Der Hirte

Der Herr
versöhnt
mit allem
Leid

ER stillt den
Hunger
schenkt
Geleit

ER will
SEINE Herde
leiten auf

Den Wegen
durch die
Zeiten

IHM der
uns behüte
sei Dank für
SEINE Güte

Herr Jesus Christus Weg Wahrheit und Leben

 

 

 

 

 

 

 

Die freundliche Seite des Todes

Vor wenigen Monaten streckten und reckten die ersten Winterlinge und Schneeglöckchen ihre Blüten mutig den spärlichen Sonnenstrahlen entgegen. Leicht im Winde sich drehend und wendend, läuteten sie ahnungsvoll den bevorstehenden Frühling ein. Danach zeigten sich zögerlich einzelne Blüten der Zierkirsche, und verwandelten sich, wie durch Zauberhand, in wenigen Tagen vor unseren Augen in ein weißes Blütenmeer.  Die Forsythien platzten in üppig leuchtendem Gelb aus ihren Knospen, und wetteiferten mit den bunten Tulpen, Narzissen und Osterglocken, um die Gunst der Sonne. Die jungen Blätter der Büsche und Bäume drängten aus ihrem Knospen. In überwältigender Fülle begann es ringsum zu grünen und zu blühen. Die Kraft der Sonne hatte auf wunderbare Weise die Natur wieder zu neuem Leben erweckt. Auch die Menschen drängte es hinaus ins Freie. Man konnte wieder Kinder beim fröhlichen Spiel, Paare in trauter Gemeinsamkeit, Nachbarn bei ihren Spaziergängen, und Bauern bei ihrer Arbeit auf den Feldern erleben. Mich hielt es nicht mehr in unserer Wohnung. Die zunehmende Außentemperatur verlockte zu ersten Sonnenbädern auf unserer Terrasse. Dort lag ich vergnügt auf einer Liege, und summte im Gleichklang mit den Vögel- und Kinderstimmen die Melodie: „Im Märzen der Bauer die…“.  Unsere Zierkirsche legte aber schon nach wenigen Tagen ihr hübsches, weißes Kleid, in einem Blütenregen ab, und tauschte es gegen ein neues, grünes Kostüm aus saftigen Blättern um. Es ist nicht zu fassen, wie eilig es die Natur in diesem Jahr wieder hat, uns im Licht der warmen Sonne, mit vielfältigen Wundern und Wandlungen zu beglücken.

Im Gegensatz zum prallen Leben in der Natur, erinnerte uns die Kirche daran, dass wir mitten im Leben auch dem Tod begegnen, denn wir näherten uns dem Höhepunkt der Fastenzeit mit dem Palmsonntag, Gründonnerstag und Karfreitag, und der österlichen Botschaft als Gläubige der Erfahrung, dass wir mitten im Tod auch im Leben sind. Der Frage, ob es sich beim Leben und Tod um ausschließende Gegensätze handelt, oder ob Leben und Tod zu unserem „ganzen Leben“ gehören, wollen wir nun nachgehen: Wer nicht durch die kirchlichen Festtage auf die Frage nach dem Ende aller menschlichen Pracht und Herrlichkeit gestoßen wird, dem drängen sich die täglichen Meldungen über das grausame Geschehen auf unserer Erde, mit vielfachem Tod, und dem Leid der Menschen vor Augen. Weniger im Mittelpunkt öffentlicher Berichterstattung, eher verschämt, auf den letzten Seiten unserer Tageszeitungen, stehen die Todesnachrichten, auf denen wir immer seltener das Kreuzzeichen sehen können. Noch stiller vollzieht sich die Erfahrung des Leidens und Todes im engeren Familien- und Freundeskreis, wenn der Tod überraschend Jung und Alt trifft, und wir dann einander betroffen am Grab begegnen. Es scheint so, als ob das Sterben, der Tod und die Trauer, heute im öffentlichen Bewusstsein, nicht den gebührenden Raum einnehmen würden. Auch uns Christen verschlägt es beim Leiden, Sterben oder plötzlichen Tod eines lieben Menschen oft die Sprache, oder wir Erstarren im Schreck. Das uns mit der Geburt geschenkte Leben, und sein Ende mit dem Tod, begrenzen  aber zusammen unser Dasein auf Erden. Dass Geburt und Tod keine sich ausschließenden Gegensätze sind, sondern als Grenzen unseres ganzen irdischen Lebens zusammen gehören, und dass der christliche Glaube, einen gnädigen Gott verkündet, der unser menschliches Dasein und Sterben, durch Tod und Auferstehung in ein ewiges Leben führen will, gerät immer mehr aus dem Blick. Das war nicht immer so und müsste auch nicht so bleiben.

Nach dem zweiten Weltkrieg, und in den schmerzlichen Erfahrungen der Kriegsjahre, waren Leid und Tod unübersehbare Tatsachen, und  Gegenstand des Redens miteinander. Zwei Generationen vor uns, saßen die Menschen, nach des Tages Mühen und Streit, zusammen, stützten sich gegenseitig, und erzählten einander von ihren Sorgen und Nöten. Viele Sterbende konnten vor Zeiten, ihr Leben im familiären Raum, umgeben von ihren Angehörigen, beenden. Geburt, Leben, Leiden, Sterben und Tod,  bewahrten so ihren Sinnzusammenhang, und die christlichen Rituale begleiteten im Jahreskreis menschliches Dasein, in der Hoffnung auf ein ewiges Leben nach dem Tode. Der in den letzten Dezennien unserer zivilisatorischen Entwicklung zunehmende Trend, zur globalen, wirtschaftlichen Verflechtung, und die Migrationsbewegungen, führte dazu, dass sich die Struktur der Familien veränderte, und die gegenseitige Unterstützung von Geburt bis zum Tod nicht mehr möglich ist. Hinzu kommt eine, Veränderung gesellschaftlicher Normen mit der Einstellung, Leid, Alter, Sterben und Tod aus dem Bewusstsein zu verdrängen, sodass viele der in der Vergangenheit vorhandenen Hilfen, um sich zu Lebzeiten auf das unausweichliche Sterben und den Tod vorzubereiten, nicht mehr greifen. Dem Tod wurde damit die Zugehörigkeit zum Leben verweigert. Es scheint mir aber von essentieller, humaner Bedeutung zu sein, dass es auch in unserer Zeit glaubwürdige Zeugen und Zeugnisse aus der Philosophie, Theologie, Literatur, Religion und Kultur gibt, die uns das Bedenken und Versöhnen von Gegensätzen in unserem Leben, vor allem die Zugehörigkeit von Leben und Tod der Einzelschicksale zur Geschichte der Menschheit nahebringen. Ich habe mich in meinem beruflichen Leben, in der Wirtschaft, Politik, und als Psychologischer Psychotherapeut, im engen Austausch mit den Mitmenschen lebenslang mit den Fragen unseres menschlichen Daseins, der uns bergenden Natur und Kultur, und ihren Wandlungen befasst. Wer meine schriftstellerischen Arbeiten der letzten Jahre kennt, kann feststellen, dass ich, wenn nötig, auch gegen den Zeitgeist, bemüht war und bleibe, das Ganze unseres menschlichen Daseins in einem geschichtlichen und kulturellen, religiösen und philosophischen Zusammenhang zu bedenken. In diesem Kontext habe ich die Natur- und Geisteswissenschaften zwar unterschieden, aber nie als sich ausschließende Gegensätze betrachtet. Nach meiner Pensionierung, habe ich in  meinen Schriften, besonders die mit dem Alter gegebenen Probleme, Fragen, und  Möglichkeiten kreativer Entfaltung bedacht. Ein Prozess, der mit der Vorbereitung auf das Ende im Tod, und in der christlichen Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod, sein Ziel findet. Im heutigen Beitrag gilt mein Interesse besonders den letzten Erfahrungen eines Menschen, der möglichen Verdrängung dieser todsicheren Ereignisse, oder einer rechtzeitigen Vorbereitung auf das Sterben und den Tod:

In einer Predigt hat ein Priester zurecht darauf hingewiesen, dass unser Gott, ein Gott des Lebens war, ist und bleibt. Dass es aber für uns Christen in der Betrachtung der österlichen Geheimnisse, in der Nachfolge Christi, auch auf unsere Vorbereitung durch eine Betrachtung unserer Endlichkeit, des Sterbens, Todes und der Hoffnung auf Auferstehung und ein ewiges Leben gehe. Viele Todesfälle in der eigenen Familie und im Freundeskreis in den letzten Jahren unterstrichen für mich die Bedeutung dieser Vorbereitung auf das Lebensende über das eigene Geschick hinaus, für alle Menschen. Die Reflexion über einen eigenen Traum in diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen, liebe Leser, nun vorstellen:  Im Anschluss an die zuvor genannte Predigt, betrachtete ich mein im höheren Lebensalter sicher zu erwartendes Sterben und meinen Tod.  Ins Einschlafen hinein begleiteten mich zu meiner Überraschung zum ersten Mal in meinem Leben die Vorstellungen, dass mein eigener Tod trotz des schmerzlichen Lebensendes auch ein freundliches Gesicht habe. Erst nach einem folgenden Gespräch, in dem ich von einem alten Mann erfuhr, der den Tod zuvor verdrängte, und nun durch einen Schlaganfall gar nicht mehr in der Lage war, sich auf den Tod vorzubereiten, sah ich mich veranlasst, mit Ihnen, über dieses für uns alle bedeutungsvolle Thema zu reden. Ich wollte  und konnte Ihnen das überraschende Ergebnis meines Nachdenkens über das eigene Sterben und meinen Tod, nicht vorenthalten. Das Ergebnis fasse ich in nun zusammen:

Ich erkannte, dass mit meinem Tod nicht nur mein eigenes Leben mit all seinen Möglichkeiten auf Erden zu Ende geht, sondern auch alles vollständig und wirklich endet, was mir im Leben zur Last wurde. Ich muss nach meinem Tod nicht mehr für den Leib und meine Seele besorgt sein, kann keine Fehler mehr begehen, weder lügen, noch die Wahrheit verleugnen. Mit dem Tod hat auch alle Angst, Unsicherheit, Gehemmtheit, Not, Kummer, jegliche Sorge, das  Leid, die Schmerzen, Enttäuschungen, Verletzungen, Beleidigungen, Missverständnisse, und die Bedrängnisse meiner Erdenzeit ein Ende. Ich schlief in Gedanken an die Osternacht und meine Taufe ruhig ein und hatte folgenden Traum: „In einer ersten Szene bin ich als Träumer in einem Schwimmbad. Es nähern sich mir zwei wohlgenährte Fische mit offenen Mäulern. Der eine schlingt seine gebetsriemenartige Schwanzflosse liebevoll um mich. Beide Fische platzieren sich unter meinen Armen und halten mich über Wasser. In der folgenden Szene wird das Badewasser abgelassen. Ich bin besorgt, um das Überleben der Fische, und bringe sie in eine mit Wasser gefüllte Badewanne. In einer nächsten Szene spreche ich frohgemut mit einigen Theologen über meinen Traum, und verkünde ihnen die Erkenntnis, dass sie sich nicht vor dem Tod fürchten müssten, denn alles, was sie auf Erden je belastet hätte, fände mit dem Tod ein endgültiges Ende.“ Es ist für mich eine befreiende, erlösende Vorstellung, sicher sein zu können, dass alle die vor mir starben, denen ich wohl gesonnen bin, nach ihrem Tod nicht noch einmal ein Leben auf Erden erleiden müssen. Ebenso befreiend ist die Vorstellung, dass nach meinem Tod, die Trauernden sicher sein dürfen, dass weder ich noch sie selbst, nach ihrem Tod, noch einmal ein leidvolles Leben auf Erden erwartet. Es macht aber auch für die mir noch geschenkte Zeit keinen Sinn mehr, über das vergangene Leid und vergangenen Streit nachzugrübeln, vielmehr am Ende der Fastenzeit als Vorbereitung auf Ostern, allen Lebensgroll loszulassen, mit meinem Leben von Geburt bis zum Tod zufrieden zu sein, und mich der göttlichen Liebe und Barmherzigkeit anzuvertrauen. Ihnen und Ihren Lieben wünsche ich ein gesegnetes frohes Oster- und Pfingtfest.

Die Auferstehung der ewigen Liebe.

 

 

 

Dem Heiligen Geist

Innige Freude und Dankbarkeit drängt sich aus einer meditativen Stille ins Wort. Im Anfang war das Wort. und es wirkt in unser aller Leben in Zeit und Ewigkeit. Es ist der unfassbare und zugleich wirkmächtigste Geist Gottes, der Heilige Geist, von dem ich zu reden wage. Wir können nur SEINE Wirkungen erkennen. ER weht wo und wann ER will. Alles ist aber durch IHN belebt. Der Heilige Geist erneuert, drängt, bestärkt, durchwaltet uns Menschen und alles Geschaffene, um es nach Gottes Willen in Form zu bringen. In der Stille der Seele und im Handeln, fast unmerklich, wirkt diese kraftvolle Stimme, die unsere Herzen und den Verstand in alle Wahrheit einführt, und unsere schöpferischen Kräfte zum Dienst an einander in unserer Zeit ausrichtet. Es ist der Geist, der uns als Einzelne befähigt, das Wohl des Ganzen im Blick zu behalten. Der Heilige Geist der uns in der Liebe vereint und Standfestigkeit im Leben verleiht. ER vermag unser Vertrauen auf Gottes Wort, und die Hoffnung auf ein ewiges Leben zu bestärken. Der Heilige Geist möge mir verzeihen, dass ich SEIN lebendiges Wirken in meinem und unser aller Leben in Zeit und Ewigkeit so spät gewürdigt habe. Uns allen wünsche ich die Fülle SEINER Gaben.

Gott befohlen.

Komm Heiliger Geist

 

De Gotteswäg

O Gott i
zieh mi
Chäpli ab
un schwieg

Un bin ganz
g´wiß DU
hesch uns
lieb

Durch DICH
isch alles
schön un
ganz

DU bisch mi
Glück i bin
DI Edelstei un
DI Monstranz

DU mi vetrauti
Hand DU Gottes
Wort

Bisch Wäg
und Hort ins
g´lobti Land

Heimatliche Stimmung

 

 

 

 

 

 

Graz und Josephine

Pünktlich zur vereinbarten Zeit treffen wir uns auf einem Parkplatz in der Nähe des Friedhofes. Josephine entstieg, wie erwartet, elegant gekleidet, einem älteren, braunen Peugeot. Wir fahren auf Vorschlag unserer munteren „Reiseführerin“, durch das im warmen Sonnenlicht liegende, hügelige Umland von Graz, nach Deutschlandsberg. Es bereitet uns unterwegs ein besonderes Vergnügen, Josephine erzählen zu hören. Konnte sie doch Episoden aus ihrem reichen Leben anschaulich darstellen. Dazwischen blieb genügend Zeit, uns auf das Reiseziel, ein kleines Städtchen, von dem sie schwärmte, ein zu stimmen. In ruhiger Fahrt durch das sich um uns ausbreitende Land in sommerlichem Grün, erfahren wir in anregendem Gespräch, dass Josephines Temperament auch in deren Jugend schwer zu bändigen war: Ihr verehrter Vater, Offizier, hatte, wie manche andere Väter, einen speziellen Lebensweg für seine hübsche Tochter vorgesehen. Sie aber plante eigenwillig ihre Gegenwart und Zukunft zielstrebig selbst. Dem zufolge verbrachte sie ihre Jugend überwiegend beim Tennisspiel, dem Fechtsport und in anderer angenehmer Gesellschaft. Auch bei der Wahl ihres Studiums, wich sie entschieden von den Zielen ihres Vaters ab, behauptete sich, und studierte slawische Sprachen. Diese speziellen Kenntnisse verhalfen ihr später zu einer Karriere im diplomatisch-wirtschaftlichen Dienst ihres Landes. Da wir im Westen kaum Möglichkeiten hatten, uns ein Bild vom Leben der Menschen hinter dem „eisernen Vorhang“ zu machen, waren wir sehr interessiert, hiervon durch Josephine in deren authentischen Geschichten etwas zu hören: Sie berichtete eindrücklich und lebhaft von verschiedenen Episoden aus ihrer beruflichen Tätigkeit. Josephine erzählte auch einfühlend von vielen Begegnungen im Alltag mit den Menschen hinter dem „eisernen Vorhang“ und den damals üblichen strengen Kontrollen an den Grenzübergängen. Wir erreichen so, amüsant unterhalten, Deutschlandsberg: Der die kleine Stadt, mit ihrem allerwärts vorhandenen Blumenschmuck, liebevoll verklärende Blick unserer Begleiterin, entsprach aber nicht ganz unseren höheren Erwartungen, als wir in der Hitze des Tages, die kaum belebte Hauptstraße entlang gingen. Nach einem reichlichen Mittagessen -es durften auf Vorschlag unserer Reiseführerin nur „Back Hendel“ sein, die man uns  in einem ihr bekannten, nahe gelegenen Landgasthaus, köstlich zubereitet vorsetzte. Wir hatten nach der Mahlzeit zur Verdauung einen Spaziergang nötig, umrundeten geruhsam, das der Öffentlichkeit nicht frei zugängige Schloss Hollenegg mit Park, und fuhren satt und vergnügt nach Graz zurück.

Wer könnte schon eine Reise nach Österreich unternehmen, ohne die Dynastie der Habsburger respektvoll zu würdigen, die durch kluge Heiratspolitik und Erbverträge von einem Grafengeschlecht im Aargau, zu einem mächtigen, über Jahrhunderte in Europa regierenden Herrschergeschlecht aufstiegen. Wir hofften daher sehr, an unserem Ferienort in der zweitgrößten österreichischen Stadt Graz, die mit ihrer Altstadt und dem Schlossberg zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört, auf historisch bedeutsame Spuren zu stoßen, und einigen dort beheimateten Menschen zu begegnen. Mit unserer erst hier entdeckten Grazerin Josephine und meinem aus dieser Region stammenden Jugendfreund Harald, hatten wir bereits erste Zeitzeugen gefunden, die uns auf ihre je eigene Weise zur historischen Spurensuche in und um die Landeshauptstadt der Steiermark ermunterten. Wir waren gespannt darauf, was uns bevorstand! Aus der Stadtgeschichte erfahren wir, dass Graz im10. Jahrhundert von slawischen Siedlern gegründet, 1282 habsburgisch, und mit der Krönung Friedrichs III. 1452, kaiserliche Residenz wurde. Diesen Status verlor die Stadt aber wieder für einige Zeit. Erst unter Erzherzog Karl II., dem Regenten der Innerösterreichischen Erblande, wurde Graz im Jahr 1571 erneut Residenzstadt: Erzherzog Karl II. hielt in Graz prunkvoll Hof, holte in der Gegenreformation die Jesuiten in die Stadt und veranlasste den Bau einer Universität. Von einigen Erlebnissen in dieser einladenden Stadt, deren Umgebung und von einigen Bürgern, die hier Wurzeln geschlagen haben, möchte ich nun zu Ehren der Habsburger berichten:

Eine erste, beeindruckende Begegnung mit der Geschichte der Stadt Graz erlebten wir beim Besuch des Landeszeughauses. In den Jahren 1641/1642 richteten die Landstände dieses zentrale Waffendepot der Steiermark ein. Dort lagern seit vierhundert Jahren sorgsam gepflegt und sortiert, 32000 Waffen und Harnische für Fuß- und Reitsoldaten, mit denen noch heute eine Armee von 5000 Mann ausgerüstet werden könnte. Es ist eine sehenswerte Sammlung. Die größte historische Waffenkammer der Welt. Sie wurde einst in Graz, im Südosten des Habsburger-Reiches, zum Schutz der Innerösterreichischen Erblande Steiermark, Kernten,  Krain und der Stadt, vor den Bedrohungen durch Einfälle osmanischer Truppen und ungarischer Rebellen, im 15.-bis ins 18. Jahrhundert eingerichtet. Bei unserem ersten längeren Spaziergang durch die Altstadt, mit ihren gut erhaltenen Fachwerkhäusern und deren prächtigen Fassaden, gelangen wir neugierig geworden, durch eine Zufahrt in einen der gepflegten Innenräume. Zu unserer Überraschung kommen wir dort mit einem freundlichen Grazer, einem pensionierten Beamten ins Gespräch, der diesen Innenhof in liebevoller Arbeit und Pflege zu einem schmucken Lebensraum für unzählige Pflanzen, Blumen und Rosen gestaltet hatte. Es war sehr beeindruckend, diesen begeisternden Garten- und Blumenfreund sprechen zu hören und zu erleben, was ihm dieses Fleckchen Erde Wert ist. In dieser Stadt, so scheint es, kommt man leicht mit einander ins Gespräch. Wir bekamen auch unterwegs immer wieder freundliche Menschen zu Gesicht, die uns halfen, den Weg zu unserem nächsten Ziel zu finden.

Nach dieser erholsamen Unterbrechung setzen wir unseren Weg auf den Spuren der Habsburger fort, und gelangen nach wenigen Minuten zum Dom mit seinem mächtigen, in Barock erstellten Hochaltar und der reichen Innenausstattung. Am nahe gelegenen Jesuitenkolleg vorbei, wo nebenan, die 1585 gegründete alte Universität bis 1870 als Stätte der Lehre diente, gelangen wir zum Mausoleum, einem der bedeutendsten Bauwerke des Manierismus in Österreich. Kaiser Ferdinand II. ließ dieses imposante Gebäude noch zu seinen Lebzeiten, als residierender Herrscher von Innerösterreich erstellen.  Über das rechte Seitenschiff gelangt man in die Friedrichskapelle. Hier befinden wir uns auf ehrwürdigem, historischem Hoheitsgebiet der Habsburger, denn in einer Gruft unterhalb der Grabkapelle ruht Kaiser Ferdinand II. mit anderen Habsburgern. Wer sich in Graz umsieht, stößt immer wieder auf den Namen „Joanneum“: Erzherzog Johann von Österreich(1782-1859), Sohn des späteren Kaisers Leopold II., entwickelte sich zum Förderer von Bildung und Wirtschaft. Er gründete 1811 das „Joanneum“, aus dem das heutige Landesmuseum, und die Entwicklungsgesellschaft Joanneum Research hervorgegangen sind. Für Touristen und historische Spurensucher eine Fundgrube, denn das seit zweihundert Jahren bestehende Universalmuseum bewahrt, erforscht und vermittelt Kenntnisse über 4,5 Millionen Exponate an 13 Standorten in der ganzen Steiermark. Es ist Zeit zu einem guten Mittagessen. Wir wollen dabei aber auch kennen lernen, welche Köstlichkeiten sich die Grazer gönnen, um „Leib und Seele zusammen zu halten“. An einladenden, bestens geführten Lokalen und Hotels, mangelt es hier nicht. Wir finden nach wenigen Minuten ein Restaurant mit einem schattigen Innenhof und genießen die steirische, etwas deftige Küche. Josephine, unsere Grazer Freundin, kommt uns nach Tisch mit ihrer Anregung in den Sinn, uns einen gemütlichen Platz vor einem Cafe in der Herrengasse nicht entgehen zu lassen, um diese Flaniermeile der Grazer, vor allem der Grazerinnen, zu genießen. Danach ist uns. Wir entdecken bald ein Cafe, das echte „Sacher-Torte“ anbietet. Dort nehmen wir Platz und lassen uns von dem lebhaften Treiben auf der Gasse nach dem Motto: „Man zeigt, was man hat“ einfach mitnehmen. Es fällt nicht schwer, uns dabei vorzustellen, dass auch lange vor uns in der Herrengasse Bürger und Gäste der Stadt, bei Kaffe und Kuchen ihre Augen schweifen ließen. Es dauert nicht lange und zwei der zeitlos immer schönen Grazerinnen platzieren sich in unserer Nähe. Wir sind uns offensichtlich nicht unsympathisch. In ihrer hübschen, sommerlich leichten weißen Kleidung, sind die beiden Damen eine echte Wohltat für meine Augen. Wir lächeln uns zu und das Spiel kann beginnen: Erste freundliche, unverfängliche Worte, wandern von Tisch zu Tisch. Alle Müdigkeit ist plötzlich verschwunden. Der Charme dieser Frauen, wahrscheinlich Mutter und Tochter, tritt im Gespräch immer deutlicher hervor. Das hatte mir zu meinem Glück in Graz gerade noch gefehlt. Auch meine Frau spielt vergnügt mit. Was wir durch den Liebreiz und das Temperament dieser Damen in kurzer Zeit erfahren konnten, rundete unsere Erlebnisse in Graz auf amüsante Weise ab. Als wir uns nach einem knappen Stündchen von einander verabschieden, geht es nicht ohne den Hinweis, dass wir uns hier gern wieder sehen möchten.

Ja, Graz ist wirklich eine Reise wert! Zu dieser Erkenntnis kamen wir, als wir uns angesichts der sich zu Ende neigenden Ferien entscheiden mussten, welche Akzente wir bei der Vielfalt der Optionen noch setzen könnten. Wir entschieden uns für das Schloss Eggenberg, das westlich von Graz liegt. Meine Frau, besser als ich zu Fuß, wollte aber unbedingt noch zusätzlich den Grazer Schlossberg besteigen, um mir, darüber berichten zu können. Um die lange christliche Tradition Österreichs zu würdigen, planten wir zum Abschluss unserer Reise, den Besuch von zwei Klöstern: Von unserem Hotel aus hatten wir die Straßenbahn in den letzten Tagen oft gehört und gesehen. Sie ist aus Graz nicht wegzudenken. Nun stiegen wir einmal selbst ein und genossen die etwas ruckende Fahrt mit ihr zu unserem heutigen Ausflugsziel: Wir sind nicht die einzigen Besucher an diesem Tag und gönnen uns eine Führung. Schloss Eggenberg ist mit seinen prächtigen Räumen und romantischen Parkanlagen die bedeutendste Schlossanlage im Westen von Graz. Das Universalmuseum Joanneum hat dort kostbare Sammlungen wie das Lapidarium, das Münzkabinett und die Alte Galerie mit Meisterwerken der Kunst vom Mittelalter bis zur Aufklärung untergebracht. Wir erfahren, dass Fürst Hans Ulrich von Eggenberg(1568-1634), der als engster Vertrauter Kaiser Ferdinands II. die politischen Geschicke des Reiches in der frühen Phase des Dreißigjährigen Krieges lenkte, ab 1625 dieses repräsentative Gebäude als ein Symbol der Macht und seines humanistisch geprägten Weltbildes errichten ließ: Im zentral gelegenen, prunkvollen Planetensaal, hat der Hofmaler Hans Adam Weißen Kircher zwischen den Jahren1678 und 1685 einen Gemäldezyklus gefertigt, in dem die Familie Eggenberg allegorisch. als Götter eines selbst geschaffenen Universums Himmel und Erde lenken. An den Planetensaal schließt sich die Beletage, ein Kreis von 24 Prunkräumen, mit kostbaren Original-Interieurs an. Die weitläufige Parkanlage mit dem Planetengarten und dem Rosenhügel, zählt zu den bedeutendsten Gartendenkmalen des Landes. Während meine Frau die vielen Stufen zum Grazer Schlossberg hinauf und hinunter steigt, vergnüge ich mich in einer Buchhandlung und fahnde in einer großen Weinhandlung nach der einen oder anderen Flasche zur Erinnerung an unseren Aufenthalt in Graz. Von ihrem Damenprogramm auf dem Schlossberg etwas ermattet zurück gekehrt, schwärmt meine Frau von der wunderbaren Sicht über die Stadt und das Umland, dem 1588 erbauten Glockenturm mit der knapp fünf Tonnen schweren Grazer Glocke „Liesl“, und dem Uhrenturm, dessen Werk seit 1712 pünktlich die Stunden schlägt. Ich, als Zurückgebliebener, habe aber auch etwas zu bieten und ergänze aus meinen Quellen, was meiner Frau entgangen sein könnte, denn der Schlossberg hat seine eigene Geschichte: Eine kleine Burg, vor 1000 Jahren auf einem Felsvorsprung errichtet, gab der Stadt den Namen Graz. Ab 1544 entstand hier eine mächtige Renaissancefestung, im Guinness-Buch der Rekorde als stärkste Festung aller Zeiten verzeichnet. Um bei Belagerungen über genügend Wasser zu verfügen, wurde 1554-1558 ein 94 Meter tiefer Brunnen, der „Türkenbrunnen“, gegraben. Sogar Napoleon konnte die Festung Anfang des 19. Jahrhunderts nicht erobern. Erst als er 1809, nach der Besetzung Wiens, mit dessen Zerstörung drohte, ergab sich Graz und die Festung wurde geschliffen. Im Zweiten Weltkrieg entstand als Luftschutzbunker für 40000 Personen im Schlossberg ein umfangreiches Stollensystem. Beim Abrechnen im Hotel übergibt uns eine Dame in der Reception ein kleines Päckchen das für uns hinterlegt wurde. Unsere Grazer Freundin hat an uns gedacht. Trotz der Reisevorbereitung nehmen wir uns ein wenig Zeit für diese gelungene Überraschung: In ihrer feingliedrigen, ziselierten Handschrift, lässt Josephine erkennen, wie viel ihr die Begegnung mit uns und die Gespräche gerade in ihrer augenblicklichen Situation bedeuten. Sie müsse altersbedingt ihr Haus verkaufen, umziehen, und sei daher auch telefonisch nicht zu erreichen. Sie wünsche uns aber mit lieben Grüßen eine gute Zeit. Der Brief zeigt uns, welch innige Beziehung eine kurze Bekanntschaft stiften kann. Beigefügt hat Josephine eine, im Reclam Verlag Leipzig erschienene Gymnasial-Humoreske von Dr. Krackowizer, mit dem Titel: „Naturgeschichte des österreichischen Studenten“. Und ein, im Jahr 1943 im Leykam Verlag Graz-Wien-Leipzig erschienenes Buch, getitelt: „Die Blume Türkenbund“ von Paul Anton Keller. Beide Bücher stammen aus dem Besitz ihres Vaters. Der Brief und die Geschenke von Josephine verdienen mit einem Rahmen unseres Wohlwollens versehen zu werden. Sie sind mehr als ein Reisesegen. Wir sind im Aufbruch. Der Abschiedsschmerz hält sich aber in Grenzen, denn es erwarten uns auf der Heimreise noch zwei sorgsam ausgewählte Klöster:

Bei fortwährend stabiler Wetterlage, stehen wir staunend vor dem 15 Kilometer nördlich von Graz, in einem Seitental der Mur bei Gratwein gelegenen Zisterzienserstift Rein-Hohen Furt, einer am Fuße des Ulrichberges gelegenen, mächtigen Vierhofanlage. Als 38. Kloster des Ordens, wurde es noch zu Lebzeiten des heiligen Bernhards 1129 durch Markgraf Leopold I. gestiftet. Heute präsentiert sich das Stift, als ein typisch österreichisches Barockkloster. Es ist als das älteste bestehende Zisterzienserstift der Welt bekannt und wird stolz „Wiege der Steiermark“ genannt. Papst Johannes II. erhob die sehenswerte schmucke Kirche 1979 zur Basilika minor. Die glanzvolle Stiftsbibliothek mit über 100000 Bänden, 300 Handschriften und Inkunabeln, am bekanntesten ein Parzival-Fragment aus dem 13. Jahrhundert, der Äbte Galerie und gotischen Kreuzkapelle, sind Sehenswürdigkeiten der besonderen Art. Dass aber im Stift Rein noch heute 20 Zisterzienser leben und in der Marienkapelle das Stundengebet und manchmal die Konventsmesse feiern, macht uns diesen Ort besonders wertvoll. Für eine Fülle geistiger und geistlicher Anregungen in Rein bedanken wir uns beim Stundegebet mit den Mönchen und beschließen den Aufenthalt bei den Zisterziensern mit einer deftigen Brotzeit in der Stiftstaverne. Mit dem Besuch des Klosters Admont nordwestlich von Graz, kurz vor dem Eintritt der Enns in das Gesäuse gelegen, steht uns auf der Heimreise ein besonderes Ereignis bevor: Das Benediktinerstift Admont ist eines der bedeutendsten Klöster Österreichs, durch seinen Grundbesitz sogar das größte Kloster der Welt. Als erstes steirisches Männerkloster wurde es im Jahr 1074 von Erzbischof Gebhard von Salzburg zu Ehren der Mutter Gottes und des heiligen Blasius gegründet. Im Mittelalter entwickelte es sich dank seiner bedeutenden Schreibschule zu einem Zentrum der Kultur in der Steiermark. Die Stiftskirche, seit 1787 auch Pfarrkirche, entstand in ihrer heutigen Gestalt als erster großer neugotischer Sakralbau Österreichs, nach einer Brandkatastrophe im Jahr 1865. Man kann das Kloster wie ein Wahrzeichen schon von weitem sehen. Der stimmungsvoll gestaltete Innenraum der Kirche ist mit vielfältigen künstlerischen Werken verschiedener Epochen ausgestattet. Beim Betreten des majestätischen Bibliotheksaales, des größten Büchersaals der Welt, kennt das Staunen keine Grenzen mehr: Der 70 Meter lange Raum erstreckt sich über zwei Geschosse mit einer elliptischen Kuppel in der Mitte. Die außergewöhnlich kräftig leuchtenden Deckenfresken, stellen die Künste, weltliche und geistliche Wissenschaften, mythologische und allegorische Szenen dar. Weiße, goldverzierte Rokoko-Bücherschränke, strukturieren den Raum. Aus allen Wissensgebieten stehen in den Regalen 90000 Bände. Als größter Schatz aber gelten die überwiegend im eigenen Skriptorium entstandenen Pergamenthandschriften. Im dritten Stock des Ostflügels konnten wir unzählige kunst- und naturhistorische Exponate bestaunen. Allein die Insektensammlung mit über 252000 Objekten, zählt weltweit zu einer der bedeutendsten. Leider müssen wir uns, der langen Heimreise wegen, schon wieder vom Kloster Admont, und den Benediktinern, die in den umliegenden Pfarreien und dem Gymnasium als Seelsorger wirken, verabschieden und sie bitten, uns in ihr „ora et labora“ einzubeziehen.

Bleibt als Nachwort zu sagen: Ja, liebe Josephine, wir werden alles dafür tun, dass sich Deine Wünsche erfüllen. Da Du leider schwer zu erreichen bist, möchten wir Dir wenigstens in diesem Reisebericht für alles danken, was wir mit Dir zusammen erleben durften und Dir mitteilen, dass wir Dich ebenso mit unseren guten Wünschen begleiten. Ich glaube, dass auch mein Jugendfreund Harald sich sehr freuen wird, wenn er unsere Erzählung über seine ihm teure Heimat liest und von Dir, Josephine, so viel Schönes zu hören bekommt.

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