O Herr es
geschehe
am Kreuz
DEIN Licht
auch wenn
mein Herz
bricht
Der Kirchgang
Ich erinnere mich gelegentlich lebhaft an meinen Schwiegervater: Zeitlebens an Pünktlichkeit gewöhnt, sehe ich ihn mit zerknautschter Miene abreisefertig an der Tür stehend, auf seine Armbanduhr pochend. und eine seiner Töchter erwartend. Längst hat mich dieses Schicksal auch ereilt: Selten komme ich mit meiner Frau pünktlich, manchmal auf den letzten Drücker, sehr oft aber, »cum tempore«, einige Minuten zu spät zu den Veranstaltungen. Ich werde es nie verstehen, welche Aufgaben sie unbedingt noch erledigen muss, bevor wir unser Haus verlassen. Diese Neigung scheint aber irgendwie genetisch determiniert zu sein, denn unsere drei Töchter folgen exakt dem gleichen Muster.
An diesem schönen Sonntag nahm das Geschehen eine seltsame Wende: Ich saß am Vorabend vor dem Bildschirm und wartete, bis mit reichlicher Verspätung ein Boxkampf im Schwergewicht um den Titel zu sehen war. Diesen für mich selbst unerklärlichen Luxus, habe ich bislang mit allen mir zu Gebote stehenden Mitteln, in unserer Familie standhaft verteidigt. Das war nicht leicht. Denn meine Frau und die drei Töchter hielten mir unentwegt, mit Bemerkungen wie: »Boxsport passe nicht zu meinem christlichen Weltbild«, den Spiegel guter Sitten vor Augen. Und nun sitze ich heute, wie sonst bei ähnlichen, nächtlichen »Verpflichtungen«, reichlich verspätet. und sehr unausgeschlafen am Frühstückstisch. Meine Frau erinnerte mich mit der Frage: Hättest du Lust mit mir in die Stiftskirche zu gehen, an ein Vorhaben, das mich die letzten Tage auch schon bewegte. Dort, fuhr sie fort, könnten wir im Rahmen eines festlichen Gottesdienstes, Bach-Kantaten mit Orchester, Chor und Solisten hören. Ich überlege kurz, schaue auf die Uhr und bemerke: Relativ spät! Wenn ich mich aber mit der Toilette beeile, können wir noch rechtzeitig in der Kirche sein. Nach wenigen Minuten sitzen wir im Auto:
Wir nähern uns Backnang. Der fortgeschrittenen Zeit wegen, hatte ich mir bereits eine Route links herum ausgedacht. Ich muss aber allzeit mit Überraschungen rechnen, so auch jetzt. Meine Frau fährt eben aus unerfindlichen Gründen anders, und trotz aufwendigerer Fahrzeit, rechts herum durch die Stadt zur Kirche. Ich unterdrücke einen Kommentar und schaue auf die Uhr. Es ist tatsächlich schon drei Minuten nach zehn Uhr. Trotz der Eile erlaube ich mir noch die überflüssige Frage, wo parken wir nun? Rasch entschieden schlägt sie vor: »Du kannst jetzt hier vor der Kirche aussteigen, während ich eine Parkmöglichkeit suche«. Der Leser sollte wissen, dass es nicht das erste Mal in meinem an ähnlichen Erfahrungen reichen Eheleben ist, dass wir, obwohl ich immer bemüht bin, pünktlich zu sein, bei Veranstaltungen regelmäßig zu spät kommen. Der mir in der gegebenen Situation zustehende Ärger, konnte sich heute leider nicht mehr voll entfalten, denn ich hörte schon Musik und Gesang. Jeder andere vernünftige Mensch würde sicher, ebenso wie ich, den nächsten offenen Eingang zur Kirche suchen, um nicht zu viel von dem festlichen Geschehen zu verpassen. Also auf geht´s! Nichts wie rein, durch die erstbeste offene Türe.
Meine Überraschung war perfekt, als ich mich danach, nicht wie erwartet, im Kirchenschiff, sondern unabsichtlich im Chor der Stiftskirche befand. Dieser schmucke Raum mit seinen nach oben strebenden gotischen Säulen, war mit einigen Reihen blau bezogener, bequemer Stühle ausgestattet. Nur ein älterer Herr saß da. Er schaute mich etwas verdutzt an, und wies mir dann einen Platz neben sich zu. Es hielt ihn aber nicht lange auf seinem Stuhl. Nach und nach entpuppte er sich als Kirchendiener, denn er eilte beständig zwischen der Sakristei, und einem hinter einer Säule versteckten Programmblatt hin und her. Der freundliche Herr ließ sich trotz meines überraschenden Eindringens in seine »Residenz« und meiner leichten Irritation, nicht aus der Ruhe bringen. Neben den anderen Aufgaben hatte er es jetzt noch mit mir zu tun. Er besorgte mir ein Gesangbuch. Dies nützte mir leider wenig, denn ich konnte von meiner Position aus weder die Liedtafel sehen noch die Lautsprecheransagen deutlich verstehen. Der freundliche Kirchendiener bemerkte meine Verlegenheit und handelte: Ein nachgefragtes Programm war zwar nicht mehr verfügbar, anstelle dessen brachte er mir aber ein Blatt, das alle für den Gesang der Gemeinde vorgesehen Lieder enthielt. Das Schlimmste war somit vorerst überstanden. Ich entschied mich daher hartnäckig, auf dem mir schicksalhaft zu gewiesenem Platze in der Stiftskirche zu verharren, und den Chor nicht zu verlassen, möge geschehen, was da wolle:
Der wunderschöne Gesang mit instrumenteller Begleitung und den Solisten, entschädigte mich für die Aufregung und zog mich immer mehr in seinen Bann. Endlich konnte ich wieder einmal Bach, wie sich´s gehört, in einer Kirche, und nicht nur im Konzertsaal hören. Die Musik und die einladenden Worte der Pastorin, alle Sorgen fahren zu lassen, sich dem Herrn anzuvertrauen, seiner Einladung zu folgen, und IHM zu Ehren ein fröhliches Fest zu feiern, entsprachen voll meiner Stimmung. Die Seele fing an sich zu regen, wohl zu fühlen, Gemüt und Gedanken zu bewegen. Obwohl sich keine weiteren Besucher zu mir und dem Kirchendiener gesellen wollten, fühlte ich mich zugehörig, betrachtete die vielen Gläubigen mir gegenüber im Kirchenschiff, und war Auge und Ohr für das Geschehen um mich. Immer mehr genoss ich das Geschick, die Stiftskirche unabsichtlich durch einen Eingang in den Chorraum betreten zu haben, und dadurch einen „Gottesdienst verkehrt herum“ mitfeiern zu dürfen. Auch nicht schlecht, dachte ich, und erwartete neugierig die nächsten Ereignisse. Und es geschah einiges:
Ich sah das Altarkreuz von hinten. So konnte ich mich leichter als sonst, mit dem Herrn am Kreuz identifizieren. Meistens schlage ich die Augen nieder, wenn ich den, von uns allen geliebten Herrn, auch um meinetwillen am Schandpfahl hängen sehe. Nun schaute er aber zu meiner Entlastung die Gemeinde an, der ich ja gegenüber saß. Ich habe mir hinter dem Rücken des Herrn gewünscht, dass er die Gemeinde, zu der ich ja auch etwas versteckt gehörte, bei diesem festlichen Geschehen recht freundlich anschauen möge. ER kam mir aber auch im Zeichen des leeren Kreuzes sehr nahe. Und wie immer, wenn der Herr die erschütterten Seelen tröstet, kommt der Heilige Geist zu Hilfe. Seiner Eingebung folgend, richtete ich meine Blicke hoffnungsvoll auf eine Statue des glorreich Auferstandenen an der Wand im Chor. Das österliche Siegeszeichen wirkte prompt. Wie durch ein Wunder, verscheuchte es alle skurrilen Gedanken, und legte sich wie Balsam auf die bewegte Seele. Die Exegese der Pastorin über die Erzählung von der Einladung des Herrn, am Mahl der Liebe teilzunehmen und die darauffolgenden vielen Entschuldigungen, die ER sich anhören musste, trafen mich. Ebenso die Worte an den Mann von der Straße. Warum hast Du kein hochzeitliches Gewand -antwortender Liebe- an? Da saß ich nun auf meinem Stuhl und hörte, dass der, der die Liebe Gottes ausschlägt, auf ewig verworfen sei. Wer könnte da noch vor Gott bestehen, wenn Jesu Barmherzigkeit uns nicht wie ein Christopherus auf seine Schultern nähme und unsere Armseligkeit und Schuld mit dem Mantel barmherziger, erlösender Gnade zudeckte. Und dergleichen geschah -wie im Verborgenen- hinter dem Altar der Stiftskirche. Wenn es mir gelang, mit kräftiger Stimme zu beten und zu singen, war ich nicht nur mit der Gemeinde vor mir, sondern auch im Rücken der Pastorin, mit ihr in Verbindung. Und niemand, auch meine Frau konnte es ahnen, wie wohl mir zumute war, bei einem festlichen Gottesdienst verkehrt herum, als katholischer Christ in der evangelischen Stiftskirche, so viel Gnade zu erfahren. Ohne Scheu oder falschem Stolz, schlug ich mein Kreuzzeichen, mit dem ich mich zum Vater Sohn und dem Heiligen Geist bekenne. Es ist das Schönste und Beste, was ich Menschen, hier in einer Gott lobenden, Gott preisenden, evangelischen Gemeinde, schenken kann. Immer wieder geschieht es ja im Gottesdienst beim Mahl mit dem Herrn, dass ER uns ermutigt, Leid und Freud mit einander zu teilen, und uns von IHM trösten, und die Tränen abwischen zu lassen. Dieser sonntägliche Kirchgang mit dem unvorhergesehenen Aufenthalt im Chor der Stiftskirche bei einem feierlichen Gottesdienst, wurde zur reichen Nahrung für die stets nach Gott hungernde Seele. Dadurch gab es Anlass genug, sie vor Freude und Glück ein wenig hüpfen und tanzen zu lassen. Wahrlich ein Stück Himmel auf Erden.
Der Fähnrich
Hier folgt in Wiederholung meine Ballade “Der Fähnrich” als kritischen Videobeitrag
Auf dem Weg
Ich trag ein buntes
Pilgerkleid aus
aus Leben Lieben
Hoffen Leid
Und wandere mit
Dir Hand in Hand
hinein in das
gelobte Land

Herre Christ
DU Spiegel der
Dreifaltigkeit
zum Trost
der ganzen
Christenheit
Das All erglänzt
in DEINEM Licht
auch wenn das
arme Herze bricht
DU Herr der
Herz und Sinn
erhellt der
alles eint in
dieser Welt
Du hast´s
vollbracht und
neues Leben
uns gebracht
Gebet
Wir dürfen #Gott unseren #Schöpfer den #Vater #Sohn und #Heiligen #Geist und unsere #Brüder und #Schwestern mit #Leib und #Seele von #Herzen mit allen #Kräften lieben. ALLMÄCHTIGER DICH bitten wir um #Gnade und #Beistand. #Kirche #Corona pic.twitter.com/1MtH1GMKcN
— Franz Schwald (@FranzSchwald) August 21, 2021
Das Kreuzzeichen
Heute möchte ich Sie, liebe Leser, einladen mit mir zusammen das Kreuzzeichen zu betrachten, eines der wichtigsten und bekanntesten Symbole unseres Glaubens:
Ein kleines Gefäß mit Weihwasser gehört zu meinen frühen kindlichen Erfahrungen. Unsere Großmutter ließ es sich nicht nehmen, ihre Finger ins geweihte Wasser zu tauchen, um mich zur Nacht im Namen des Vaters, des Sohnes und Heiligen Geistes zu segnen. Es war mir in diesen Momenten immer ein wenig feierlich zu Mute. Im Schutze dieser liebevollen Geste ließ es sich ruhig schlafen. Das aus Lindenholz in Gestalt eines Weinstocks von meinem Großvater selbst geschnitztes Kreuz, das im Wohnzimmer hing, gehörte ebenso zur vertrauten kindlichen Umgebung. Ich konnte es kaum erwarten, bis ich später, wie die Erwachsenen, beim Betreten und Verlassen der Kirche, selbst meine Finger ins Weihwasserbecken tauchen und mich bekreuzigen konnte.
Ein Leben lang begleitet uns Christen das Kreuzzeichen. Ist das nicht Grund genug, über dieses Geschenk wieder einmal nach zu denken, und uns zu fragen, was sich ereignet, wenn wir uns bekreuzigen, den Segen empfangen, oder einander spenden. Der Frage nach zu gehen, was uns, das Kreuzzeichen von der Geburt bis zum Tod und darüber hinaus bedeutet, wenn wir von dessen Segen überwältigt, verstummen oder im Namen der Heiligsten Dreifaltigkeit reden, beten und handeln?
Ein heiliger Schauer kann uns befallen, wenn wir von diesem Zeichen berührt, aus unseren Träumen wach gerüttelt bemerken, dass uns Gott hinein liebt, in SEIN Herz und uns braucht, um an SEINER Stelle in anderen Menschen Hoffnung und Segen zu wecken. Dass wir IHM mit allen Geschöpfen gehörend, ein Zeichen SEINER Gegenwart in unserer Zeit sein sollen. Vielleicht meint es Gott in SEINER zarten Liebe, Sorge und unendlichen Geduld mit uns allen sogar gut, wenn ER SEINE alles überragende Majestät vor uns verbirgt, und uns schwache Menschen benutzt, in den Spielwiesen des Alltags, anderen unseren Glauben so zu bezeugen, dass sie sich vor uns und dem Herrn. nicht zu sehr erschrecken müssen. Denn auch wir dürfen fest darauf vertrauen, dass der Herr die Schwächen und Nöte SEINER Zeugen kennt, und auch durch unsere kleinen Gesten das Wunder wahrer Gottesbegegnung bewirken kann. Die Begegnung mit der der Liebe des dreifaltigen Herrn, könnte uns Kleingläubige ja ähnlich wie Petrus überwältigen, der bei SEINEM Verrat am Herrn, bitterlich weinen musste. Das kraftvolle Kreuzzeichen der Liebe Gottes kann auch unsere Alltagsgewohnheiten und Schuld durchkreuzen, und Verborgenes, Chaotisches in uns und ums uns aufdecken. Es kann uns aber auch zur Erkenntnis führen, wie unsagbar arm und angewiesen wir sind, die barmherzige Nähe Gottes, im Kreuzzeichen immer wieder zu erfahren. Von Geburt bis in den Tod und in die Auferstehung hinein, ist unser Kreuzzeichen ein Ausdruck dafür, dass Gott nie aufhört Chaos in Kosmos zu wandeln. Wer, wenn nicht die Heiligste Dreifaltigkeit weiß, was für uns alle wirklich umfassend gut ist. Gottes Fürsorge für das, was er in EINER unendlichen Güte und Liebe geschaffen hat und allezeit am Leben erhält, ist wahrlich schon des Dankes wert. Unsere Heiligen sind auf ihre je eigene Weise, wie der Heilige Franziskus, mein Namenspatron, Zeugen der erlösenden Liebe Gottes. Wie nahe durfte ihnen der Heilige, der dreifaltige Herr kommen. Ein Beichtspiegel auch für uns: Sind wir so still, demütig, aufmerksam und offen, dass der die ganze Schöpfung durchwaltende Segen göttlicher Liebe uns erfüllen, und durch unsere Armut hindurch, zu einem wirksamen Zeichen der Liebe werden kann. Hängen wir, zu Ehren Gottes, die Kreuze nie ab, und bleiben wir allzeit gesegnet im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Das Geheimnis
Es klopft wieder einmal an die Türe. Ich öffne dem »Unerklärlichen«, gewähre Eintritt. Das Unerklärliche nimmt Platz. Wir machen es uns bequem. Das U. hat sich wie so oft schon angemeldet. Ich habe es wohl bemerkt. War unruhig und hoffnungsvoll. Manchmal blieb die Türe zu. Angstvoll geschlossen. Wie soll ich heute mit dem U. umgehen? Ich bin mir nicht sicher. Aber die Türe ist ja schon offen. Selbst wenn ich dem Gast den Eintritt verweigerte. Er ist aufdringlich und käme ja doch wieder. Gebeten oder ungebeten.
Jetzt ist er aber da, wirklich da. Ließ sich nicht vertreiben. Ich spüre die Spannung und Erregung des Augenblicks. Was er mir heute zu sagen hat, weiß ich nicht. Das macht mir Angst und Hoffnung zugleich. Man mag es mir kaum glauben, aber ich kenne das U. schon lange. Wir haben sozusagen jahrelange Erfahrungen im Umgang mit einander. Es ist, als könnten wir einander nicht lassen. Es nicht von mir und ich nicht von ihm. Als wäre das U. ein Geheimnis von uns. Es liegt ihm wohl sehr daran, mich immer wieder zu besuchen. Mit mir zu sprechen. Im Stillen -ohne dass es die Anderen merkten- redeten wir schon oft stundenlang miteinander. Wir kennen uns daher gut. Sind in vielen Jahren Freunde geworden. Jeder Besuch ist aufregend neu. Obwohl das U. mir immer noch unerklärlich ist; vielleicht auch bleibt. Heute gebe ich ihm eine Chance. Frage mich nicht warum. In die Angst und Unsicherheit mischt sich erwartungsvolle Freude. Das U. ist da. Ich habe es herein gebeten.
Langeweile gibt es nicht in seiner Gegenwart. Wir haben einander viel zu erzählen. Im Geheimen, versteht sich. Auch oft mit einander gerungen, gestritten. Manchmal bis zur Erschöpfung gekämpft. Der ganze Leib war dann einbezogen. Ich habe gezittert, auch nachdem sich das Unerklärliche schon wieder entfernt hatte. Und geschwiegen, wie ein Grab. Denn wer erzählt schon gern von einem Geheimnis. Einem so aufdringlichen, unerklärlichen Gesellen. Wenn ich erzählt hätte, was zwischen uns wirklich geschah, hätte ich es und mich möglicherweise der Häme ausgesetzt. Wer kann schon das Unerklärliche verstehen? Ich ja auch nicht. Und dennoch: Es mag komisch klingen, aber irgendwie mögen und verstehen wir uns. Verstehen uns aber auch die Anderen? Wir brauchen Stille, die unser Geheimnis birgt. Das Unerklärliche macht keine billigen Geschenke. Es ist nur einfach da, wenn es da ist. Eine Fülle in der Stille. Er bringt neue Worte mit, die noch nicht aufgebrochen, oder durch Gebrauch abgenutzt sind. Mir bleiben dann manchmal die Worte im Halse stecken. Man könnte sagen, dass wir oft wortlos miteinander reden und uns dennoch verstehen.
Obwohl mein heutiger Besucher wirklich bei mir ist. Wir sitzen einander ja gegenüber, dürfen wir einander nicht greifen oder festhalten. Das könnte unsere Würde verletzen. Ich bin aber gewiss, dass das U. manchmal so da ist, als ob ich es sehen und hören könnte. Es erscheint mir dann freundlich. Als Feind ist es für mich nicht existent. Ganz sicher bin ich mir aber nie -auch jetzt nicht- ob wir nicht wegen Nichtigkeiten wieder kräftig an einander geraten könnten. Ich bin aber des vielen Streitens mit dem Unerklärlichen müde. Es meint es ja eigentlich nur gut mit mir. Der Besucher gibt jedoch keine Erklärungen ab, warum er mich mag. Manchmal habe ich gedacht, dass das U. mich, wenn ich es hereinließe, von Wichtigerem ablenken könnte. Das bezweifle ich heute. Es lässt sich ja auch nicht so leicht abweisen, dieses aufdringliche Unerklärliche. Es könnte ja seine Art sein, an mir wirklich Gefallen zu finden.
Nun sitzen wir einander wieder einmal gegenüber. Meine Augen und Ohren haben sich mittlerweile an das U. gewöhnt. Es scheint, als ob ich es jetzt sehen und hören könnte. Aber nicht so, wie man allgemein sieht und hört. Dennoch erscheint mir das „Unerklärliche“ über alle maßen sprechend und sehend. Wie von Herz zu Herz, wie Einatmen und Ausatmen. Wie Freunde, wenn sie miteinander reden. Aber es wahrt sein Geheimnis, denn wir begegnen einander oft im Schweigen. Das ist aufregend. Es fühlt sich wie Furcht oder Ehrfurcht an. Das U. geschieht und entzieht sich. Es ist das „Unerklärliche“. Vielleicht klärt es sich heute ein wenig auf. Hoffnung, Furcht, Spannung sind in mir. Als würde alle Muskeln, der ganze Körper in Gegenwart des Freundes benötigt. Ich, ein Geheimnis, unerklärlich. Es ein unerklärliches Geheimnis. Aber kein Nichts, sondern ein erfülltes nicht zu Fassendes.

Geheimnis