Eine Reise nach Stuttgart

Wir sitzen im Wohnzimmer und meine Frau strickt. Es ist nur das leise aneinander Reiben der Nadeln zu hören. In der momentanen Stille erinnere ich mich an ähnliche Situationen in meiner Jugend. Damals fühlte ich mich manchmal sehr wohl und meiner Mutter innig verbunden, wenn sie in der Küche das Geschirr spülte und ich sie beim Klappern der Teller in der Nähe wusste. Im Augenblick geht es mir genau so. Schweigend genieße ich die Zweisamkeit mit meiner Frau. Ab und zu beobachte ich sie auf meinem Sessel hinter ihr und freue mich, sie so entspannt sitzend zu sehen. Ich weiß, wenn sie nadelt, geht es ihr gut – und mir dann auch. Ein wenig Himmel auf Erden. Verbindet uns doch unaussprechlich viel, seit wir uns vor über fünfzig Jahren das erste Mal sahen. Immer wieder bin ich dankbar, wenn ich sie an meiner Seite glücklich erlebe. Das nun aufkommende Gespräch, öffnet unsere Zweisamkeit. Wir reden mit einander über die vergangenen Tage.

Iris hatte am Abend zuvor aus Interesse an Märchen die Sendung „Alice im Wunderland“ eingeschaltet. Hingegeben verfolgt sie, um mir Ruhe zu gönnen, mit Kopfhörern das Geschehen. Ich beteiligte mich etwas halbherzig und genoß das beim Fernsehen übliche Schweigen, um meinen stets bereiten eigenen Fantasien freien Lauf zu lassen. Gelegentliche Stille, in der sich viel ereignet, ist für mich geradezu lebenswichtig. Immer wieder gönne ich mir deswegen eine Pause, um die vielen Eindrücke und Informationen, denen ich nicht entgehen kann, auf ihre Bedeutung für uns zu überdenken. Aber genau in dem Augenblick, als Alice im Märchen dem Hasen folgend, durch ein Loch im Wurzelwerk eines ausladenden Baumes, in ein weit verzweigtes unterirdisches Labyrinth hinabstürzt, tauche auch ich ab in ein kleines Nickerchen. Auf diese Weise verpasste ich den größten Teil der Sendung. Ab und zu muss ich aber doch wieder ein wenig zu mir gekommen sein. Nach einem jeweils kurzen Blinzeln schlossen sich aber die Lieder wieder, als ich bemerkte wie heftig Alice noch mit den schrecklichen Wesen der Unterwelt kämpfte. Die innere Uhr
weckte mich aber exakt in dem Augenblick, als Alice nach langer Irrfahrt wieder gesund, gestärkt und wohlbehalten aus dem Labyrinth auftauchte. Nach dieser Sendung drehte sich meine Frau um, sah mich etwas besorgt an und fragte: „Weinst Du, bist Du etwa traurig?“ Es mag durchaus sein, dass ich beim inneren „Wiederkäuen“ von Erlebnissen im Halbschlaf oder träumend auf wichtige Dinge gestoßen bin, die einer Träne Wert waren – wer weiß das schon genau. Wahrheitsgemäß antwortete ich: „Sollten Dir meine Augen feucht erscheinen, dann könnte das eher bedeuten, dass ich mich wie Alice im Märchen darüber freue, eigene Kämpfe und Trauer im Leben auch schadlos überstanden zu haben.“ Angeregt durch das Märchen, kamen wir auf gemeinsame Erlebnisse in den letzten Tagen zu sprechen, die uns überraschten und der Fantasie reichlich Nahrung boten. Diese kleinen Geschichten aus unserem Alltag möchten wir Ihnen, liebe Leser, nicht vorenthalten.

Vor Tagen fuhren wir mit der Regionalbahn nach Stuttgart. Iris nimmt dort an Vorlesungen über Karl den Großen teil. Da ich mich derzeit im Blick auf das Zeitgeschehen oft besorgt frage, was geschehen müsste, damit wir Europäer nicht wieder in National-Staatlichkeit zurückfallen, interessierte mich, was die heutige Forschung uns über Karl den Großen vorlegt. Hatte er doch damals in einer bedeutenden geschichtlichen Epoche, ähnlich wie wir heute, schwierige Aufgaben zu bewältigen, um das weit ausgedehnte Reich zu verwalten und zu einen. Die Frage, was heute zum Wohl Europas geschehen müsste, treibt mich schon lange um. Ich werde mich zu gegebener hierzu äußern. Dies ist aber dann eine andere Geschichte. Hier will ich nur andeuten, was mich veranlasste, meine Frau an diesem Tag zu begleiten.

Die Realität holte uns Altstudenten nach der Vorlesung wieder rasch ein, denn es galt, die Abfahrtszeit unseres Zuges zur Rückreise nach neuem Fahrplan zu bestimmen. Meine Frau kennt sich, der vielen Termine wegen, in der Stadt unstrittig besser aus als ich. Manchmal verlieh ich ihr schon insgeheim den Titel einer „Wahl-Stuttgarterin“ Deshalb lasse ich mich in der Regel gern von ihr durch die belebten Strassen führen. In dem aktuellen Falle geschah dies aber nicht. Denn ein kleines Teufelchen männlichen Aufbegehrens gab keine Ruhe, sodass ich sehr bestimmt, am Ende jedoch ineffektiv, darauf bestand, auch selbst auf irgendeine Weise die Abfahrtszeit des Zuges herausfinden zu können. Die Miene meiner Frau verhieß darauf hin nichts Gutes. In der Folge hatten wir einige Mühe, die etwas eingetrübte Stimmung wieder auszugleichen. Ich musste zu diesem Zweck, in meiner männlichen Ehre zwar etwas gekränkt, aber ohne ernstlichen Schaden zu nehmen, meine „Protestfahne“ wieder einrollen. Denn Iris führte mich im Bahnhof zielstrebig zu einem Stand, an dem die neusten Fahrpläne kostenlos angeboten wurden. Der Selbständigkeit halber versorgte ich mich auch mit den aktuellsten Informationen über die Ankunfts- und Abfahrtszeiten der Züge. Ich muss gestehen, dass wir heute unsere unterschiedlichen Standpunkte weniger kämpferisch vertreten und bei geringerem Aufwand eher beidseits befriedigende Lösungen erzielen, als in früheren Jahren. Es lohnte sich daher für uns in vielen Versuchen geduldig zu lernen, was geschehen muss, um immer wieder einen Ausgleich der Interessen zu erreichen. Manche Menschen nennen diesen Umgang mit einander sogar Liebe.

Als ob uns das Schicksal an diesem Tage nicht besonders wohl gesonnen wäre, steuerten wir bereits ohne etwas davon zu ahnen, auf den nächsten Dissens zu: Ich stürmte, um unseren Zug nicht zu verpassen, entgegen sonst üblicher Praxis voraus. Ein Blick auf die Abfahrtstafel zeigte mir, dass Eile geboten war. Die Regionalbahn stand an unserem Bahnsteig schon bereit, um in drei Minuten Stuttgart zu verlassen. Die Erregung stieg zusehends, als ich zurückblickend meine Frau nirgends entdecken konnte. Das hatte mir gerade noch gefehlt. Wütend steige ich, begleitet von dem wenig schmeichelhaften Gefühl, „möge sie nun nach Hause kommen, wann sie will“, in einen
der hinteren Wagen des Zuges ein. Eine unerklärliche Hoffnung auf ein Wunder ließ mich aber an der offenen Türe warten. Und siehe da, in letzter Sekunde vor Abfahrt des Zuges, taucht Iris auf, sieht mich, stürzt herbei und steht schwer atmend, aber wie ein unschuldiges Lämmchen neben mir. Ich wollte schon zu einer Gardinenpredigt ansetzen, da erklärte sie mir mit einem versöhnenden Blick, sie habe einen Blinden zum Zuge führen müssen. Nicht einmal meine durchaus berechtigt Wut konnte ich nun loswerden. Die Kritik an ihrer für mich unangenehmen Verspätung blieb mir bei diesem Sachverhalt im Halse stecken. Einem blinden Menschen hätte ich doch auch geholfen.

Die Gemüter beruhigten sich nicht wesentlich, als wir uns danach durch einige Wagen des voll besetzten Zuges hindurch quälen mussten, um im vorderen Bereich einen Platz zu ergattern, der für den Ausstieg am Zielbahnhof günstiger lag. Wir verzichteten weise auf eine grundsätzlichere Aussprache zum Thema Verspätung. Hatte doch mein Schwiegervater deswegen schon unter der Türe stehend zu leiden, um auch die letzte seiner Töchter vor der Abreise noch einzufangen. Was die Pünktlichkeit anbelangt, bin ich mit meiner Frau und drei Töchtern gesegnet, sein direkter Nachfahre. Auf der Rückreise aus Stuttgart, gelang uns aber auf elegante Weise, das Thema zu wechseln. Waren wir doch beide mehr an einem Gespräch über Details der interessanten Vorlesung interessiert, als daran, die Gründe zu erforschen, weshalb es in unserer Familie die betrübliche Neigung gibt, dass die Damen oft zu spät kommen. Wir wurden dabei durch ein unangenehmes Geräusch aus dem Lautsprecher so sehr gestört, dass wir in einen anderen Wagen flüchteten, um auch dieser Belästigung zu entgehen.

Bei der anschließenden anregenden Unterhaltung, verging die Zeit wie im Fluge. Irgendwann hielt der Zug irgendwo. Ich schaue kurz aus dem Fenster und behaupte, wir sind schon in Backnang, und damit bald zu Hause. Ein vergnügtes Kichern junger Damen neben uns, und deren Hinweis, dass wir uns bereits in Murrhardt befänden, und nun die anfahrende Regionalbahn nicht mehr verlassen könnten, überraschte uns nicht wenig. Die freundlichen Mädchen zückten hilfreich ihre Handys, nannten uns die nächste Station, und informierten uns über die Abfahrtszeiten zu einer möglichen Rückreise.

Der Zug hält, wie angesagt, in Fornsbach. Bei leichtem Nebel und anbrechender Dunkelheit, befinden wir uns auf einem menschenleeren Bahnsteig. Es ist ziemlich kalt an diesem Abend. In einsetzendem leichtem Schneefall bewegen wir uns im Schein einiger trüber Straßenlaternen, Richtung Ortsmitte. Wir freuen uns schon darauf, die etwa eineinhalb Stunden bis zur Rückreise, zu unserem Vergnügen nutzen zu kännen, und uns das kulinarische Angebot des empfohlenen Gasthaus „Krone“ munden zu lassen. Das Restaurant, das wir in einiger Entfernung erblicken, wirkte auch in der Nähe sehr einladend, hatte aber nur den Nachteil, dass es heute wegen des Ruhetages geschlossen war. Damit hatten wir nicht gerechnet. Wir sehen uns um, und entdecken zum Glück eine kleine Imbissstube. Etwas durchgefroren, ging es uns wie Maria und Josef, die einst mit ihrem Kind auch ein Dach über dem Kopf suchten. Wir treten ein und werden in einem gut beheizten, mit einem Tresen, zwei Tischen, Stühlen und dem unvermeidlichen Fernseher ausgestattetem Raum, von einer freundlichen, mit Kochmütze dekorierten Bedienung empfangen. Unter den gegebenen Umständen entscheiden wir uns, nach Möglichkeit, eine Rückreise mit der verflixten Eisenbahn zu vermeiden.
Mit Hilfe eines anwesenden jüngeren Paares gelingt es, per Handy eine Taxe herbei zu rufen. Die Wartezeit bis zur Abfahrt reichte gerade noch zu einem Glas Bier. Unsere Bedienung wunderte sich sehr, als wir ihr, im Blick auf den zu erwartenden glücklichen Ausgang unseres Unternehmens, ein großzügiges Trinkgeld gaben. Die Frau mit der Kochmütze verneigte sich mehrmals erfreut dankend von ihren späten Gästen. Der Taxifahrer, der uns nach Oppenweiler zurückbrachte, erzählte kenntnisreich aus früheren Zeiten. Er habe beruflich schon oft mit uns zu tun gehabt, und wüsste genau, wo wir wohnten.

Einige „Schutzengel“ standen uns heute zur Seite, sodass wir, wie „Alice im Wunderland“, wieder den rechten Weg durch das Labyrinth unserer Reise nach Hause fanden. Auf diese Weise bestätigte sich auch der Volksmund, der behauptet: „Wenn einer eine Reise macht, dann kann er was erzählen!“

Heimatliche Stimmung

Morgenhymnus

Gottvater unser Schöpfer
der was ER gibt im Leben hält
und Himmel und Erde Tag
und Nacht schweigend bewacht

In der Stille heilig heilig
heilig ist SEIN Wille

Und alles was der Herr erschaffen
will vor IHM spielen tanzen
lachen und Gott im Himmel oben
auf Erden lieben und loben

Um IHN mit Altem und mit Neuen
den Allerhöchsten zu erfreuen

Der Vater der mit SEINEM Sohn
im Heiligen Geist auf ewigem
Thron Himmel und Erde schuf
und erhält

Hat auch Maria zur Mutter des
Sohnes und uns auserwählt

Nur ER kennt den Vater der Tag und
Nacht über SEINER Schöpfung wacht
und Gott Jesus Christus das Lamm den
Willen des Vaters am Kreuz zu erfüllen

Um uns von aller Sünde Schuld und
dem Bösen vollkommen zu erlösen

Damit wir IHM folgen in unserer
Zeit bis an den Saum der Ewigkeit hat
ER uns aus dem Schlaf erweckt den
Gabentisch so reich gedeck

Dass in allen Gottesreichen Neid Hass
und Zwietracht ewig weichen.

Geborgen in der Kirche
Geborgen im Glauben Hoffen und Lieben.

Gebet

Heilig der Ort
den Du erwählt
Herr Deine
Liebe zählt

Brich DU Herr
unser Schweigen
in armen Zeiten

Gebrochene
Worte öffnen
die Pforte

Und Blinde
sehen und
Lahme gehen

Das Kreuz der Erlösung und Hoffnung

Kirchenlied

Großer Gott wir
loben DICH Herr
wir preisen DEINE
Stärke

Vor DIR beugt die
Erde sich und
bewundert DEINE
Werke.

Wie DU warst vor
aller Zeit so bleibst
DU in Ewigkeit

Alles was DICH preisen
kann Cherubin und
Seraphinnen

Stimmen DIR ein
Loblied an alle Engel
die DIR dienen

Rrufen DIR stets
ohne Ruh heilig
heilig heilig zu

Heilig heilig heili heilig ist der Herr

Gottes Frieden

Erbarmen und Vergeben
sind Gnade in unserem
Leben wandeln Sünde und
Schuld wieder in Gottes Huld

SEIN ewig Reich kann dann
auf Erden im Verzeihen
wachsen und gedeihen und
Friede herrsche in der Zeit

Dass wir befreit von Hass
Zerstörung und Neid mit
unseren reichen Gaben
für alles unser Danke sagen

Geborgen in der Kirche
Geborgen im Glauben Hoffen und Lieben.

Sechzehn an einem Seil

Fünfundfünfzig Jahre sind vergangen, seit wir im Spätberufenenseminar St. Pirmin in Sasbach unser Abitur bestanden. Aus diesem Anlasse traf sich eine kleine Gruppe unseres Kurses zu einem Gedenken. Leider existiert unser Seminar nicht mehr. Die Heimschule Lender ist zwar noch ein Gymnasium, hat aber kein Internat mehr. Da sich in Sasbach manches verändert hat, stellt sich die Frage, was bleibt übrig und wirkt weiter. Hierzu habe ich mich vor einiger Zeit geäußert und füge diesen Text in dankbarer Erinnerung bei. Manches mag sich verändern, aber wir vergessen nicht:

Dankbar und mit großer Freude, wollten wir allen Menschen, die uns begleiteten, 1967 unseren Schulerfolg zeigen: Nach anstrengenden Jahren an einem Gymnasium hielten wir unsere Abitur-Zeugnisse in Händen. Das ersehnte Studium an der Universität war nun möglich, und die beruflichen Ziele lockten. Sechzehn Männer hatten es im Spätberufenenseminar St. Pirmin in Sasbach geschafft, den Grundstein für ihren weiteren Lebensweg zu legen. Noch einmal gingen wir einen kurzen Weg mit einander. Wir legten symbolisch Hand an ein Seil, damit man sehen konnte, dass wir einander viel bedeuten. Die Zeit blieb aber nicht stehen. Heute schaue ich nach vielen Jahren zurück und frage mich, was aus unserer verschworenen Gemeinschaft geworden ist? Bei diesem Rückblick möchte ich mich aber nicht wiederholen und auf unsere Lehrer zu sprechen kommen, die uns mit großer Sorgfalt, in allen Fächern auf die Reifeprüfung vorbereiteten. Ich möchte auch nicht erneut auf die Verdienste unseres Rektors, Schulleiters und all derer, die sich um unser Wohl kümmerten, eingehen. Es soll an dieser Stelle auch nicht die Rede sein von den rechtschaffenen Menschen, die im Umkreis des Seminars leben und arbeiten, auch nicht von den Weinbergen, gastlichen Lokalen, und der fruchtbaren Rheinebene. All dies ist an anderer Stelle gebührend geschehen und schwingt natürlich immer dann mit, wenn ich auf die Zeit in Sasbach zu sprechen komme. Denn wer könnte schon in dieser reichen Region länger wohnen, ohne all das zu lieben?

In dieser Geschichte geht es mir aber vor allem um die sechzehn Männer, mit denen ich fünfeinhalb Jahre auf engstem Raum zusammenlebte und lernte. Erst lange danach tauchten Ereignisse aus dieser Zeit wieder in meiner Erinnerung auf. Zunächst spontan, dann in ruhigen Stunden meines Berufslebens, besonders aber in der Zeit nach der Pensionierung. Ich lernte zu erkennen, dass längst aus einer verschworenen Gemeinschaft, Freunde fürs Leben wurden, die in meiner Seele auf geheimnisvolle Weise ihren Platz behaupten. Es ist und bleibt daher wahr: Jeder einzelne Schulkamerad mit seinen Stärken und Schwächen, hat für mich nach dem Abitur an Bedeutung gewonnen und ist mir in der Distanz nähergekommen, als je zuvor. Was in dieser reichen Zeit in Sasbach geschah, zeigt Wirkung und fühlt sich gut an. Wie oft habe ich an diese Freunde gedacht, und um deren Wohlergehen gebetet. Das »Seil« von dem ich sprach, ist für mich zu einem Symbol des Geistes geworden, der uns nach Sasbach, führte. Zu einer treibenden Kraft, die uns zum Abitur und zu einem erfolgreichen Leben verhalf, und mich auch zu dieser Geschichte veranlasste. Wer oder was könnte uns daher daran hindern, einander auch in Zukunft wohl gesonnen bleiben?

Dennoch ergab sich aber gelegentlich die Frage, ob ich genügend berücksichtigte, dass seit unserem Abitur einige Dezennien vergangen sind, die uns prägten und formten. Denn nur selten kam es zu Telefongesprächen, Briefwechseln und gegenseitigen Besuchen. Auch in den Gesprächen bei unseren Jahrgangstreffen, gab es wenig Raum, um uns über die unterschiedlichen Lebensgeschichten, und die dabei gewonnenen Einstellungen auszutauschen. Wir müssten uns daher berechtigterweise wieder fragen, was uns der gute Geist von Sasbach heute noch bedeutet oder wie es um unsere Freundschaft mit einander bestellt ist? Meine Antwort möchte ich jetzt folgen lassen:
Die Frage, wie Menschen zu tragfähigen Beziehungen, zur Erfahrung von Freundschaft und Nähe kommen, stellt sich doch nicht nur für uns Sasbacher. Sie verweist weit darüber hinaus, auf die Bereitschaft zu pfleglichem Umgang mit jeglichen Beziehungsangeboten. In unserem Zusammenhang könnte das bedeuten, Wege zu erkunden, wie wir, unabhängig davon, wie oft wir einander sehen und sprechen können, positive Erfahrungen in Gruppen, erinnern und reifen lassen könnten. Mir scheint, dass guter Wille, gegenseitige Achtung, Respekt und Liebe, die wir im Leben allen Menschen ohne Vorbedingungen schulden, wichtig sind, um trotz oder gerade nach längerer Trennung, Freundschaft und Nähe angstfrei zu erleben. Um Unsicherheit auszuräumen oder Unterschiede in den Einstellungen zu klären, empfiehlt es sich, nach dem uns allen bekannten Satz »carpe diem«, den ersten Schritt zu wagen. Wir wissen ja alle nicht, wie lange uns zum Handeln Zeit bleibt. So gehe ich einfach weiter davon aus, dass uns der Geist, der uns einmal in Sasbach zusammenführte, trotz denkbarer Unterschiede in den Sichtweisen, wie bisher weiter hin brüderlich vereint. Ob ich zu einer anderen Zeit, oder ohne so manche Enttäuschung und Entbehrung im Leben, in der Lage gewesen wäre, wie jetzt, deutlich zu machen, wie wichtig die »Sechzehn Freunde« in den vergangenen Jahren für mich waren, wage ich zu bezweifeln. Noch schwieriger würde es für mich sein, nachzuweisen, wann und wie genau es geschah, dass sich nach und nach eine Freundschaft zu jedem Einzelnen entwickelte. Mit dem Abitur war eben nicht alles zu Ende. Es brauchte aber seine Zeit und auch den eigenen Reifeprozess, bis ich zulassen konnte, dass nicht nur tragfähige Freundschaften unter einander, sondern auch Bindungen entstanden sind.
Selbst wenn ich wollte, ich könnte die Tatsache, dass uns der Herrgott einmal zusammenführte, nicht aus der Welt schaffen. Von Gott gefügte, und vom Menschen übernommene Freundschaft und Liebe, kann man eben nicht einfach auslöschen. Sie hat – und ich sage das mit Bedacht – bis in alle Ewigkeit Bestand. Etwas prosaischer ausgedrückt: Auch wenn wir uns nicht mehr sehen würden oder lange nicht gesehen hätten, wenn wir keine Briefe austauschen würden oder nicht genau wüssten, wie es denen, die einmal ihre Hand ans Seil legten in den vergangenen Jahren ergangen ist, würde ich dennoch die »Sechzehn« als Freunde in guter Erinnerung bewahren, und ihnen alles Gute in Zukunft gönnen. Solche oder andere, auf ähnliche Art entstandene Freundschaften, zu pflegen und über alle Trennungen hinweg lebendig zu erhalten, hat für mich auch etwas mit praktischem Christentum zu tun.

Geborgen in der Kirche
Geborgen im Glauben Hoffen und Lieben.

Segensbitte

O Gott mach unser
Leben zum Erbarmen
und DEINEM Segen

Und lass im Hause
DEIN uns all geborgen
sein

Es segne und behüte
uns der Vater Sohn
und Heilige Geist

Und schenk SEINEN
Frieden mit IHM
und uns hinieden

Im Frieden DEIN o
Herre mein lass ziehn
uns unsre Straßen

Wie mir DEIN Mund
gegeben Kund schenkst
Gnad DU ohne Maßen

Hast mein Gesicht das
selge Licht den Heiland
schauen lassen

Der Herr ist für uns gestorben und vom Tod auferstanden-

Abendgebet

Bevor des Tages Licht vergeht
hör Welterschaffer dies Gebet
der DU so milde und so gut
nimm gnädig uns in DEINE Hut

Gib dass kein böser Traum uns
weckt kein nächtlich Wahnbild
uns erschreckt die Macht des
Bösen dämme ein dass unser

Herz stets bleibe rein. Erhör
uns Vater der DU allezeit mit
DEINEM Sohn und Ebenbild
dem Geist regierst in Ewigkeit

Wir danken loben preisen
DICH für alles Gute gnädiglich
sei DU im Dunkel dieser Nacht
das ewig Licht das uns bewacht

Abendlicht

Der dritte Himmel

Seit dem Besuch verschiedener Klöster in der Umgebung von Graz, wünschte ich mir, auch einmal das bekannte österreichische Kloster Heiligenkreuz im Wienerwald und die dort wirkenden Mönche kennen zu lernen. Eine Kostprobe dessen, was in diesem Kloster spirituell zu erwarten war, wurde mir zuteil, als ich vor einiger Zeit im Fernsehen zufällig den Vortrag eines Zisterziensers zu einem Text aus der Apostelgeschichte über die Bekehrung und Entrückung des Paulus in den „dritten Himmel“ miterleben konnte. Allein die Art und Weise wie der Referent auftrat, und seinen Worten, von eindrücklichen Gesten begleitet, engagiert und ehrfürchtig, Kraft und Bedeutung verlieh, ließ mich aufhorchen. Dies erst recht, als ich bemerkte, welchen Höhepunkt im reichen Leben des Völkerapostels der Pater aufgriff und auslegte. Denn er stellte die Paulus, bei dessen Bekehrung zutiefst erfüllende Gnade Gottes, so in die Mitte seiner Betrachtung und in unsere Zeit, dass auch die Hörer, im Blick auf die Erfahrung des Apostels, im Glauben Bestärkung, Trost und Hoffnung erleben konnten. Der Zisterzienser, dessen Name ich leider nicht erfahren konnte, bezog sich in seinem Beitrag auf folgende Stelle in der Apostelgeschichte:

Im 2. Brief an die Korinther 12, 1-10, spricht Paulus von Gesichten und Offenbarungen, die ihm zuteilwurden, und schrieb: „Ich weiß von einem Menschen in Christus, der wurde vor 14 Jahren – ob im Leib oder außerhalb des Leibes weiß ich nicht, Gott weiß es – in den dritten Himmel entrückt, und von diesem Menschen weiß ich, ob er im Leibe oder außerhalb des Leibes war, Gott weiß es, dass er ins Paradies entrückt wurde, und unaussprechliche Worte hörte, die ein Mensch nicht aussprechen darf.“ Und weiter: „Darüber könnte ich mich rühmen, doch meiner selbst werde ich mich nicht rühmen, es sei denn meiner Schwachheiten“ Und in der Folge: „Deswegen habe ich dreimal den Herrn gebeten, ER möge doch von mir ablassen; aber Er sagte mir: Meine Gnade genügt Dir, die Kraft vollendet sich in der Schwachheit. Paulus berichtet hier von einem „mystischen Ereignis“ in seinem Glaubensleben, das ihn selbst in unaussprechlichen Worten zutiefst berührte. Worte, die ein Mensch nicht aussprechen darf, über die man eigentlich schweigen sollte. In die Reihe der Theologen und Exegeten, die sich dennoch, wegen der für unser aller Glauben bedeutsamen Erfahrung des Apostels, um ein Verständnis dieses Textes bemühte, reihte sich auch der Zisterzienser von Heiligenkreuz ein, dessen Vortrag ich hörte.

Der Referent konzentrierte sich allerdings bei seiner Betrachtung weniger auf die ersten beiden Himmel, sondern fast ausschließlich auf die von Paulus bezeugte Entrückung in den „dritten Himmel“: Seiner Auslegung zufolge erlebt der Apostel bei einem bereits 14 Jahre zurück liegenden Ereignis, einen paradiesischen Zustand, der ihn, „einen Menschen in Christus“, so sprachlos werden ließ, als würden in einem derart mystischen Ereignis alle menschlichen Vorstellungen und Vermögen von Gott unendlich überboten. Paulus ist sich von da an zutiefst gewiss, dass der gnädige und barmherzige Gott, der ihm diesen Glauben und die damit verbundene Hoffnung und Liebe ins Herz gesenkt hat, auch dafür sorgen wird, dass ihn nichts mehr von der Liebe Christi trennen kann. Der Exeget Klaus Berger legt in seinem Kommentar zum Neuen Testament (2011, S.661) diese Erfahrung des Apostels als eine Entrückung aus, die Paulus bis zum dritten Himmel, in die höchste Höhe bzw. in die tiefste Tiefe führte. Denn nach etlichen damaligen Zeugnissen, gebe es nur drei, später mehrere Himmel. Ziel einer Entrückung sei Erkenntnis, hier das Hören unaussprechlicher Worte, die kein Mensch aussprechen darf. Vielleicht hatte Karl Rahner, bei seiner bekannten Prognose, dass der Christ der Zukunft ein Mystiker sei, ähnliche Erfahrungen der Glaubensgewissheit im Blick, wie sie dem Völkerapostel bei seiner Entrückung in den dritten Himmel zuteilwurden. Was muss aber in dieser Situation in Paulus vor gegangen sein, der wusste, wie sehr er früher gegen Gott und die Kirche wütete; der wie vom Blitz getroffen zu Boden fiel, als ihn die Gnade Gottes berührte. Und um wie viel mehr noch muss er außer sich geraten sein, als ihm klar wurde, dass Gott ihn nicht, wie befürchtet, für seine Vergehen verdammte, sondern mit unendlicher Liebe und Barmherzigkeit belohnte. Paulus muss nach der Deutung des Mönches von Heiligenkreuz, seine Entrückung in den „dritten Himmel“, an die Pforten des Paradieses, als ein ihn erschütterndes Eingreifen Gottes erlebt haben. Eine unerwartete, gleichzeitig zutiefst ersehnte Gnade, die ihn seiner selbst enthob, in der Liebe und Gewissheit Gottes sicherte, und ihn von der schrecklichen Angst, den Glauben verlieren zu können, befreite. Dies alles durch den Herrn, der ihm zusagte, dass Seine Gnade genüge, um sich in allen Schwächen und Leiden des Apostels als der Stärkere zu erweisen.

Paulus und alle mit ihm manchmal in den dritten Himmel entrückten Gläubigen, müssen nun ebenso nicht mehr fürchten, dass ihr in Gott begründeter Glaube, und die daraus folgende Hoffnung und Liebe, durch irgendeine innere oder äußere Macht zerstört werden könnte. Denn unser christlicher Glaube ist und bleibt ewiglich fest und sicher, ein unverdientes, reines Geschenk unseres Gottes, des barmherzigen Vaters, der uns um Seiner selbst willen, auf unserer Pilgerreise auf Erden und bis in den Himmel hinein, vor allem Übel gnädig bewahren will. Wir Christen dürfen uns daher unserer Schwäche und Hoffnung eingedenk, voll Vertrauen aus dem Staub der Erde erheben, und mit allen Engeln und Heiligen den dreifaltigen Gott dankbar loben und preisen. Er, der Herr, unser Gott, wird uns, wie den Apostel Paulus, stets mit allem Nötigen ausstatten, um im Glauben, in der Hoffnung und Liebe bleiben zu können. Wünschen wir uns darüber hinaus auch gegenseitig Momente der Entrückung in erfüllter Gottesbegegnung, aus der Sicherheit im Glauben, Hoffen und Lieben erwachsen kann, wie sie einst dem Apostel Paulus zuteilwurde; eine Freude über Gott, die dann in Frieden mit allen Menschen guten Willens aus uns heraus singt und betet: Die Ehre sei dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist jetzt und in Ewigkeit!

Geborgen in der Kirche
Geborgen im Glauben Hoffen und Lieben.

Anbetung

Gottheit tief verborgen
betend nahn wir DIR
unter den Gestalten
bist DU wahrhaft hier

Sieh mit ganzen Herzen
geb ich mich DIR hin
weil vor slchem Wunder
ich nur Armut bin

Augen Mund und Hände
täuschen sich in DIR doch
des Wortes Botschaft
offenbart DICH mir

Was Gottsohn gesprochen
nehm ich glaubend an
ER ist selbst die Wahrheit
die nicht lügen kann

Hoch gelobt und gebenedeit
sei das Allerheiligste
Sakrament des Altars der
Vater Sohn und Heilige

Geist wie es war vor
aller Zeit so auch in
aller Ewigkeit. Herr
und Gott erbarme

DICH unser und vergib
uns unsere Schuld wie
auch wir vergeben
unseren Schuldnern

Reinige uns und die
armen Seelen von allem
Bösen und bewahre
uns in DEINER Liebe

Geborgen in der Kirche
Geborgen im Glauben Hoffen und Lieben.
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