Dankbarkeit

Wer hörte nicht als Kind die wohl gemeinten Worte der Eltern, dass es sich gezieme, für Gaben und Geschenke dankbar zu sein. Obwohl uns als Jugendliche, manchmal derartige Aufforderungen störten, lernten wir die Bedeutung der Dankbarkeit zu schätzen. Behält sie doch, als ein verinnerlichter Anspruch, zeitlebens ihre Gültigkeit. Im Dank erheben wir uns über ein reines Konsumentendasein, und bringen uns in eine persönliche Beziehung zu einander, zu den Dingen der Natur, und entdecken den Reichtum der ganzen Schöpfung. In dieser Offenheit für alles kann es geschehen, dass wir gelegentlich -unvermutet berührt und betroffen-, den Geschenkcharakter unseres ganzen Daseins bemerken. Wir erfahren uns dann einbezogen in ein vielfältiges Netzwerk dynamischer Daseinsbezüge, in denen einzelne Begegnungen Bedeutung und Verbindlichkeit für uns gewinnen. Hier herrscht nicht mehr der reine Zufall. Alles kann immer wieder unmittelbar neu und lebendig erlebt werden. Im Laufe des Lebens gewinnen wir so, immer mehr ein Gespür für die Fülle der uns begegnenden Ereignisse. Langweile kann da nicht aufkommen: Vom ersten Sonnenstrahl, bis zur einbrechenden Dunkelheit, und hinein in die Traumwelt der Nachtruhe, ziehen vielfältige Bilder an unseren inneren Augen vorbei. Manchmal halten wir überrascht inne, wenn uns ein Ereignis ob seiner Bedeutung anspricht. Beobachten wir nur einmal besonders spielende Kinder, dann können wir leicht erkennen, mit welcher Neugier sie dabei sind, sich mit ihrer Umwelt auseinanderzusetzen. Ich erinnere mich an die eigene Jugend: Wie roch das frische Gras so angenehm, wenn wir auf der kleinen Wiese, in der Nähe des Elternhauses, herumtollten. Die Handwerker wie der Schmied, der seinen Gesellen den Takt vorgab, ein glühendes Stück Eisen in Form brachte, um dann die Hufe der Pferde zu beschlagen, und der Sattler, Maler, Blechner, oder Schuster, in ihren Werkstätten, zogen uns Kinder magisch an. Welche Kinderseligkeit belebte uns, wenn wir, im Winter den ersten Schnee begrüßten, mit steif gefrorenen Hosen, eine Eisbahn herstellten, oder im Licht der Straßenlaternen, die Schneeflocken mit der Zunge auffingen. Ein alter Kinderwagen verwandelte sich unter den Händen zu einem Auto, ein gebrauchter Motorradseitenwagen in ein Boot. Alle Gegenstände, die wir vorfanden, wurden auf Verwertbarkeit getestet, und für gut befunden, unser Spiel zu bereichern. Beim Metzger, Bäcker und Lebensmittelhändler mit ihren Geschenken, waren wir, wie in den Küchen und Wohnungen unserer Nachbarn, stets willkommen. In der Schule und beim geselligen, kirchlichen, und kulturellen Leben unserer Stadt, gab es reichlich Anregungen für unsere unersättliche Neugier. Wir beteiligten uns an Veranstaltungen nach Neigung, und erlebten dadurch Geborgenheit und Zugehörigkeit zu einem geordneten Gemeinwesen. Die Erfahrungen als Baukaufmann und Stadtrat, bildeten die Voraussetzungen und das Wissen, um im höheren Lebensalter, über den zweiten Bildungsweg, erfolgreich zu studieren. Auf meiner letzten Wegstrecke, als Pensionär, überblicke ich eine Vielfalt glücklicher Umstände und Hilfen, die es mir nicht erlauben, den Erfolg nur meinem persönlichen Können und Einsatz zu verdanken. Manchmal erging es mir, wie den Jüngern von Emmaus, deren Herz jubelte, als ihnen der Herr die Schrift erklärte. Der Segen hilfreicher Begegnungen und tröstender, ermutigender Worte, im Kontakt mit vielen Menschen und der Literatur, bis zum heutigen Tag, ist nicht zu fassen. Zu verstehen und sich verstanden zu fühlen, vermag gelegentlich so zu erfreuen, als ob die ganze Welt in Ordnung wäre. Die Jünger des Herrn, kannten solche Augenblicke auch, als sie vor Glück trunken, dem Herrn vorschlugen drei Hütten bauen zu wollen. Und dieser Weg ist noch nicht zu Ende. Es drängt mich aber, einige Ereignisse zu betrachten, um meine Dankbarkeit verständlich zu machen:

Wir sind im Leben nicht nur auf Rosen gebettet. Die Realität des Alltags beginnt bereits in der Kindheit, mit der Aufgabe, sich mit den Eltern, und den eigenen Geschwistern zu arrangieren. Manche Träne, Wut und Trauer stellten sich auch später ein, wenn sich eigene Wünsche nicht erfüllten, und der Ausgleich von Interessen eine Änderung der Einstellungen erforderte. Geben und Nehmen will gelernt sein, und bleibt eine lebenslange Aufgabe. Oft traten Freunde in die Bresche, die bereit waren, meine Sorgen und Nöte zu verstehen. Wir sind auch als Christen nicht ins Dasein geworfen, sondern in eine von Gott gewollte Schöpfung geliebt. Die Aufgabe, sich unter verändernden gesellschaftlichen Bedingungen zu behaupten, und diese nach Möglichkeit mitzugestalten, war ein ständiger Prozess. An den Nahtstellen persönlicher Entwicklung war es nötig, sich beim Tod nahestehender Personen, mit Grenzen und dem sicheren eigenen Tod auseinander zu setzen. Mit dem Eintritt in das Berufsleben stellten sich neue Aufgaben: Es galt den eigenen Leistungsanspruch zu erkennen, und in einem ständigen Lernprozess, die gesteckten Ziele zu verfolgen; Erfolge und Misserfolge zu beurteilen. Fragen entstanden, wie hoch der eigene Anteil an den Ergebnissen anzusetzen, und wann Reden oder Schweigen geboten war. Äußere und innere Konflikte waren mit den nötigen Aufgaben verbunden, die Lebensziele zu realisieren: Dank schulde ich meiner Frau, die seit über 50 Jahren Freud und Leid mit mir teilt, und den drei verheirateten Töchtern und Schwiegersöhnen, die in akademischen Berufen arbeiten, und uns vier Enkel und drei Enkelinnen schenkten. Wir hatten das Glück, dass unsere Eltern, Verwandten und viele Freunde, die wir in Ehren halten, uns allezeit mit Rat und Tat wohlwollend zur Seite standen. Der Erzdiözese Freiburg, der Heimschule Lender in Sasbach bei Achern, dem einst angegliederten Spätberufenenseminar St. Pirmin, und unseren Lehrern und Geistlichen, verdanke ich mit dem Abitur nicht nur den Zugang zum Studium, sondern auch die Festigung, des unseren Lebensweg tragenden Glaubens. Dankbar erinnere ich mich auch an die Professoren und Kommilitonen der Universitäten Freiburg und Münster, die mir halfen, beim Studium der Theologie, Philosophie und Klinischen Psychologie, eine solide Grundlage für meinen Beruf als Diplompsychologe zu erwerben. Während jeweils sieben Jahren boten mir das Westfälische Landeskrankenhaus Münster und die Fachklinik Wilhelmsheim in Oppenweiler, die Möglichkeit, in leitenden Positionen Erfahrungen zu sammeln, die mir erlaubten, bis zu meinem 75. Lebensjahr als Psychologischer Psychotherapeut eine eigene Praxis zu führen. Den Kollegen und Patienten und vielen Menschen, die ich in den Regionen um Rheinfelden, Achern, Münster und Oppenweiler kennen lernen durfte, bewahre ich ein ehrendes Andenken. Besonderer Dank gilt dem Bernardus Verlag, für die redaktionelle Betreuung meiner Bücher, und den digitalen Medien, die mir ermöglichen, als Schriftsteller, weltweit mit vielen Menschen im Kontakt zu bleiben. Dass mir der Herrgott gestattet, auf diese Weise zu zeigen welchen Segen ER einem treuen Sohn der Katholischen Kirche, auf die Fürbitte Mariens und aller Heiligen zu bereiten vermag, ist das Glück meines höheren Lebensalters.

Von Geburt bis zum unausweichlichen Ende des eigenen Lebens, erleben wir aber auch Grenzen, wie Krankheit und Todesfälle, mit begleitenden Gefühlen der Angst und Sorge, die sich als Umstände des Lebens und Sterbens erweisen. Spätestens zu dieser Zeit tauchen ernste religiöse Fragen auf, nach dem Sinn allen Lebens und Sterbens, und der allen gläubigen Christen, Menschen und Geschöpfen, in Jesu Christi Tod und Auferstehung verbürgten Hoffnung, auf ein ewiges Leben. Von der Freude, die ich dem Vater Sohn und Heiligen Geist, das ganze Dasein, den Glauben, die Hoffnung und Liebe verdanke, sprechen alle meine Worte. Möge der gütige Gott SEINEN Tempel, unsere Heimat auf Erden, die Kirche mit dem Papst, und uns in SEINEM Segen vor allem Bösen bewahren. Es ist mir ein Anliegen mit 93 Jahren, alles was ich je schrieb, und noch schreiben darf, als ein Zeugnis der Liebe Gottes zu mir und zu uns zu verstehen, und zur Ermutigung, mit allen Brüdern und Schwestern den Segen zu teilen. Dem Vater unserem Schöpfer, dem Sohn unserem Erlöser und dem Heiligen Geist unserem Tröster und Beistand, sei alle Zeit, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, anvertraut. Als ich mich dieser Erkenntnis näherte, hatte ich einen Aphorismus im Herzen und auf der Zunge, der lautet: „Groß ist die Not, der Tod, und ein Leben im Segen.“ Mörike hat das, was ich auszudrücken versuchte, auf seine Weise wie folgt gesagt: „Herr, schicke, was du willst, ein Liebes oder Leides; ich bin vergnügt, dass beides aus deinen Händen quillt. Wollest mit Freuden und wollest mit Leiden mich nicht überschütten, doch in den Mitten liegt holdes Bescheiden.

Ehre der Dreifaltigkeit

Bergpredigt

Gott, der Schöpfer und Erhalter alles Guten, gibt im Übermaß. Seine Liebe zu uns und damit zu jedem Menschen, ist nicht zu fassen. Sie ist wahrhaft Gottes würdig und enthält viel mehr als wir uns je wünschen und erhoffen können. Wir, als Gottes Geschöpfe, sind daher berufen einander dieses Übermaß der göttlichen Liebe in Freiheit und Fantasie, auf die uns mögliche Weise zu vermitteln. Das heißt in allen Lebenslagen Gott für seine Fülle zu danken und einander die Liebe zu erweisen, die darauf verzichtet, zu hassen, zu vergelten und zurückzuschlagen. Ich weiß sehr wohl wovon ich da spreche. Es ist die Bereitschaft, nicht nur zu geben, zu verzeihen, sondern viel mehr: Einander durch unser Dasein und Handeln die befreiende und erlösende Liebe Jesu Christi erfahrbar zu machen. Jegliche Spaltung und Trennung zu überwinden. Der Herr verbindet diese Forderungen in der Bergpredigt mit dem Versprechen der Seligpreisung. Nachzulesen in der Heiligen Schrift. Daher die Bitte, gib uns Herr die Gnade, diese Worte nicht nur zu hören, sondern mutig und vertrauensvoll danach zu handeln.

Das Kreuz der Erlösung und Hoffnung

Jonglage

Im großen bunten Zirkuszelt
lässt ER die Bälle kreisen
federleicht und mit Gefühl
ein entzückend lustig Spiel

Und das geschätzte Publikum
steht nicht nur stumm im Kreise
jeder spielt mit seinen Bällen
mit auf eigene Weise

Freude lässt ein Spiel entstehen
Bälle fliegen hin und her
im unendlichen Geschehen
bleibt so die Welt nicht leer

Herr Jesus Christus Weg Wahrheit und Leben

Die Liebe

Die Liebe
bestimmt
des Lebens
Lauf

Denn sie
höret
niemals
auf

Sie sucht
nach Orten
dich zu
finden

Und nach
Worten
die uns
binden

Denn sie
segnet
allezeit

Erd und
Himmel
weit

Das Kreuz der Erlösung und Hoffnung

Drei Kerzen

Drei Kerzen Vater
Sohn und Geist
geweiht ein
Gotteszeichen
in der Zeit

Sie mögen brennen
schweigend ein
verglühend Wort
Licht an einem
heiligen Ort

Wie Wetterleuchten
DEINE Spur in Dunkelheit
drei kleine Kerzen nur
DICH preisend zum Geleit

Drei Kerzen
Bild von PublicDomainPictures auf Pixabay.

Der Landpfarrer

Er hatte schon bessere Zeiten gesehen. An diesem etwas nebligen Regentag saß er in seiner kleinen Wohnung. Er hatte sie, seit er sich im Ruhestand befand, getrennt von Überflüssigem, bewusst bescheiden eingerichtet. Für seine umfangreiche, geliebte Bibliothek gab in seiner jetzigen Wohnung dafür ja auch keinen ausreichenden Platz. Er erinnerte sich an die Zeit, als er seine erste Stelle als Vikar antrat. Damals war er mit einem Herz voller Hoffnungen in den Dienst der Kirche getreten. Die aufregenden Zeiten, vor und nach der Priesterweihe, gehörten längst der Vergangenheit an. Es kam ihm aber ein Augenblick im Freiburger Münster in den Sinn, der ihn bis ins Mark seiner selbst berührte: Lang ausgestreckt, lag er neben den anderen Weihekandidaten vor dem Bischof. Hier auf dem wenig gepolsterten Boden fanden seine aufgeregten Sinne, die er von den Zehen bis in die Fingerspitzen wahrnahm, ein wenig Ruhe. Das auf der Erde fest gegründete Münster hatte ja schon Generationen angehender Priestern Halt gegeben. Und die Worte: „die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen – und adsum“ gingen ihm durch Kopf und Herz. Jetzt, in seiner vielleicht letzten Wohnung, erinnerte er sich an die Berührung mit dem Boden des Münster, die Mutter Kirche, und den Herrn, die ihn bis hierher getragen und geführt hatten. Er kam ein wenig zur Ruhe. Tief bewegt formten seine zitternden Lippen ähnlich wie damals das »adsum«. Im Rückblick und in der Vorausschau aber ein wenig anders als damals. Er schaute auf, zu dem ihm vertrauten Kreuz. Und er wusste, dieser Menschensohn, der so schändlich Endende, ER ist da, führt die Kirche, und begleitet jeden Menschen durch sein Kreuz zur Auferstehung. Mitten in seinem Fragen, löste sich in ihm österlicher Jubel in der Gewissheit im Glauben: „Tod wo ist Dein Stachel, Hölle wo ist Dein Sieg“.
Und er durchbetete wie so viele Male in seinem Leben sein „adsum“. Der Herr wird ihm, so wie der feste Grund dem Freiburger Münster Halt und Stand geben, und immer da sein, ihn wie die Kirche und die ganze Schöpfung tragen. Getröstet kann er sich sagen: Eigentlich bin ich mein ganzes Leben lang mit kleinem Gepäck gewandert. Ein guter Engel ist mir auf meinen Wegen beigestanden, hat mich im Gewissen geführt und vor dem schnöden Mammon, dem Tanz um das goldene Kalb, in allen Variationen bewahrt. Wenn er der König unserer Herzen alles aufgibt, uns bis zum letzten Blutstropfen liebt, segnet und in seinem Herzen birgt, Sein ADSUM aushaucht, ja was dann? Dann kann auch ich im Frieden mit IHM, mein kleines adsum leben und sagen: Da bin ich, mein Herr und mein Gott! Dir kann ich mich und alles anvertrauen und dessen gewiss sein, Du segnest meinen Ein- und Ausgang, mein Ruhen und Wachen, meine Brüder und Schwestern, die ganze Schöpfung, und den Weg Deiner Kirche durch die Zeit.

Die kleine Wohnung des Priesters war noch nicht ganz eingerichtet. Er schaute sich um, und fand, den schönsten Platz, für das aus Lindenholz gefertigte Kreuz aus Familienbesitz. Daneben hängte er ein Bild der Gottesmutter mit dem Jesuskind. Und es klang und jubelte in seinem Herzen: »Mutter sie Deinen Sohn, Sohn sieh Deine Mutter!« Wie die Musik tiefer als jedes Wort Empfindungen der Seele zum Tönen bringt, so klingen und singen die Marienlieder von Sehnsucht, Freude und Leid der Menschen. Ja es stimmt, dachte er, was ihm ein priesterlicher Freund weissagte: »Marienkinder gehen nicht verloren«. Erst ein wenig zaghaft, dann aber aus voller Kehle sang er wie so oft schon der Gottesmutter zu Ehren das Lied: »Gegrüßet seist Du Königin, o Maria«, und er sprach mit ihr sein „fiat“. Viel Inventar wollte er angesichts des leidenden Herrn in seiner Wohnung nicht dulden. Sein stets bereiter Schutzengel gab ihm aber den Rat, das Nötige nicht außer Acht zu lassen. Wer kann schon einem Schutzengel, zumal einem, der ihn so oft vor Schaden bewahrte, widersprechen? Oft hatte er sich unter seinem Schutz gegen alles Mögliche wirkungsvoll zur Wehr gesetzt. Vor seinem Schutzengel hatte er daher Respekt. Seine Zuwendung wollte er keineswegs verscherzen. So gab er wörtlich zu Protokoll: Ich weiß zwar nicht, wo Du Dich in diesem leeren Raum versteckst, sicher bin ich aber, dass Du nichts gegen Gottes Willen tust. So will ich denn Deinem Rat folgen, und mir die nötigen Gegenstände zur Einrichtung der Wohnung besorgen. Du kannst mich dann davor bewahren, dass ich dem auferstandenen Herrn eine zu dürftige Wohnung bereitstelle. Gelitten hat er auf Erden ja genug. Unter dieser Voraussetzung gelang es dem angehenden Ruheständler, sich maßvoll zu kasteien, ja noch mehr, sich darauf zu freuen dem Herrn und allen, die ihn besuchen wollten einen angenehmen Aufenthalt zu bereiten. Während seiner Dienstjahre gab es oft viele hilfreiche Hände, die dafür sorgten, dass er immer einen geeigneten Raum zur Verfügung hatte, in den er sich ab und zu zurückziehen konnte. Manchmal hatte er beide Augen zugedrückt, wenn er Wohnräume übernahm, die mehr dem Geschmack der Vorgänger und weniger den eigenen Wünsche entsprachen. Jetzt aber bestand ja die Möglichkeit, selbst darüber zu befinden, was in seiner Wohnung Platz finden sollte. Auf einmal regten sich seine kreativen Geister wieder. Er überlegte gar nicht mehr lange, und entschied sich, dem Rat seines Schutzengels, bei der der Einrichtung seiner Wohnung zu folgen. Es dauerte nicht lange und er gewöhnte sich an den Ruhestand und die Tatsache, dass er nun ungezwungener als während seiner Dienstzeit die Tag gestalten konnte, und nun wie die Benediktiner, nach eigener Wahl beten und arbeiten durfte. An Besucher, die ihm die „Klause“, sein neues Zuhause von Herzen gönnten, mangelte es ihm nicht. Dass er in einer ländlich geprägten Umgebung inmitten der Natur wohnen durfte, entsprach seinen bisherigen Erfahrungen und Gewohnheiten als Landpfarrer. Er konnte es mit der Zeit sogar mit seinem Gewissen vereinbaren, dass die Gäste sich in seiner Wohnung wohl fühlten und das sparsame Inventar bewunderten

Der Clown

Einige Lichter erlöschen im Zelt. Nur ein Scheinwerfer strahlt den roten Vorhang an. Charlie, der Clown, öffnet ihn vorsichtig einen Spalt, schließt ihn, und wiederholt das Spiel. Dann tritt er scheu vor den Vorhang, dreht sich verlegen hin und her und zupft nervös an den weißen Handschuhen, als ob er sich vor den im dunklen Zirkuszelt sitzenden Menschen fürchte. Unter einem bedauernden „Ohh“ des Publikums flüchtet er wieder, um danach im wiegenden Rhythmus eines langsamen Walzers, mit einer eleganten Geste, stolz seine imaginäre Geliebte, in die Manege zu führen. Der Scheinwerfer tastet die linkischen Bewegungen des Clowns ab, der nach einer werbenden Verbeugung, die Arme ausbreitet, um mit der unsichtbaren Partnerin zu tanzen. Sein roter Mund, verzieht sich zu einem zufriedenen, breiten Lächeln, als er nach anfänglichem Stolpern überrascht bemerkt, dass ihm einige Schritte im Takt der Musik gelingen. Stolz, geradezu selbstgefällig, führt er seine unsichtbare Partnerin am Arm zu einem Stuhl in der Manege und bedankt sich generös. Unter mehrfachem Augenzwinkern und einigen Kusshändchen, wendet er sich ihr noch einige Male zu.

Nun steht er, allein und verlegen, inmitten der geräumigen Manege. Der Lichtkegel des Scheinwerfers erfasst seine übergroßen, roten Schuhe, und gleitet an der schmächtigen Gestalt des Clown´s, empor, der in einer weiten, grün karierten Hose steckt. Die viel zu große, rot grün-blau gemusterte Jacke, reicht ihm bis zu den Knien. Ein weißer, smoking-ähnlicher Schalkragen, gibt den Blick auf ein weiß-rotes, gestreiftes Trikot frei. Am hageren, aus der Jacke herausragenden Hals des Clown´s, hängt schräg eine rote Schleife mit blauen Punkten. Jetzt steht er im vollen Licht, zupft sich verlegen an den weißen Handschuhen und blickt ab und zu Hilfe suchend zu seiner imaginären Geliebten. Im weiß geschminkten Gesicht mit dem roten Mund, den blau markierten Augen und der charakteristischen vierkantigen roten Nase, breitet sich immer mehr ein Lachen aus. Die Glatze mit dem spärlichen Haar-Rand und dem feschen roten Hütchen mit blauer Feder, wackelt im Takt mit. Das Publikum erkennt nun im vollen Licht des Scheinwerfers unter spontanem Beifall seinen Liebling. Die gleichzeitig eingeschaltete Beleuchtung verwirrt Charlie aber so, dass er erschrocken die Manege im Rückwärtsgang wieder verlassen will. Zum Glück bleibt er. Mit wenigen Gesten hat Charlie wieder einmal, die Herzen des zahlreichen Publikums gewonnen. Mit energischen Handbewegungen fordert er für sich einen Tisch und einen Stuhl. Es dauert eine ganze Weile, bis die in weinroter Kleidung, mit goldenen Knöpfen und Kordeln steckenden Helfer, ihre Aufgabe begreifen. Charlie fasst sich ab und zu ans Herz, faltet die Hände und strahlt, als die gewünschten Gegenstände vor ihm stehen.

Er betastet vorsichtig Tisch und Stuhl. Als ob er so etwas zum
ersten Mal sähe, prüft er umständlich deren Form und Standfestigkeit. Er setzt sich, zum Ergötzen des Publikums, sehr vorsichtig auf den Stuhl, immer prüfend, ob dieser nicht zusammenbrechen könne. Er probt nun spielerisch und vergnügt verschiedene Szenen durch: Zunächst sitzt er wie ein Lehrer hinter dem Tisch, der eine Schulklasse bei einer Klassenarbeit beaufsichtigt, dann wie ein Beamter am Schalter, der es mit seinen Pflichten sehr ernst nimmt. Er lehnt sich schließlich gemütlich zurück und scheint die Musik des Orchesters zu genießen. Plötzlich wirkt Charlie sehr besorgt, als ob er annähme, dass sein Publikum mit der bisherigen Vorstellung nicht zufrieden sein könne. Nach einer kurzen, nachdenklichen Pause, deutet er durch Gesten an, dass er drei Gefäße benötige. Die Zirkusdiener bringen, nachdem ihnen der Clown etwas ins Ohr flüsterte, drei durchsichtige Krüge mit
roter, gelber und blauer Seifenlauge und ein Glas, in dem verschiedene Röhrchen stecken. Die Musik spielt ganz leise. Charlie reibt sich vergnügt und zufrieden Hände und Bauch und beginnt mit den Röhrchen unterschiedlich große, farbige Luftballons auf zu blasen, die sich nach einiger Zeit von den Röhrchen trennen und von ihm mit zarten Gesten verabschiedet werden. Die vielen Kinder folgen staunend den Seifenblasen, die sich manchmal in Gruppen und dann wieder einzeln in die Luft erheben und sich einen Weg durchs Zirkuszelt bahnen. Jedes Mal, wenn eine Seifenblase an einem Seil, einer Tragestange oder am Zirkuszelt zerplatzt, ertönt ein bedauerndes „Ohh…“. Unter dem Beifall der Zuschauer und Kinder zaubert Charlie immer größere Seifenblasen, die rot-gelb-blau schimmern, aus den Röhrchen hervor. Er scheint glücklich bei seinem Spiel und klatscht mit dem Publikum in die Hände, wenn ihm schöne Gebilde gelingen.

Nun begibt sich Charlie zu seiner unsichtbaren Geliebten, setzt
sich zu ihr, streichelt sie, umarmt sie und gibt ihr mehrere Küsschen. Sie scheint wie das Publikum mit seinem Auftritt zufrieden zu sein. Ein Trommelwirbel setzt ein. Der Clown bläst als Hauptattraktion aus einem längeren Röhrchen unter zunehmendem Beifall eine Seifenblase auf, die so groß wird, dass sie die Verliebten wie in einem Haus umschließt. Charlie wirkt sehr traurig, als nach einem kräftigen Tusch des Orchesters, sein Traumhaus zerplatzt. Er verbeugte sich mit seiner unsichtbaren Geliebten, zeigt dem Publikum, die leeren Krüge, bekommt einen echten grünen Ballon zur Belohnung, und tanzt mit seiner imaginären Partnerin vergnügt aus der Manege heraus. Der nach einer kleinen Kunstpause einsetzende, rauschende Beifall des Publikums, will kein Ende nehmen. Alle übrigen Artisten, die ihre Künste am Trapez und Hochseil zeigten, die Löwen, Bären und
Elefanten vorführten, bekamen auch Beifall. Nichts aber hat die Kinder mehr begeistert, als der Clown Charlie, der einfach nur mit Seifenblasen spielte. Hinter dem roten Vorhang findet er ein ruhiges Plätzchen und träumt noch ein wenig dem Beifall und den Seifenblasen nach. Er wirkt glücklich und zufrieden. Ist es ihm doch wieder einmal gelungen, zusammen mit den anderen Künstlern, Artisten, den Tieren und vielen Helfern, seine geliebten Kinder und die Erwachsenen mit einem faszinierenden Programm zu begeistern. Schade, dass das Gastspiel, wie alles Schöne, so schnell zu Ende geht.

Kinderfreude
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