doppelter Geschwindigkeit aus der Scheune, zog den überraschten Steuermann hinter sich her und kam an einem hölzernen Telefonmasten, in den sich die Zinken des Messerbalgens tief einbohrten, endlich zum Stillstand. Unter dem breit ausladenden Dach des Bauernhauses wird, Holz für die kalte Jahreszeit gespeichert. Auch Kaninchen finden darunter in ihren Ställen Platz. Neben dem Haus, befindet sich ein großer eingezäunter, von der Berger-Mutter gehegter, besonderer Gemüsegarten, eine „Bünte“, in dem auch Beerensträucher gezogen werden. Wie in einem Film, reihen sich in meiner Vorstellung die Bilder, aus der Zeit meines zweijährigen Aufenthaltes auf dem Hotzenwald im Wechsel der Jahreszeiten aneinander. Nur die Sonn- und Feiertage unterbrechen diesen Rhythmus. Am Morgen geht es mit den Hühnern aus den Federn. Die Glocke der Kappelle erinnert an die Mittagszeit und lässt mit hellem Ton den Tag in die Nachtruhe ausklingen. Dann übernimmt der Brunnen vor dem Haus die Aufgabe, den Jungen von damals in den Schlaf und die Träume zu wiegen.

Wir befinden uns in den Kriegsjahren 1942-44: Ein Sohn der Bergerfamilie war schon im Felde geblieben. Die Bergermutter versorgte mit Hingabe, die beiden anderen Söhne mit Feldpostbriefen und Päckchen. Mir blieb es vorbehalten, die des vorgeschriebenen Gewichtes wegen, an einander gereihten 100 Gramm Päckchen, zur Post nach Herrischried zu tragen. Die Bergermutter trauerte sehr, um ihren Ältesten, den Josef. Um den Verlauf des Kriegsgeschehens zu verfolgen, hörten wir oft verbotener Weise, den Schweizer-Radiosender Beromünster. Der Bergervater schulterte jeden Tag seine Krücke, oder den Besen, zog die Mütze auf, die ihn als Straßenwärter kenntlich machte, und zog stolz aus dem Haus, um seinen Dienst zu versehen. Die meisten Männer sind mitten im zweiten Weltkrieg im Feld. Frauen, Mütter alte Männer, und heranwachsende Jugendliche, füllen die entstandenen Lücken, und sorgen für das Nötigste. Auch mein Vater ist im Krieg. In der Stadt sind die Lebensmittel knapp, sodass ich nach dem Tod meiner Großmutter, das Angebot, bei meinen Verwandten auf dem Hotzenwald, für zwei Jahre auf dem Bauernhof zu wohnen, gerne annahm. Mit annähernd zwölf Jahren fühlte ich mich damals sehr erwachsen. Es war zwar traurig, die Mutter und den jüngeren Bruder Hans, in der Stadt zurückzulassen. Die Erwartungen und die Spannung auf das, was es in der neuen Umgebung zu entdecken gab, überwogen aber. Von Rheinfelden nach Säckingen mit dem Zug, war mir das Terrain, von gelegentlichen Kaffee-Besuchen mit der Mutter bekannt. Dort stieg ich dann mit kleinem Gepäck –meine Mutter hatte die nötigen Kleidungsstücke schon per Post zum Versand gebracht- in einen großen „gelben Postomnibus“. In immer neuen Kehren gewannen wir, den Eggberg hinauf rasch an Höhe, ließen die Rheinebene weit unter uns und näherten uns über Rickenbach der Endstation Hetzlemühle, kurz vor Herrischried. Dort stieg ich mit meinem kleinen Rucksack aus, um zu Fuß der Landstraße entlang nach Giersbach zu wandern. Weit und breit war kein Mensch zu sehen. So konnte ich es, mit nur wenig schlechtem Gewissen wagen, meine erste Zigarette zu rauchen. Aus unerfindlichen Gründen hatte ich zu Hause eine Packung „Eckstein“ ergattert, und Streichhölzer eingesteckt. In Erwartung des bevorstehenden „Genusses“, entnahm ich der Packung eine Zigarette, klopfte sie an einem Ende glatt, wie ich es bei Männern gesehen hatte, und zündete sie, mit nun dokumentierter Männlichkeit an. Gelegentlich stäubte ich die Asche bei leicht gestrecktem Arm seitlich ab, und genoss diese Geste in vollen Zügen. Nach einer halbstündigen, geruhsamen Wanderung, gab ein letztes kurzes Waldstück den Blick auf mein neues Domizil Giersbach mit der kleinen Kapelle am Ortseingang, und dem kurzen Wegstück links der Straße, das zum Berger-Haus führte, frei. Dort standen. direkt neben dem kleinen Brunnen vor dem Haus, meine Verwandten zum Empfang bereit: Die Bergermutter mit ihrem rotbackigen, freundlichen Gesicht, den weißen zu einem Zopf nach hinten gekämmten Haaren, der großen Schürze und ihren von der Arbeit etwas rauen Händen. Hinter ihr unter der Haustür, der untersetzte Bergervater, der etwas verlegen und nervös, an seinem bauschigen Schnurrbart zupfte. Daneben Alfons, der jüngste Sohn, der damals, bereits gemustert, sehnlichst auf seinen Stellungsbefehl wartete.

Mit aufmunternden Worten geleitete mich die Familie in die Stube, die nun für längere Zeit Ort gemeinsamer Mahlzeiten, und wichtige Begegnungsstätte mit den Verwandten, und deren Freunden werden sollte. Mir fielen die Photos des gefallenen Sohnes Josef, und des mittleren Sohnes Fridolin, in ihren schmucken Wehrmachtsuniformen auf. Ich bekam das Haus gezeigt, den Schlafraum der Berger-Eltern, neben der Stube, das Zimmer Fridolins neben dem Eingang und mein Schlafzimmer, das ich mit Alfons zusammen im Obergeschoß teilte. Alfons machte mich wohlwollend darauf aufmerksam, dass die dort neben den Speckseiten hängenden, kleinen Rauchwürste, ganz hervorragend schmeckten. Nach den ersten vielversprechenden Eindrücken, fiel ich am Abend unter dem monotonen Rauschen des Brunnens, in einen erquickenden Schlaf. Alfons wurde in allen Bereichen der Landwirtschaft, mein bestaunenswerter Lehrmeister, ansonsten nahm mich die Bergermutter liebevoll unter ihre Fittiche, so dass kaum Langeweile aufkommen konnte. Ich lernte rasch den Umgang mit dem Vieh im Stall, das immer, auch an Wochenenden, versorgt sein wollte. Die Wetterlage im Jahreskreislauf wies uns die Aufgaben zu, die ausgeführt werden mussten. Im Frühjahr und Herbst wurden die Felder gedüngt: Stolz thronte ich auf dem Jauchefass, und half den Mist auf den Feldern zu verteilen. Ich begleitete Alfons beim Pflügen, Eggen und Säen, lernte mit der Sense umzugehen, ging mit ihm zu den Waldarbeiten, half im Sommer und Herbst beim Mähen, bei der Heu- und Kartoffelernte, und beim Einholen der Frucht. Im Winter wurden Reparaturen am Haus vorgenommen, und Geräte instandgesetzt. Gelegentlich durfte ich den Bergervater begleiten, wenn Straßen in seinem Bereich ausgebessert, und geteert wurden. In strengen Wintern mussten Räumkommandos bei Tag und Nacht einen kleinen Weg durch meterhohe Schneewechten frei schaufeln. Es blieb aber
ausreichend Zeit, um sich in der Stube auf der Kunst zu wärmen, mit den Katzen zu spielen und den spannenden Geschichten der Bauern und Bäuerinnen zu lauschen, die oft zu Besuch kamen. Ohne es recht zu bemerken, wurde so aus einem Stadtkind, ein rechter Bauernjunge. Ich ging einen langen Weg von Giersbach nach Kleinherrischwand zur Schule, und war in einer gemischten Klasse mit Buben und Mädchen zusammen. Das Lernen viel nicht schwer, so dass ich mich gut zu behaupten verstand. Dies umso mehr, als wir als Lehrerin eine hübsche, freundliche Elsässerin hatten, in die ich mich jungenhaft verliebte.

Mit der fleißigen und frommen Bergermutter, war ich täglich zusammen. Sie erinnerte mich an meine Großmutter, die ich nach deren Tod oft schmerzlich vermisste. Sie hielt mich an, und ich ging gerne mit ihr zu den Gottesdiensten in die Kapelle in Giersbach. und in die Pfarrkirche nach Herrischried. Gelegentlich gab es im Berger-Haus eine “Notschlachtung“. Der Pfarrer wurde dann reichlich bedacht. Ein Stück Butter, frisches Fleisch und Geräuchertes. hatte ich im Pfarrhaus abzuliefern. Zu meiner größten Verwunderung besaß die Köchin auch mitten im Sommer noch Weihnachtsgebäck, um den Träger zu entlohnen. Ganz deutlich tritt nun die hagere, leicht nach vorn geneigte, große Gestalt, das von Falten zerfurchte Gesicht, mit dem energischen Kinn, den lebhaften, gütigen Augen, und dem leicht gewellten, schlohweißen Haar des Herrischrieder-Pfarrers aus dem Strom der Erinnerung hervor. Die Bauern nannten ihn liebevoll „ihren Hotzenbischof“. Stolz trug er seinen Römerkragen, unentwegt bemüht, seine weit zerstreute Gemeinde bei Wind und Wetter zu betreuen. Die Bergermutter führte das Familien-Privileg, den Geistlichen zu verköstigen, wenn er wöchentlich in der Kapelle Gottesdienst hielt, gern und getreulich fort. Sie war dabei immer ein wenig aufgeregt, richtete die Stube fein her, deckte den Tisch mit dem schönsten Geschirr und bediente den hohen Herrn mit besonderer Sorgfalt. DerBergervater zog sich indessen immer etwas verlegen zurück, um ein Zusammentreffen mit dem Pfarrer zu vermeiden. Mich wunderte es als Junge sehr, wie es kommen konnte, dass die Bergermutter, mitten im Krieg in der Lage war, Bohnenkaffee anzubieten, und weshalb es nötig sei, der guten Milch noch zusätzlich Sahne hinzu zu fügen. Jedes Jahr in der Fastenzeit war Patrozinium. An diesem Tag wurde eine Torte mit violettem Zuckerguss serviert. Pfarrer Rombach wusste sicher nichts davon, dass ich, während des Frühstücks der Herren, beim Melken im Stall fast verzweifelte bei der Vorstellung, dass der Pfarrer und ein zusätzlicher Vikar, mir nichts mehr von der Torte übrig lassen könnten. Ich bekam aber zu meinem Trost noch ein großes Stück ab.

Es war eine kleine, fromme Gemeinde, die sich zu den wöchentlichen Gottesdiensten, in der schlicht eingerichteten Kapelle einfand. Hier war ich, ganz dicht hinter dem Priester, dem heiligen Geschehen besonders nahe. Ich folgte den Gebeten und Handlungen mit großer Aufmerksamkeit, und sehe den Pfarrer in seinem römischen Messgewand vor mir wie er, andächtig ergriffen, seinen Rücken beugt, die Einsetzungsworte spricht, die konsekrierte Hostie zur Anbetung hochhält, die Kommunion austeilt, und uns den Segen spendet. Alles geschieht in beeindruckender Würde und Feierlichkeit, und die wenigen, kräftigen Stimmen, schenkten Geborgenheit, und füllten den Raum zum gemeinsamen Gotteslob. Auf Pfarrer Rombach konnten wir uns verlassen. Er kam bei jeder Witterung zu Fuß. In einem besonders strengen Winter, bei hohem Schnee und Nebel, gab es einmal eine große Aufregung, als er ausblieb. Einer rasch zusammen gestellten Rettungsmannschaft, gelang es schließlich ihn. zu unserer Freude wieder zu finden, und gesund nach Giersbach zu bringen. Pfarrer Rombach genoss wegen seiner seelsorglichen Pflichterfüllung, und den Kontakten zu dem ihm Anvertrauten, als fürsorglicher Vater und Freund, hohes Ansehen. Er ließ es sich nicht nehmen, soweit es seine Kräfte erlaubten, mit anzufassen, um der Berger-Familie bei der Heuernte zu helfen. Man fand ihn dort bei den Frauen, denen er half, das Heu mit dem Rechen zu Maden zusammen zu ziehen. In den Kriegsjahren war Pfarrer Rombach untersagt, in der Schule zu unterrichten. Wir trafen uns daher in einem, der Schule nahe gelegenen Bauernhaus. Er stand mit lebhaften Gesten in der einfachen Stube. Wir Buben und Mädchen scharten uns, dankbar und stolz, auf Wandbänken und Stühlen um ihn. Anschaulich, bildhaft, lebendig und einprägsam, erklärte er uns die Glaubensgeheimnisse, und erschloss uns die Schrift. Er bewirkte durch seine Standhaftigkeit, dass auch wir ermuntert wurden, unseren katholischen Glauben zu lieben, und in einer Zeit zu bekennen, in der die damaligen Machthaber dies nicht schätzten.

Gerade in den Kriegsjahren, scharten sich nicht nur die Gläubigen um ihren „Hotzenbischof“. Mutig leistete er in der Kraft seines Auftrags und Glaubens, den Nationalsozialisten entschiedenen Widerstand. In der Pfarrkirche donnerte er von der Kanzel: „Ich bin ein Soldat Gottes, und ich weiche nicht von der wahren Lehre ! “. Die Gestapo saß im Kirchenschiff und stenographierte seine Predigt mit, wagte aber nicht, ihn zu verhaften. Dies hätte einen Aufstand gegeben unter den Katholiken, denn Pfarrer Rombach, hatte einen großen Rückhalt in der ganzen Bevölkerung. Wie den Kindern, die zu Beginn dieser Geschichte, sehr aufgeregt waren, und dann verstummten, als sie mitten im Spiel eine tote Maus fanden, geht es auch mir, wenn ich mit dem Alter. immer mehr mit überraschenden Todesfällen konfrontiert werde. Gelegentlich halte ich das Sterbebild des „Hotzenbischofs“ stumm in meinen Händen, der nach einem treuen und erfüllten priesterlichen Leben. in einem violetten römischen Messgewand, in seinem Sarg liegt. Er hat seinen Frieden beim Herrn wahrlich verdient. Dem aufrechten und treuen Priester, Pfarrer Rombach, und meinen Verwandten, schulde ich schon länger eine Geschichte, in der lebendig werden sollte, was mich mit Ihm, dem Hotzenwald und den Menschen dort verbindet. Dieses Versprechen musste ich einlösen!

Das Kreuz der Erlösung und Hoffnung

Mariengebet

Unter Deinen Schutz und Schirm
fliehen wir o heilige Gottesgebärerin.
Verschmähe nicht unser Gebet in
unseren Nöten, sondern erlöse uns
jederzeit von allen Gefahren, o Du
glorreiche und gebenedeite Jungfrau.
Unsere Frau unsere Mittlerin, unsere
Fürsprecherin. Versöhne uns mit
Deinem Sohne, empfiehl uns Deinem
Sohne, stelle uns vor Deinem Sohne
Amen

Maria mit dem Kinde lieb uns allen Deinen Segen gib.

Über die Wahrheit

Vom Heiligen Thomas stammt der Wahrheitsbegriff: „ veritas est adaequatio intellectus ad rem“ – Wahrheit ist Anpassung der Erkenntnis an die Sache. Manchmal braucht es seine Zeit, bis sich der Kern einer solchen theologischen Aussage wieder so aus dem verdunkelnden Meinungsstreit herausschält, dass er sich dem wachen Bewusstsein der Gläubigen neu zu erschließen vermag. So ging es auch mir. Längere Zeit legte auch ich, dem modernen Verständnis folgend, die philosophisch und theologisch begründete Aussage des Heiligen Thomas, dass „Wahrheit eine Anpassung des Erkennens an die Sache“ sei, als überflüssig zur Seite. Die alte Pilatusfrage aber, „was ist Wahrheit“ behauptete sich hartnäckig und ließ sich nicht so leicht entsorgen. Sie tauchte aus der Dunkelheit der Verdrängung immer wieder auf.

Seit meiner Pensionierung vor Jahren, und dem dadurch gewonnenen Freiraum, bin ich Erfahrungen auf der Spur, die mir zunehmend gestatten, mein eigenes Fühlen, Denken und Urteilen zu gebrauchen, um der drängenden Suche nach Wahrheit, Weg und Leben folgend, auch philosophisch-theologische Aussagen auf ihre Tauglichkeit für uns heute zu prüfen. Dadurch kam es zu einer Veränderung meines Verhaltens, und der Einstellung zur Welt im Ganzen, die mich immer mehr ins Staunen versetzte. Ich erlebte mich in diesem Prozess zunehmend wie ein Geführter, der sich einer notwendigen Aufgabe nicht mehr entziehen durfte. Die Realität von Gut und Böse, Krieg und Frieden, Schuld und Sühne, Leben und Tod, die Sorge um die ökologischen, kulturellen und religiösen Daseinbedingungen der Menschen, verlangten meine Antwort. Der entscheidenden Frage, warum es mich und alles Seiende gibt, und der Erkenntnis, dass es in mir eine empirisch nicht zu erklärende Liebe zur Einheit und Vielfalt aller Phänomene im Mikro- und Makrokosmos gibt, konnte ich nicht mehr ausweichen. Diese Frage führte mich wieder in die Nähe der Erkenntnis des Heiligen Thomas, der die Meinung vertrat, dass Wahrheit sich in einem Prozess der Anpassung von Erkenntnis an die Sache, an das schon Da-Seiende ereignet. Es mag unseren Hochmut, selbst alles machen zu können zwar kränken, kann uns aber auch entlasten, wenn die widerständigen Dinge sich letztlich unserem erkennenden Zugriff in gewisser Weise entziehen. Wir erschaffen sie ja nicht auch wenn wir durchaus in der Lage sind, bereits Vorhandenes umzugestalten. Dem liebenden Blick gläubiger Erkenntnis erschließt sich aber darüber hinaus, in allen Dingen eine ihnen eignende Überfülle, die auf einen Schöpfer verweist. Nun wurde mir immer klarer, warum ich mein und aller Leben, die Einheit und Vielfalt, Gott und die Welt unbedingt liebe. Ich bemerkte in der Folge, wie sehr diese Erkenntnis mit meinen innersten Bedürfnissen übereinstimmte, und mich zu einem lebendigeren Bezug zu Menschen und Dingen führte. Pascal verweist in ähnlichem Zusammenhang sinngemäß darauf, dass unser Herz, die personale Mitte unserer selbst, seine eigenen Gründe hat. Vernunft Glauben und Liebe müssen daher keine unversöhnlichen Gegensätze sein. Sie können als treibende und steuernde Kraft, der in uns wirkenden und gestaltenden Gottebenbildlichkeit verstanden werden. Wohl den Menschen, die in Frieden mit sich, der Welt und allen Geschaffenen im Hause Gottes wohnen dürfen.

Mein Staunen über all diese Dinge, führte mich erneut zu den erhellenden Worten des Heiligen Thomas „veritas est adaequatio intellectus ad rem“. Ich erkannte aber nun die zeitlos wahre Botschaft, die sie enthalten. Ebenso klar wurde mir, dass wir die Dinge in ihrer Eigenart und Überfülle nur erkennen und lieben können, weil Gott der die Liebe ist, mit uns und durch uns liebt. Welch ein großes Wunder. Wer es fassen kann, der fasse es! Wie ein Paukenschlag zur Eröffnung der Symphonie des Himmels, berührt uns die Nähe Gottes, Seine Gegenwart, „die Fleischwerdung des Wortes“ in all Seinen Werken. Die ewige Wahrheit, die wir suchen, ist eben auch in den einfachsten Dingen der Welt verborgen. Glücklich der Mensch, dem diese Handschrift Gottes aufgeht. Gleichzeitig trat aber auch eine andere Erfahrung aus der Dunkelheit menschlicher Not, Angst und Zweifelns ins tröstliche Licht. Etwas noch viel Erhabeneres, nämlich die erschütternde Begegnung mit Gott selbst, dem DREIFALTIGEN, dem BARMHERZIGEN dem DEUS SEMPER MAIOR, dem immer GRÖSSEREN, der durch nichts zu beseitigen ist, dem VATER, der uns in Seinen offenen Armen bergen will. Alles in uns drängt nach IHM, das ist auch Teil der Wahrheit unseres Lebens. Es gibt demnach auch eine Annäherung menschlichen Erkennens an den Gott in uns, um uns und über uns, eine „adaequatio hominis ad deum“. Im Menschensohn, im wehrlosen Kind in der Krippe, wirbt ER, der Herr, um unsere Liebe. Die in uns allezeit begleitende Sehnsucht nach Glück und Frieden soll sich immer wieder neu erfüllen. Der Aussage des Heiligen Thomas füge ich daher beglückt hinzu: “veritas est adaequatio intellectus et sensus ad deum“. Die Wahrheit ist Anpassung des Erkennens und Fühlens an Gottes Gegenwart. Herr, von dem alles Gute kommt, verwandle das was wir sind und haben in eine Gabe. Lasse DU, dem wir immer schon gehören, nicht zu, dass wir Dich je verfehlen. Deine Worte mögen so in uns Fleisch werden, dass wir Menschen nicht all zu sehr erschrecken, wenn wir miteinander darüber reden.

Geborgen in der Kirche
Geborgen im Glauben Hoffen und Lieben.

Besuch aus Amerika

Wir erwarteten Besuch aus Amerika. Heute trafen Margit, eine Kusine meiner Frau, und Anabel, deren Freundin, bei uns ein. Sie hatten, von Hamburg kommend, nach einem Aufenthalt bei uns, eine ausgedehnte Reise geplant. Nürnberg, Salzburg, und vor dem Rückflug Karlsruhe, mit einem Besuch bei Verwandten, standen auf ihrer Wunschliste. Nach einer ersten ganztägigen Ausfahrt zum geschichtsträchtigen Tübingen, beschlossen unsere Gäste jedoch, wie die berühmten „Ameisen“, die auf eine Weiterreise nach Australien verzichteten, weil ihnen schon auf Basels Chaussee die Beine weh taten, Nürnberg und Salzburg nicht zu besuchen.

Das gegenseitige Vertrauen stellte sich sofort wieder ein, als Margit unser Wohnzimmer betrat, und uns herzlich lachend in die Arme schloss. Sie ist eine lebenserfahrene, kluge und resolute Frau, die in jeder Situation hellwach versteht, das jeweils Nötige anzupacken und in die Tat umzusetzen. Seit ihrem letzten Besuch vor Jahren, hatte sie sich kaum verändert. Im Alter von acht Jahren musste sie einst ihr geliebtes Deutschland verlassen, als ihre Familie nach Kanada auswanderte. Seither lebte sie, mit ihrem Mann und der Familie in Amerika und Mexiko. Ihre Freundin und Reisebegleiterin Anabel, eine etwas jüngere, sportlich-attraktive und gebildete Frau, sprach leider nur englisch. Durch ihre lebhafte Mimik, Gestik, sympathische Art und Margits Deutschkenntnisse, konnte auch ich der Unterhaltung leicht folgen. Seit ihrem Studium in Mexiko schätzte Anabel die deutsche Kultur und unser Land sehr und hoffte, den Spuren der ihr bekannten Dichter und Philosophen zu begegnen. Unser Angebot, einige Tage bei uns zu bleiben, um näher gelegene Orte zu erkunden, nahmen Margit und Anabel gern an.

Von unserem, am Tor zum Schwäbischen Wald an der Murr gelegenen Oppenweiler, mit seinem idyllischen Wasserschloss und der weit ins Land grüßenden Burg Reichenberg aus, besuchten wir mit unseren Gästen Sehenswürdigkeiten in der Umgebung: Margit wurde nicht müde, die für sie kostbaren Tage bei uns in sich aufzunehmen, und ihrer Freundin mit glänzenden Augen von Menschen, Brauchtum und der Geschichte ihrer Heimat zu erzählen. Nach einem ersten Spaziergang über den belebten Wochenmarkt in Backnang, schwärmten unsere Gäste von den schmucken Fachwerkhäusern der Innenstadt. Anderntags kehrten sie begeistert von Ludwigsburg zurück. Eine Führung durch das Schloss mit der Gartenanlage, und der geschäftige Markt, hatten sie sehr beeindruckt. Margit und Anabel ließen es sich nicht nehme, uns mit kleinen Geschenken aus Ludwigsburger Porzellan zu überraschen. Die letzte Reise führte unsere Gäste nach Schwäbisch-Hall. Die am Kocher gelegene mittelalterliche Stadt, mit der zur Kirche führenden Freitreppe, dem Museum, vielen Fachwerkhäusern, und die nahe gelegene, gut erhaltene Comburg, zeigten sich an diesem Tag von ihrer schönsten Seite. Bei unseren Gesprächen während und nach den Ausfahrten, gelang es immer mehr, gelegentliche Sprachbarrieren zu überbrücken, um auf die Interessen unserer Gäste eingehen zu können. Nach der zweiten Übernachtung, kam es beim üppigen Frühstück zu einem Gespräch, an dem ich Sie, liebe Leser, in der Hoffnung auf Ihr Interesse beteiligen möchte:
Margit berichtete soeben freudestrahlend, dass Anabel schon einige Worte in deutscher Sprache beherrsche. Sie erinnerte sich, dass ihre Freundin in der vergangenen Nacht im Traum deutsch gesprochen habe. Als ich bei dieser Erzählung in die zufriedene Miene und strahlenden Augen Anabels blickte, spürte auch ich den Wunsch, Ihr in englischer Sprache zu antworten. Nachdem sie meine ersten, zaghaft verwendeten englischen Worte, mit einem zustimmenden Lächeln bestätigte, war der Bann gebrochen. Es fielen mir nun wie aus heiterem Himmel einige englische Worte und Sätze ein, sodass ich Lust verspürte, mich weiter auf ein Sprachspiel unbekannten Ausgangs, mit ihr einzulassen. Meine Frau, wie so oft sensibel für die Situation, half mir mit der Bemerkung, „ich solle am Tisch bleiben, während sie jetzt für einige Minuten mit Margit in der Küche hantiere“, mein letztes Zögern zu überwinden, und ich dachte zugleich: „Wenn es Anabel gelang, im Traum in deutscher Sprache zu reden, warum sollte es mir dann nicht auch gelingen, ihr in Englisch zu antworten, zumal ich auch ihr Interesse an meiner Einstellung zum Leben bemerkte. Der Gedanke, dass es bei Lebensfragen zum Verständnis nur weniger Worte und einfacher Sätze bedurfte, ermutigt mich. Noch hielt ich mich aber ein wenig zurück und beobachtete, was sich zwischen mir und Anabel entwickelte. Während Margit und meine Frau den Tisch abräumten und die heutige Ausfahrt in der Küche vorbereiteten, lockte mich Anabel immer mehr in einen intensiven Dialog. Ihr Lächeln, das Mienenspiel und ihre Worte waren so einladend, dass ich mich darauf einließ, mit ihr über meine Einstellung zum Leben und zur Religion zu reden. Auf einmal fielen mir die zur Verständigung nötigen wenigen englischen Worte wie durch Zauberhand ein.In einem mich selbst überraschenden, neuen und zunehmend gelingenden Sprachspiel, konnte ich lernen, Grenzen zu überwinden, und mich mit Anabel in Englisch zu verständigen. Es blieb jedoch dahingestellt, ob meine Sprache in jeder Hinsicht korrekt war. Aber zu entdecken, dass in diesem intensiven Dialog Sprachbarrieren sich aufhoben, war für mich derart verblüffend, dass ich mich umgehend daran machte, diese Geschichte aufzuschreiben. Ein Wunder im Alltag war geschehen: Isabel hatte im Traum in deutscher Sprache geredet und mir fielen im Gespräch die englischen Worte ein, die zu unserer Verständigung nötig waren.

Nach einer kleinen Pause, Margit und meine Frau beteiligten sich wieder am Gespräch, sagte Anabel: „Ich erinnere mich nicht nur an den Traum der vergangenen Nacht, sondern auch an gelegentliche Gefühle beim Erwachen, die sich auf den folgenden Tag angenehm oder unangenehm auswirkten.“ „Wer kennt es nicht von sich selbst, ab und zu wie mit einem falschen Bein aufzustehen“, dachte ich. Nun geneigt, mich auf diese Frage einzulassen, sagte ich: „Stimmungen, die uns begleiten, können als Signale über unser eigenes Befinden und die Beziehung zur Umwelt verstanden werden“. Es müsste aber geprüft werden, was sie in der jeweiligen Situation für uns bedeuteten. Dabei sei es wichtig, unsere eigenen Erwartungen und Fantasien mit der Realität abzustimmen. Besonders schwierig könnte es jedoch sein, wenn es sich um wiederholt auftretende innere oder äußere Barrieren handelte, die es erschwerten Grenzen zu akzeptieren oder zu überwinden.

Im nun folgenden Gespräch mit Margit und Anabel, sprachen wir über unsere inneren und äußeren Barrieren im Prozess des Alterns, manchmal Erwartungen korrigieren, oder Hilfen im Alltag annehmen zu müssen. Ich verwies in diesem Zusammenhang auf Johann Sebastian Bach, dem es gelang Grenzen zu überwinden, sowie bis kurz vor dem Tod, seine schöpferische Kraft zu entfalten, und sagte: „Wir sind als Menschen oft gefordert und potenziell dazu in der Lage, in einer Grenzsituation wie Johann Sebastian Bach, bis ins hohe Alter, auf die Herausforderungen des Lebens schöpferisch-kreativ zu reagieren“. Unser Gespräch nahm damit einen unerwarteten Verlauf. Mit Begeisterung redeten wir noch miteinander darüber, dass die uns umgebende Natur eigenen Gesetzen folge, und die Tiere nur über ein begrenztes Erinnerungsvermögen verfügten. Wir Menschen hätten hingegen von Geburt an, im Austausch mit der Umwelt, ein Wissen um uns selbst, ein Geschichtsbewusstsein und Gewissen zur Beurteilung unseres Lebens und Handelns im Ganzen entwickelt. An dieser Stelle beendeten wir den reichen Gedankenaustausch mit unseren Gästen, denn es war höchste Zeit zur nächsten Ausfahrt. Ich war aber sehr neugierig darauf, wohin uns der englisch-deutsche Dialog mit Margit und Anabel während ihres Aufenthaltes in ihrer und unserer Heimat noch führen würde, und ob sie liebe Leser, auch schon gelegentlich innere oder äußere Barrieren zu überwinden hatten?

Kirchenlied

Christus ist erstanden
von des Todes Banden
schwebt er frei und
auf SEIN Grab schaut

ER mit Triumpf herab.
Freut Euch Menschenkinder
singt dem Überwinder
alleluja alleluja

Christus lebt den Glauben
soll uns niemand rauben
ewig lebet Jesu Christ der
den Menschen Heiland ist

Lasst uns Ihn bekennen
Herrn und Gott IHN nennen
alleluja alleluja

Die Auferstehung der ewigen Liebe.

Morgengebet

Im Namen des Vaters
des Sohnes und des
Heiligen Geistes. Großer
Gott wir loben DICH

Und danken DIR für alle
Gaben die wir lebenslang
aus DEINER Hand empfangen
haben. Vater der DU alles

Unendlich liebst segne auch
was Du uns gibst. Vergib uns
unsere Schuld und schenk
Erbarmen dass wir allen

Armen DEINEN Segen weiter
geben. Die Ehre sei dem Vater
Sohn und Heiligen jetzt und
allezeit bis in Ewigkeit. Amen

Geborgen in der Kirche
Geborgen im Glauben Hoffen und Lieben.

Betrachtung

Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes! Liebe Brüder und Schwestern treten wir in der Einheit des Heiligen Geistes zum Altare Gottes, der uns erfreut von Jugend an. Verneigen wir uns in Anbetung vor Gott, unserem Vater dem Vater und Schöpfer, dem Sohn unserem Erlöser, und dem Heiligen Geist unserem Tröster und Beistand. DIR Allmächtiger und ewiger Gott verdanken wir alles, was wir sind und haben. DIR allein gebührt Lob Dank und Herrlichkeit allezeit und in Ewigkeit.

Bekennen wir vor dem lebendigen ewig gegenwärtigen Herrn und Gott mit der Bitte um Vergebung, all unsere Schuld: Ich bekenne Gott dem Allmächtigen, der seligen allzeit reinen Jungfrau Maria, allen Engeln und Heiligen und Euch Brüdern und Schwestern, dass ich in meinem Leben viel gesündigt habe in Gedanken, Worten und Werken, durch meine Schuld, durch meine Schuld, durch meine übergroße Schuld. Darum bitte ich die allerseligste Jungfrau Maria, alle Heiligen, Engel und Euch ihr Brüder und Schwestern, für mich und uns zu beten bei Gott unserem Herrn. Der Allmächtige Dreifaltige Gott erbarme sich unser und vergebe uns die Schuld und Sünde.

Jesus Christus der Gottessohn, hat aus Liebe zum Vater unsere Menschennatur angenommen, von der Liebe des Vaters Kunde gebracht, uns durch SEIN Leben, den Tod und die Auferstehung, von Sünde und Schuld erlöst, zum Leben in Gemeinschaft mit Gott in der Kirche befreit, und uns als Erben Gottes, das ewige Leben zugesagt. Als Söhne, Töchter und Kinder Gottes, bringen wir im Gottesdienst auf allen Altären der weltweiten Kirche, uns selbst mit allem was wir sind und haben, dem Vater Sohn und Heiligen Geist in unseren Gebeten, Bitten und Opfergaben dar. Wir vereinigen uns vor Jesus Christus, der makellosen Opfergabe, mit Maria unserer Mutter, allen Engeln und Heiligen, der Kirche und mit allen Geschöpfen in Gottes Universum der Liebe. Jesus Christus ist unser Weg die Wahrheit und der Weg zum ewigen Leben. IHM, der in der Einheit des Heiligen Geist in unseren Herzen, der Kirche und in allen Geschöpfen wohnt, sei allezeit und ewig Lob, Dank und Herrlichkeit. Beten wir mit IHM zu IHM und durch IHN zu SEINEM Gedächtnis:

Am Abend vor SEINEM Leiden nahm der Herr Jesus Christus Brot in SEINE Hände, dankte, brach und segnete es und sprach: „Nehmet und esset alle davon das ist mein Leib der für Euch hingegeben wird.“ Ebenso nahm ER nach dem Mahle den Kelch, dankte wiederum reichte ihn SEINEN Jüngern mit den Worten: „Nehmet und trinket alle daraus. Das ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes. Mein Blut, das für Euch und für alle vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Tut dies zu meinem Gedächtnis.” Bitten wir um den Beistand des Heiligen Geistes, dass Jesus Christus, der Gottes-und Menschensohn, auch unseren Leib und unser Blut Gott zur Vergebung der Sünden darbringen kann.

Lobpreis Gottes

Am Meer

Wolkenbänder Reigen und
das Licht ewiger Gezeiten
in den Wellen bricht

Möwen drehen in den Wind
schäumend wogt die Brandung
arglos spielend Kind
lichterfüllter Wandlung

Hier am Strand der Zeit blickt
das Auge weit und in
sehnsuchtsvollem Staunen
pocht des Meeres Raunen

Zeit und Ewigkeit
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